18Bs179/25t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Primer und Dr. Hornich, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Juni 2025, GZ **-5, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene tunesische Staatsangehörige A*verbüßt in der Justizanstalt ** die über ihn mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. Mai 2025, AZ **, wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 und Abs 5 SMG (zu I./) und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 siebter Fall, Abs 3 und Abs 5 SMG (zu II./) unter Anwendung der Bestimmungen des § 28 Abs 1 StGB und § 39 Abs 1a StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten. Das errechnete Strafende fällt auf den 16. November 2025. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 16. Juli 2025 vorliegen, zwei Drittel der Strafe werden am 26. August 2025 verbüßt sein.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht für Strafsachen Wien als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Anstaltsleitung (ON 2.1, 4) und jener der Staatsanwaltschaft Wien (ON 1.2, 1) sowie im Hinblick auf die unter 18 Monate liegende Freiheitsstrafe zu Recht ohne Anhörung des Strafgefangenen (siehe RIS-Justiz RS0131225) - dessen bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 und Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab (ON 5).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 6), der keine Berechtigung zukommt.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 leg.cit. darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw. ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung im Bezug auf künftige Straffreiheit voraus ( Jerabek/Ropper,WK² StGB § 46 Rz 15/1). Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose ist insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen (aaO). Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe sind generalpräventive Erwägungen ausnahmslos nicht mehr zu berücksichtigen. Allein die spezialpräventiv geprägte Annahme nicht geringerer Wirksamkeit der bedingten Entlassung ist maßgebliches Entscheidungskriterium ( Jerabek/Ropper , aaO Rz 17).
Wenngleich die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe nach erkennbarer Intention des StRÄG 2008 der Regelfall sein soll, steht dieser jedoch beim Beschwerdeführer nach wie vor ein die Ausnahme dazu darstellendes evidentes Rückfallrisiko ( Jerabek/Ropper , aaO Rz 17) unüberwindbar entgegen.
Dieser weist nämlich neben der in Vollzug stehenden Verurteilung sechs weitere, davon vier teils spezifisch einschlägige, Verurteilungen insbesondere wegen Suchtgiftdelinquenz sowie Vermögens- und Gewaltdelikten auf, wobei ihm bereits mehrfach die Rechtswohltaten der bedingten Strafnachsicht, der Verlängerung der Probezeit sowie auch der bedingten Entlassung gewährt wurden (ON 3). Zuletzt wurde er mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Juli 2024 zu AZ B* wegen des Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 3 erster Fall SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt, weiters wurde auch die ihm zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien gewährte bedingte Strafnachsicht (15 Monate Freiheitsstrafe) widerrufen. Dem Strafgefangenen wurde hinsichtlich dieser Freiheitsstrafen mit Beschlüssen des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 1. und 3. September 2024 zu AZ B* Strafaufschub gemäß § 39 StGB gewährt.
Wenngleich der Vollzug der Freiheitsstrafe schon länger zurückliegt, zeigt sich in der kontinuierlichen Delinquenz des Strafgefangenen sowie der neuerlichen Begehung von strafbaren Handlungen nach dem SMG über mehrere Monate hinweg die mangelnde Wirkung bisheriger staatlicher Sanktionen, darunter auch des bereits verspürten Haftübels, sowie dessen Negativeinstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten der Gesellschaft.
Der Einschätzung des Erstgerichtes, wonach aufgrund des wiederholt einschlägig getrübten Vorlebens unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der bereits zuvor gewährten Rechtswohltaten nicht davon auszugehen sei, dass der Strafgefangene durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist daher - auch unter Bedachtnahme auf die Wirkungen von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB - zuzustimmen, sodass nur der konsequente Vollzug der gegenständlichen Freiheitsstrafe den erforderlichen spezialpräventiven Effekt zeigt.
Daran vermögen auch die hausordnungsgemäße Führung des Strafgefangenen (ON 2.1, 4), die – wenn auch unbelegt gebliebenen – Angaben zu seiner Wohn- und Arbeitsmöglichkeit sowie die Beteuerung, nach seiner Entlassung eine ambulante Therapie beim Grünen Kreis machen zu wollen (ON 6), nichts zu ändern. Bleibt lediglich anzumerken, dass – soweit durch Einsichtnahme ersichtlich – der vom Strafgefangenen gestellte Antrag auf Strafaufschub gemäß § 39 Abs 1 SMG betreffend die vollzugsgegenständliche Verurteilung mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Juni 2025, zugestellt am 18. Juni 2025, mangels vorhandener Suchtmittelabhängigkeit in medizinischem Sinn abgewiesen wurde.
Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.