21Bs235/25z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Hahn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Frigo und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 18. Juni 2025, GZ **-11, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt * Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von fünf Jahren, fünf Monaten und 19 Tagen, und zwar
- die mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 5. September 2023 zu AZ ** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB, des Vergehens des unerlaubten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und 3 StGB, der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, der Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 3 erster Fall StGB, des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB, des Verbrechens der vorsätzlichen Gemeingefährdung nach § 176 Abs 1 StGB, des Vergehens der falschen Beweisaussage nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 288 Abs 1 und 4 StGB und der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 4 Z 1 SMG über ihn verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren,
- den mit dem genannten Urteil zum Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 29. August 2022 zu AZ ** widerrufenen Strafrest von einem Jahr, elf Monaten und 19 Tagen.
Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 12. Juni 2028. Die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB liegen mit 17. September 2025 vor, zwei Drittel der Sanktion wird der Strafgefangene am 15. August 2026 verbüßt haben.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des A* aus entgegenstehenden spezial- und generalpräventiven Gründen ab.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die nach Entscheidungsverkündung angemeldete, jedoch nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 12), der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper , WK 2StGB § 46 Rz 15/1).
Wenn auch die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall sein und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17), ist dem Erstgericht beizupflichten, dass (schon) spezialpräventive Gründe der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers unüberwindlich entgegenstehen.
Trotz seines jungen Alters weist der Strafgefangene insgesamt bereits 14 durchwegs einschlägige Verurteilungen (davon fünf unter Bedachtnahme nach den §§ 31 Abs 1, 40 StGB), überwiegend wegen Vermögensdelinquenz, teils aber auch wegen Gewaltdelikten, auf. Fünf Mal kam ihm die Rechtswohltat (teil)bedingter Strafnachsicht, teils in Verbindung mit der Anordnung von Bewährungshilfe, zu Gute, ein Mal jene der bedingten Entlassung, ohne ihn zu einem rechtstreuen Wandel bewegen zu können. Stattdessen verharrt er in seinem hochfrequenten Deliktsverhalten und wurde gerade einmal zwei Monate nach seiner bedingten Entlassung nach einem beinahe vierjährigen Strafvollzug (ON 10) trotz des noch offenen, empfindlichen Strafrests von knapp zwei Jahren, neuerlich und gravierend (vgl ON 9) rückfällig.
Zudem ist von einem problematischen Führungsverhalten auszugehen: Der Strafgefangene weist im aktuellen Strafvollzug drei Ordnungsstrafverfügungen auf (ON 5 und ON 6). Er kann keinen Arbeitsplatz vorweisen (ON 2, 2). Nach Ansicht der Anstaltsleitung erfüllt er die im Gesetz geforderten Voraussetzungen gemäß § 46 Abs 1 StGB nicht (ON 2, 3).
Dieser Einschätzung ist beizupflichten.
Aus dem massiv getrübten Vorleben und dem ebenfalls getrübten Führungsverhalten in Verbindung mit der Wirkungslosigkeit sämtlicher bisher erfahrenen Sanktionen und Resozialisierungsmaßnahmen, ergibt sich – ungeachtet der vom Psychologischen Dienst in seiner Stellungnahme angeführten zwischenzeitigen Absolvierung eines Therapieprogramms für Gewalt- und Sexualstraftäter und dem vom Strafgefangenen gezeigten Interesse an suchttherapeutischen Maßnahmen (ON 17) –, dass die für eine bedingte Entlassung geforderte Annahme, der Verurteilte werde durch die bedingte Entlassung auch unter Berücksichtigung begleitender Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten, keinesfalls gerechtfertigt ist. Vielmehr wäre zu befürchten, dass er bei einem verkürzten Strafvollzug abermals in früheres Deliktsverhalten verfällt.
Der unausgeführt gebliebenen Beschwerde gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss war daher ein Erfolg zu versagen.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).