JudikaturOLG Wien

32Bs109/25a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach§ 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Marchart und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA MA als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Bescheid der Generaldirektion des Bundesministeriums für Justiz vom 31. März 2025, GZ **-6, nach§ 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

A* ist gemäß § 21 Abs 1 StGB untergebracht. Die Maßnahme wird seit 7. Dezember 2021 im forensisch-therapeutischen Zentrum (FTZ) * und wurde zuvor im FTZ * vollzogen.

Für A* ist seine Mutter B* zur gerichtlichen Erwachsenenvertreterin unter anderem für den Bereich Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern bestellt (vgl AV vom 19. Mai 2025).

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die Generaldirektion beim Bundesministerium für Justiz dem durch die gerichtliche Erwachsenenvertreterin des A* eingebrachten Ansuchen vom 16. Dezember 2024 (ON 1b) auf Änderung des Vollzugsorts gemäß § 10 StVG in das FTZ * nicht Folge (ON 6).

Begründend wurde unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen des FTZ * sowie des FTZ * ausgeführt, dass der Untergebrachte in einen therapeutischen Prozess eingebunden sei, bei welchem sich ein positiver Verlauf zeige. Die Durchführung einer Vollzugsortsänderung würde nach fachlicher Einschätzung einen diesbezüglichen Rückschritt für den Untergebrachten bedeuten. Es würden sich keine Hinweise darauf ergeben, dass im angesuchten FTZ * eine bessere Förderung des Abbaus der spezifischen Gefährlichkeit gegeben sei, als dies im FTZ * der Fall sei. Eine Vollzugsortsänderung sei daher ausgeschlossen. Die vorgebrachten individuellen Gründe des Antragstellers würden keine Zulässigkeit begründen.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige – ebenfalls von der gerichtlichen Erwachsenenvertreterin ausgeführte – Beschwerde des A*, in welcher zusammengefasst ausführt wird, dass die Einschätzung des therapeutischen Fortschritts in Anbetracht aktueller Entwicklungen im Verhalten und Erleben des Untergebrachten nicht geteilt werde. In den ersten Monaten des Jahres 2025 sei es zu mehreren gewaltsamen Vorfällen im FTZ * gekommen, wobei diese Ereignisse Ausdruck einer zunehmenden psychischen Destabilisierung des Untergebrachten seien und eindeutig gegen die Annahme eines stabilen therapeutischen Settings sprechen würden. Die Situation scheine für diesen vielmehr belastend und bedrohlich, was sich unter anderem darin zeige, dass er wiederholt Angst vor uniformierten Beamten geäußert habe und das Setting mit einem Gefängnis vergleiche. Aus den bisherigen Schilderungen gehe hervor, dass der Untergebrachte vermutlich mehrfach isoliert worden sei, was bei paranoider Schizophrenie erfahrungsgemäß eher zur Verschlechterung der Symptomatik beitrage. Sein Verhalten deute zudem auf eine erschwerte Impulskontrolle in der aktuellen Umgebung hin. Er suche regelmäßig den Kontakt zu seiner Mutter, welche auch seine gerichtliche Erwachsenenvertreterin sei. Sein Wunsch nach einer Verlegung ergebe sich auch aus dem Bedürfnis nach Sicherheit, Ruhe und freundlichem zwischenmenschlichen Kontakt wie er ihn in Asten erlebt habe. Dass er sämtliche Behandlungen in Anspruch nehme, spreche nicht nur für einen Behandlungserfolg, sondern auch für ein starkes Bedürfnis nach Integration und sozialer Anerkennung, das in der gegenwärtigen Umgebung offenbar nicht ausreichend erfüllt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Nach § 16a Abs 1 Z 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Bescheid der Generaldirektion des Bundesministeriums für Justiz.

Gemäß § 10 Abs 1 StVG hat das Bundesministerium für Justiz allgemein oder im Einzelfall die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 StVG zuständigen Anstalt anzuordnen, wenn dies unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des Strafvollzugs (§ 20 StVG) zur besseren Ausnützung der Vollzugseinrichtungen oder aus Gründen der Sicherheit des Strafvollzugs zweckmäßig ist (Z 1) oder wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft gefördert wird und weder das Erfordernis einer zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen noch Gründe der Sicherheit des Strafvollzugs entgegenstehen (Z 2). Darüber hinaus ist bei der Entscheidung darüber in welchem forensisch-therapeutischen Zentrum der Vollzug im Einzelfall durchzuführen ist, zu berücksichtigen, dass nach § 164 Abs 1 StVG Untergebrachte davon abgehalten werden sollen, unter dem maßgeblichen Einfluss ihrer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung mit Strafe bedrohte Handlungen zu begehen und die Unterbringung den Zustand der Untergebrachten soweit bessern soll, dass von ihnen die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nicht mehr zu erwarten ist, und den Untergebrachten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verholfen werden.

Nach § 165 Z 1 StVG sind die nach § 21 Abs 1 StGB Untergebrachten zur Erreichung dieser Vollzugszwecke und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Anstalten so zu behandeln, wie es den Grundsätzen und anerkannten Methoden der Psychiatrie, Psychologie und Pädagogik entspricht. Der Untergebrachte hat ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, die erforderliche Behandlung zu erhalten, und - wenn dies in der zuständigen Justizanstalt nicht möglich ist - entsprechend verlegt (§ 161 StVG) zu werden ( Drexler / Weger, StVG 5§ 165 Rz 1). Eine Strafvollzugsortsänderung ist damit nur dann zulässig, wenn dadurch der Abbau der Gefährlichkeit des Untergebrachten gefördert wird (§ 164 Abs 1 StVG) und gleichzeitig weder die zweckmäßige Auslastung der Vollzugseinrichtungen noch Sicherheitsbedenken dagegen sprechen (§ 10 Abs 1 Z 1 und Z 2 StVG). Hier sind die Gründe nicht gegeneinander abzuwägen, sondern bereits ein dagegen sprechender Grund schließt eine Strafvollzugsortsänderung aus (Erkenntnis des VwGH vom 24. Juni 2004, 2003/20/0275 sowie vom 22. Juli 2004, 2001/20/0666).

Vorliegend ist daher zu prüfen, ob der Abbau der Gefährlichkeit des A* in der Zielanstalt besser gewährleistet ist als im FTZ *. Fallkonkret ergeben sich aber weder aus dem – sich auf pauschale Behauptungen beschränkenden - Beschwerdevorbringen noch dem Akteninhalt Anhaltspunkte dafür, dass der Abbau der spezifischen Gefährlichkeit des Genannten im FTZ * besser gewährleistet wäre als in der Standanstalt, sondern folgt aus den Stellungnahmen der genannten Anstalten (ON 2ff), insbesondere jener des Psychologischen Dienstes des FTZ * (ON 2) vielmehr, dass sich der Untergebrachte dort auf einem kontinuierlichen therapeutischen Weg befindet, eine positive Entwicklung feststellbar ist und eine (Rück-)Überstellung ins FTZ * diesen zurückwerfen könnte. Auch die lediglich auf ihre subjektiven Eindrücke gestützten Ausführungen der gerichtlichen Erwachsenenvertreterin vermögen eine bessere Eignung der Zielanstalt in diesem Sinne nicht aufzuzeigen.

Im Übrigen spricht auch die Auslastungssituation der jeweiligen FTZ gegen die begehrte Vollzugsortsänderung, zumal das FTZ * nicht nur im Zeitpunkt der Entscheidung der Generaldirektion am 31. März 2025 eine höhere Auslastung (91,231 %) aufwies als das FTZ * (89,29 % [vgl zur seinerzeitigen Auslastung die aus der Integrierten Vollzugsverwaltung beigeschaffte detaillierte Belagsübersicht betreffend männliche Untergebrachte vom 31. März 2025]), sondern auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien am 14. Juli 2025 (Wunschanstalt: 93,42 %, Stammanstalt 92,86 % [vgl jeweils detaillierte Belagsübersicht betreffend männliche Untergebrachte vom 14. Juli 2025, beigeschafft aus der Integrierten Vollzugsverwaltung]).

Da sohin der angefochtene Bescheid der Sach- und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.