18Bs105/25k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Primer und Dr. Hornich, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. April 2025, GZ **-6, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsangehörige A*verbüßt in der Justizanstalt ** den unbedingten Teil von sieben Monaten einer über ihn mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. März 2025, AZ **, wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 1 Ziffer 1 achter Fall SMG (zu I./A./1./), des Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Absatz 1 fünfter Fall, Absatz 3 erster Fall SMG (zu I./A./2./), des Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Absatz 1 fünfter Fall, Absatz 3 erster Fall SMG (zu I./A./3./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Absatz 1 fünfter Fall, Absatz 2 Ziffer 1, Absatz 3 zweiter Fall SMG (zu I./A./4./, I./A./5./ und I./B./) und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 1 Ziffer 1 zweiter Fall, Absatz 2 SMG (zu II./) verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten, wobei der Teil von vierzehn Monaten unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren gemäß § 43a Abs 3 StGB bedingt nachgesehen wurde. Das errechnete Strafende fällt auf den 2. Juli 2025. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 17. März 2025 vor, zwei Drittel der Strafe waren am 22. April 2025 verbüßt.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht für Strafsachen Wien als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Anstaltsleitung (ON 2.1, 4) und jener der Staatsanwaltschaft Wien (ON 1.2, 1) sowie im Hinblick auf die unter 18 Monate liegende Freiheitsstrafe zu Recht ohne Anhörung des Strafgefangenen (siehe RIS-Justiz RS0131225) - dessen bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 und Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab (ON 6).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 8), der keine Berechtigung zukommt.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 leg.cit. darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw. ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung im Bezug auf künftige Straffreiheit voraus ( Jerabek/Ropper,WK² StGB § 46 Rz 15/1). Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose ist insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen (aaO). Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe sind generalpräventive Erwägungen ausnahmslos nicht mehr zu berücksichtigen. Allein die spezialpräventiv geprägte Annahme nicht geringerer Wirksamkeit der bedingten Entlassung ist maßgebliches Entscheidungskriterium ( Jerabek/Ropper , aaO Rz 17).
Wenngleich die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe nach erkennbarer Intention des StRÄG 2008 der Regelfall sein soll, steht dieser jedoch beim Beschwerdeführer nach wie vor ein - die Ausnahme dazu darstellendes - evidentes Rückfallrisiko ( Jerabek/Ropper , aaO Rz 17) unüberwindbar entgegen.
Dieser weist nämlich neben der in Vollzug stehenden Verurteilung sechs weitere, teils spezifisch einschlägige, Verurteilungen insbesondere wegen Suchtgiftdelinquenz sowie Vermögens- und Gewaltdelikten auf, wobei ihm bereits mehrfach die Rechtswohltaten der bedingten Strafnachsicht, darunter auch unter Anordnung der Bewährungshilfe, sowie zuletzt auch der bedingten Entlassung gewährt wurden (ON 5).
Wenngleich diese Verurteilungen und der Vollzug der letzten Freiheitsstrafe schon länger zurückliegen, zeigt sich in der neuerlichen wiederholten Suchtgiftdelinquenz über mehrere Monate hinweg die Unbeeindrucktheit des Beschwerdeführers von den bisherigen staatlichen Sanktionen, darunter auch dem bereits mehrjährig verspürten Haftübel, sowie dessen Negativeinstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten der Gesellschaft.
Der Einschätzung des Erstgerichtes, wonach aufgrund seines gezeigten bisherigen Verhaltens, des getrübten Vorlebens und der Anzahl der einschlägigen Vorstrafen unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der bereits zuvor gewährten Rechtswohltaten (darunter auch Bewährungshilfe) nicht davon auszugehen sei, dass der Strafgefangene durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist daher - auch unter Bedachtnahme auf die Wirkungen von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB - unumwunden zuzustimmen.
Die Suchtgiftergebenheit des Strafgefangenen über mehrere Jahrzehnte hinweg (ON 114.2, 24 zu AZ **), gepaart mit der ihm durch die Sachverständige Mag. B* in ihrem psychotherapeutischen Gutachten vom 6. April 2025 zur Fragestellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 39 SMG (ON 114.2, 24 zu AZ **)) attestierten eingeschränkten Reflexions- und Introspektionsfähigkeit, sein passiver Zugang zu seiner Sucht sowie sein mangelndes Verständnis von therapeutischen Fragestellungen stellen dabei – ungeachtet der nicht offenbaren Aussichtslosigkeit einer gesundheitsbezogener Maßnahme (ON 114.2, 24 zu AZ **) - wohl den größten Risikofaktor für neuerliche Delinquenz dar. Diesem offenkundigen Risiko konnte zwischenzeitig weder durch die relativ kurze Haft noch durch die gediehenen Bemühungen um eine nachhaltige Entwöhnung von der Suchtgiftergebenheit (Antragstellung gemäß § 39 SMG) ausreichend entgegen gewirkt werden, sodass die für eine bedingte Entlassung erforderliche günstige Verhaltensprognose, derzeit sachlich nicht begründbar ist, und es des weiteren Vollzugs bedarf, um sicherzustellen, dass der Verurteilte verlässlich in der Lage ist, hinkünftig ein redliches Leben im Einklang mit den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft zu führen.
Daran vermögen auch die hausordnungsgemäße Führung des Strafgefangenen sowie die – wenn auch unbelegt gebliebenen – Angaben zu seiner Wohn- und Arbeitsmöglichkeit (ON 3, 3; ON 8, 5f) nichts zu ändern. Bleibt lediglich anzumerken, dass – soweit durch Einsichtnahme ersichtlich – bislang im Verfahren wegen Strafaufschubs nach § 39 SMG zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien trotz ergangener Aufforderung des Erstrichters vom 7. April 2025 durch den Strafgefangenen keine Therapieplatzzusage für eine stationäre Suchtgiftentwöhnungstherapie vorgelegt wurde.
Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.