3R27/25z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten Mag. Guggenbichler und die Richterin Mag. a Müller in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH Co KG , FN **, **, vertreten durch die Eversheds Sutherland Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, zuletzt wegen Kosten, über den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse: EUR 8.220,51) gegen die Kostenentscheidung des Handelsgerichts Wien vom 31.1.2025, ** 17, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 668,59 (darin enthalten EUR 111,43 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Die Klägerin wurde von der Beklagten mit der Durchführung von Reinigungsarbeiten eines Hotels im Zeitraum 1.5.2022 bis 30.4.2025 beauftragt.
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Reinigungsvertrag enthielt unter anderem folgende Bestimmung:
3. Preise und Zahlungsbedingungen […]
Die Vergütung ist monatlich ohne Abzug zum 10. des Monats fällig. Bei einem Verzug von 3 Tagen berechnen wir 3% Verzugszinsen, bis 5 Tagen 5 % Verzugszinsen, über 5 Tagen berechnen wir 10% Verzugszinsen. […]
Die Beklagte bezahlte die Rechnungen der Klägerin bis zu der Rechnung vom 1.3.2024 immer pünktlich.
Mit Schreiben vom 8.4.2024 sprach die Beklagte die Auflösung des Reinigungsvertrages mit sofortiger Wirkung aus.
Mit Schreiben vom 9.4.2024 teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter unter anderem mit: „Unsere Mandantin nimmt zur Kenntnis, dass eine weitere Leistungserbringung nicht gewünscht ist - dies entbindet Ihre Mandantin allerdings nicht von der Verpflichtung zur Vertragserfüllung (Zahlung der vereinbarten Entgelte) bis zum vereinbarten Endtermin des Vertrages am 30.04.2025. Ich habe Ihre Mandantin aufzufordern, Rechnungen pünktlich zum Fälligkeitstermin zu bezahlen, widrigenfalls ohne weitere Mahnung die Klage eingebracht werden wird.“
Darauf antwortete der Beklagtenvertreter mit Email vom 9.4.2024: „Weitere Zahlungen werden im Hinblick auf die erfolgte Auflösung naturgemäß nicht getätigt werden.“
Am 12.4.2024 brachte die Klägerin die gegenständliche Klage bei Gericht ein. Die Klage wurde der Beklagten am 19.4.2024 vom Gericht zugestellt.
Am 15.4.2024 übermittelte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter die gegenständliche Klage vorab per Email.
Am 16.4.2024 bezahlte die Klägerin die klagsgegenständlichen Rechnungen iHv gesamt EUR 182.543,89, nicht jedoch die mit der Klage begehrten Zinsen und Verfahrenskosten.
Am 12.6.2024 schränkte die Klägerin im vorbereitenden Schriftsatz das Klagebegehren infolge Zahlung der Hauptforderung auf Zinsen und Kosten ein.
Am 14.6.2024 überwies die Beklagte an die Klägerin die eingeklagten Verzugszinsen iHv EUR 993,96.
In der vorbereitenden Tagsatzung am 26.6.2024 schränkte der Klagevertreter infolge Zahlung des Zinsenbetrags das Klagebegehren auf Kosten ein.
Mit der angefochtenen Kostenentscheidungvom 31.1.2025 verpflichtete das Erstgericht die Beklagte gem § 45 ZPO zum Kostenersatz in Höhe von EUR 8.220,51 (darin enthalten EUR 590,15 USt und EUR 4.674,80 Barauslagen). Rechtlich führte es aus, dass die Klageeinschränkung in der Erfüllung des Anspruchs durch die Beklagte begründet sei, was einem Obsiegen gleichkomme, sodass die Beklagte voll ersatzpflichtig sei (RW0000880). § 45 ZPO regle, dass die Prozesskosten dem Kläger zur Last fallen, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei erster Gelegenheit anerkannt hat. Anlass zur Klagsführung seien Verzug, Bestreitung, Berühmung, Vorenthalten, sodass einer Klage auf eine fällige Forderung keine Mahnung vorangehen müsse (mHa Fucik in Rechberger/Klicka ZPO 5§ 45 ZPO Rz 2). Im vorliegenden Fall seien – entsprechend der vertraglichen Regelung - die Rechnung für Februar am 10.3.2024, die Rechnung für März am 10.4.2024 fällig und die Beklagte mit der Zahlung zum Zeitpunkt der Klageerhebung in Verzug gewesen, sodass eine Mahnung nicht notwendig gewesen sei. Der Beklagtenvertreter habe überdies mit Schreiben vom 9.4.2024 mitgeteilt, dass im Hinblick auf die erfolgte Vertragsauflösung keine weiteren Zahlungen getätigt würden. Diese Erklärung sei nach den Auslegungsregeln so zu verstehen, dass die Beklagte keine weiteren Zahlungen an die Klägerin leisten werde - unabhängig davon, welche Zeiträume diese betreffen und ob diese eingemahnt werden oder nicht. Selbst wenn die Beklagte bis 1.3.2024 alle Rechnungen pünktlich bezahlt habe, habe ein objektiver Erklärungsempfänger nicht davon auszugehen können, dass die beiden letzten Rechnungen nur versehentlich nicht bezahlt worden seien und eine Zahlung trotz dieser Erklärung noch erfolgen werde. Die Beklagte müsste außerdem bei erster Gelegenheit das Klagebegehren rückhaltlos anerkennen. Hier habe sie die Hauptforderung am 16.4.2024, die Verzugszinsen jedoch erst am 14.6.2024 bezahlt.
Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie habe zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben und hätte die Klageforderung umgehend beglichen, wenn sie gemahnt worden wäre. Sie habe bis zur Rechnung vom 1.3.2024 alle Rechnungen pünktlich bezahlt. Sie habe noch vor Klagszustellung die aushaftenden Rechnungen beglichen. Nachdem die Klägerin am 12.6.2024 die Klage auf Zinsen und Verfahrenskosten eingeschränkt habe, habe die Beklagte bei der ersten Gelegenheit (14.6.2024) die Verzugszinsen bezahlt.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1.Das Rekursgericht erachtet die rechtliche Beurteilung im angefochtenen Beschluss für zutreffend, die im Rekurs enthaltenen Argumente hingegen für nicht stichhältig, sodass mit einer kurzen Begründung das Auslangen gefunden werden kann (§ 526 Abs 3 ZPO iVm § 500a ZPO).
2.Die Voraussetzungen für eine Kostenersatzpflicht des Klägers nach § 45 ZPO sind, dass der Beklagte den Anspruch bei erster Gelegenheit vorbehaltlos anerkennt und bei Leistungsklagen überdies erfüllt, und dass der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.281; Schindler/Schmoliner in Kodek/Oberhammer , ZPO-ON § 45 Rz 2 ff; Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 45 Rz 2 f).
3. Einen Anlass zur Klageführung gibt man durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt ( ObermaieraaO Rz 1.282). Die Veranlassung zur Klageführung hängt nicht von einem Verschulden ab (OLG Wien 33 R 162/23w = RW0001053). Die Behauptungslast dafür, dass er zur Klageführung keinen Anlass gegeben hat, trifft den Beklagten. In aller Regel hat er die Klage dann nicht veranlasst, wenn er vom Kläger vorher nicht zu jenem Verhalten aufgefordert wurde, das dieser in der Folge zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat, oder wenn ihm eine solche Aufforderung zwar zuging, es ihm aber bis zur Klageerhebung aus objektiven Gründen nicht möglich sein konnte, die Berechtigung des klägerischen Ansinnens zu überprüfen oder ihm nachzukommen. Bei Leistungsklagen ist die Veranlassung zur Klageführung in der Regel aber schon dann zu bejahen, wenn der Anspruch nach Fälligkeit nicht erfüllt worden ist; eine zusätzliche Mahnung oder Zahlungserinnerung ist in der Regel nicht erforderlich ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3§ 45 ZPO Rz 2 und 3).
4. Hier hat die Beklagte am 8.4.2024 den Reinigungsvertrag mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt war die Rechnung für den Leistungszeitraum Februar 2024 bereits gemäß Pkt 3 der Vertrags fällig. Am 9.4.2024 wies der Klagsvertreter den Beklagtenvertreter darauf hin, dass die vereinbarten Entgelte bis zum vereinbarten Endtermin am 30.4.2025 pünktlich zum Fälligkeitstermin zu bezahlen sind, widrigenfalls ohne weitere Mahnung die Klage eingebracht werde.
Die Klägerin hat demnach von der Beklagten das geschuldete Verhalten – die Bezahlung der fälligen Rechnungen – vor Klagserhebung eingefordert. Einer Mahnung bedurfte es aufgrund der vertraglichen Fälligkeitsregelung auch unter Berücksichtigung des Umstandes nicht, dass die Beklagte in der Vergangenheit stets pünktlich gezahlt hatte, nicht. Die Klägerin musste aufgrund des zeitlichen Zusammentreffens der erstmaligen Nicht-Bezahlung von zwei Monatsrechnungen mit der sofortigen Vertragsauflösung am 8.4.2024 und dem Schreiben des Beklagtenvertreters, wonach „ im Hinblick auf die erfolgte Auflösung naturgemäß keine weiteren Zahlungen mehr geleistet werden würden “, davon ausgehen, dass sich diese Aussage auch auf die bereits gelegten Rechnungen für die Leistungszeiträume Februar und März 2024 bezog.
Weiters hat die Beklagte nach Vorab-Übermittlung der Klage durch den Klagevertreter (und damit vor Zustellung der Klage) am 16.4.2024 zwar die Hauptforderung aus den beiden Rechnungen bezahlt, die darin geforderten Zinsen jedoch erst am 14.6.2024, sodass auch kein sofortiges und vorbehaltsloses Anerkenntnis der Klageforderung vorliegt.
5. Dem Kostenrekurs war daher nicht Folge zu geben.
6.Die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren gründet auf §§ 50, 41 ZPO. Für den Kostenrekurs und die Kostenrekursbeantwortung steht allerdings nur ein Honorar nach TP 3A und nicht wie verzeichnet nach TP 3B RATG zu (vgl TP 3 A I 5 lit b RATG).
7.Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.