Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Vollzugsgericht vom 11. Februar 2025, GZ * 14, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .
Begründung
Mit dem bekämpften Beschluss gab das Erstgericht einer Beschwerde des A* (ON 1) gegen die Entscheidung des Leiters des forensisch-therapeutischen Zentrums B* vom 31. Oktober 2024, mit der seinem Ansuchen vom 30. Oktober 2024 (ON 6 S 4) auf Ausfolgung von T Shirts nicht stattgegeben worden war (ON 6 S 5), nicht Folge.
Das Erstgericht ging wortwörtlich von folgendem Sachverhalt aus:
Mit schriftlichem Ansuchen vom 30.10.2024 (AS 4 in ON 6) beantragte der Beschwerdeführer „lt. Pkt.1 *-5 (Ausfolgung von T-Shirts)“, sohin aufgrund des angeführten Verweises die Ausfolgung von mehreren T-Shirts mit (National-)Emblem/en der Republika Srpska. Die angeführten T-Shirts sind (jedenfalls auch) mit Aufdrucken der Fahne und des Umrisses der Republika Srpska versehen.
Diesem Ansuchen wurde mit dem Anstaltsleiter zuzurechnender Entscheidung vom 31.10.2024, dem Beschwerdeführer am selben Tag verkündet, mit der Begründung, „werden nicht ausgefolgt mit politischen Slogans und Symbolen jeder Art, da hier eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung zu befürchten ist.“, nicht stattgegeben (AS 5 in ON 6).
Allgemein bekannt ist, dass es sich bei der Republika Srpska neben der Föderation Bosnien und Herzegowina um eine der beiden Entitäten von Bosnien und Herzegowina handelt. Die Republika Srpska ist mehrheitlich von bosnischen Serben bewohnt und besitzt ein eigenes politisches System mit unabhängiger Legislative, Exekutive und Judikative. Die Republika Srpska existiert seit dem von 1992 bis 1995 dauernden Bosnienkrieg parallel zur benachbarten Republik Serbien. Mit dem Dayton-Friedensabkommen von 1995 wurde die Republika Srpska als eine von zwei Entitäten des Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina anerkannt. In dem Gebiet liegen Städte wie Srebrenica, Višegrad und Foča, deren bosniakische oder kroatische Bevölkerung während des Bosnienkrieges vertrieben oder ermordet wurde. Die Wiederkehr der Vertriebenen ist unter anderem aufgrund des andauernden Nationalismus der Führung der Republika Srpska erschwert. Seit einiger Zeit gibt es in der Republika Srpska verstärkte Bestrebungen, sich von Bosnien-Herzegowina abzuspalten. Im Dezember 2021 beschloss das Parlament der Republika Srpska, sich vom Justiz- und Steuersystem sowie von der Armee von Bosnien und Herzegowina abzukoppeln. Im Juni 2023 beschloss das Parlament, auch das bosnische Verfassungsgericht nicht mehr anzuerkennen. Im Juni 2024 wurde in Belgrad auf einer vonC* (Präsident der Republik Serbien) und D* (Präsident der Republika Srpska) einberufenen „Allserbischen Versammlung“ eine „Deklaration zum Schutz der nationalen und politischen Rechte und der gemeinsamen Zukunft des serbischen Volkes“ verabschiedet, was mit der Ausrichtung auf eine „Serbische Welt“ („Srpski Svet“) eine Kampfansage an die bestehende Friedensordnung auf dem Balkan darstellt. Nach dem Abkommen von Dayton haben alle Kriegsflüchtlinge das Recht auf Rückkehr in ihre Heimat. Wegen der prekären Situation im Hinblick auf die Rückgabe enteigneten Eigentums, der Ressentiments gegenüber den bosniakischen und kroatischen Rückkehrern, und wegen der Hindernisse durch die bosnisch-serbischen Behörden ist die große Mehrheit der vertriebenen Bosniaken und Kroaten nicht zurückgekehrt. Das Bestehen der Republika Srpska wird insbesondere von Seiten bosniakischer Parteien kritisiert. Beanstandet wird, dass es sich bei ihr um kein historisches Gebilde handle, sondern dass sie maßgeblich durch die von bosnischen Serben während des Krieges 1992 bis 1995 verübten ethnischen Säuberungen, darunter Völkermord in Srebrenica, entstanden und dann durch das Friedensabkommen von Dayton als Entität anerkannt worden sei. Von Seiten der Föderation Bosnien und Herzegowina wird eine stärkere Integration der Republika Srpska in den bosnischen Staatsverband gefordert, deswegen und im Zuge der Abspaltung Montenegros vom Staatenbund mit Serbien sowie der Verhandlungen über eine Souveränität der unter UN-Verwaltung stehenden serbischen Provinz Kosovo wurden die Stimmen in der Republika Srpska für ein Unabhängigkeitsreferendum von Bosnien und Herzegowina wieder lauter. Da ein Unabhängigkeitsreferendum jedoch nicht im Dayton-Abkommen, das die Verfassung von Bosnien und Herzegowina enthält, vorgesehen ist, wird dies von der internationalen Gemeinschaft abgelehnt (vgl Wikipedia mit Stand vom 23.01.2025, ON 11.2). Der Europäische Auswärtige Dienst erklärte anlässlich des Tages der Republika Srpska am 09.01.2025, dass das Verfassungsgericht von Bosnien und Herzegowina entschieden habe, dass die Gesetzgebung der Republika Srpska am Tag der Republika Srpska nicht mit der Verfassung von Bosnien und Herzegowina im Einklang steht. Die EU betone, dass die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit, die verfassungsmäßige Ordnung - einschließlich der Entscheidungen des Verfassungsgerichts - und die internationale Persönlichkeit Bosnien und Herzegowinas geachtet werden müssen. Die EU fordere die politische Führung der Republika Srpska nachdrücklich auf, provokative, spaltende Rhetorik und Handlungen zu unterlassen und darauf zu verzichten, einschließlich der Infragestellung der Souveränität, der Einheit und der territorialen Unversehrtheit des Landes. Die EU fordere alle politischen Akteure in Bosnien und Herzegowina nachdrücklich auf, entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, um die notwendigen Reformen durchzuführen, um auf dem Weg der EU zur Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen voranzukommen. Die EU bekräftige ihr uneingeschränktes Bekenntnis zur EU-Beitrittsperspektive Bosnien und Herzegowinas als eines einzigen, vereinten und souveränen Landes (Erklärung des EAD vom 09.01.2025, ON 11.3).
Diese Feststellungen stützte das Erstgericht auf die angeführten unbedenklichen Beweismittel sowie die Einsichtnahme in die Verfahren AZ * bzw AZ * des Landesgerichts Linz sowie auf nachfolgend wortwörtlich wiedergegebene Beweiswürdigung:
Was den Inhalt des Ansuchens des Beschwerdeführers und die Beschaffenheit der in Rede stehenden T-Shirts betrifft, ist vorauszuschicken, dass sich der Beschwerdeführer erstmals im * Verfahren * wegen der Nichtausfolgung seiner T-Shirts beschwerte, damals allerdings, obwohl noch gar keine Entscheidung über sein Ausfolgungsansuchen ergangen war. In seiner diesbezüglich ersten Eingabe vom 01.07.2024 hatte er ausgeführt, er werde aufgrund seiner Herkunft aus dem ehemaligen Jugoslawien, jetzige Republika Srbska, seiner Heimatprovinz, diskriminiert. Der Anstaltsleiter verweigere ihm die Ausfolgung von 3 T-Shirts, die einen Aufdruck der Fahne und der Umrisse seiner Heimat hätten (ON 1.1 in ** bzw ON 1 in **). Da sich das entsprechende Ansuchen laut Bericht des Anstaltsleiters vom 18.07.2024 noch beim Traktkommandanten zur Entscheidung befand, wurde die Eingabe vom Vollzugsgericht zuständigkeitshalber gemäß §§ 11, 16 Abs 3, 17 Abs 2 Z 1 StVG iVm § 6 Abs 1 AVG dem Anstaltsleiter zur Erledigung übermittelt (ON 1.3 in *). Eine weitere beim Vollzugsgericht am 23.10.2024 eingegangene, und zu 60 Bl 130/24i erfasste Beschwerde hatte wiederum die Nichtausfolgung der in Rede stehenden T- Shirts zum Inhalt, wobei der Beschwerdeführer bemängelte, er sei von einem Beamten des FTZ B* zur Stellung eines neuen Ausfolgungsansuchens aufgefordert worden, weil „sie einen Fehler gemacht hätten“. Neben Mutmaßungen des Beschwerdeführers zu einer vermeintlich geplanten „Manipulation“ stellte dieser klar, dass der Inhalt des nochmals zu stellenden Ansuchens wieder derselbe wäre, also insbesondere die Beschreibung der T-Shirts und das Ansuchen um Ausfolgung. Auf den T-Shirts sei ein Bild seiner Heimat Serbien aufgedruckt, ca 25 Zentimeter im Durchmesser, das auch das Logo des offiziellen Website des Fußballverbandes sei (AS 3 und 5 in ON 1.4 in **). Dabei erklärte der Beschwerdeführer, was er unter dem Begriff „Heimat“ versteht, folgendermaßen: „Aber wenn mein Vaterland Serbien oder meine Heimat die Serbische Republik (dies ist ein Bundesland in Bosnien) in Frage gestellt wird, [...]“ (AS 5 in ON 1.4 in *). Auch diese Eingabe wurde, da offensichtlich nach wie vor keine beim Vollzugsgericht bekämpfbare Entscheidung des Anstaltsleiters ergangen war, diesem mit Verfügung vom 29.10.2024 zur zuständigen Erledigung/Veranlassung übermittelt (Punkt 1.) der Note vom 29.10.2024, ON 5 in *). Entsprechend dieser Verfügung wurde der Beschwerdeführer im FTZ B* offenbar zur Stellung des nunmehr verfahrensgegenständlichen neuerlichen Ausfolgungsansuchens vom 30.10.2024 angeleitet.
Aus dem Verfahrensablauf und den zitierten Ausführungen des Beschwerdeführers geht damit klar hervor, dass sich sein Ansuchen vom 30.10.2024 und damit auch die nunmehr angefochtene Entscheidung des Anstaltsleiters auf die Ausfolgung von T-Shirts, die (jedenfalls auch) mit der Fahne und den Umrissen der Republika Srpska versehen sind, bezieht.
Rechtlich erwog das Erstgericht, dass die in Rede stehenden T Shirts mit Aufdruck der Fahne und der Umrisse der Republik Srpska aufgrund der nach wie vor gegebenen ethnischen Spannungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen des ehemaligen Jugoslawien und des in den Unabhängigkeitsbestrebungen der Republik Srpska im Gegensatz zur Einheit und der loyalen Unversehrtheit Bosnien-Herzegowinas liegenden Konfliktpotentials zweifellos geeignet seien, zu polarisieren, und insbesondere unter Insassen mit Herkunft aus den Ländern Ex Jugoslawiens Eskalationen hervorzurufen. Die Ausfolgung sei sohin wegen einer zu befürchtenden Gefährdung der Sicherheit und Ordnung zu Recht verweigert worden.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A*, der – soweit inhaltlich fassbar – moniert wie folgt:
Das Gericht versuche verzweifelt, die Entscheidung des Anstaltsleiters zu rechtfertigen und übergehe dabei „sämtliche Beilagen des Anstaltsleiters, welche er als Ausdruck dem Gericht übermittelt habe“. Diese Ausdrucke würden klar belegen, dass eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung von diesem Fußball T Shirt nicht ausgehe, da „sie“ klar den Vorgaben der Verträge von Dayton entsprächen. Die Interpretation des Vollzugsgerichts sei abenteuerlich und würden dies die Motive des Fußballverbandes seiner Heimat nicht hergeben. Es gäbe hier keinen Interpretationsspielraum bezüglich Propaganda. Somit müsse er fast von den Voraussetzungen einer Diskriminierung ausgehen, denn alle anderen dürften Symbole, Fahnen etc. auf ihrer Kleidung aufgedruckt tragen, nur ihm als Serben, der stolz auf seine Herkunft sei, werde dies verwehrt. In der Justizanstalt B* seien sehr viele Nationalsymbole zu sehen und seien keinerlei Probleme dadurch aufgetreten. Wo jetzt Probleme auftreten sollten, sei unklar, es sei denn der Anstaltsleiter folge der österreichischen Propaganda und sei Serben gegenüber feindlich gesinnt, was als Rassismus zu bezeichnen wäre. Er sei kein Moslem und gehöre daher nicht zu einer Glaubensgruppe, die bedauerliche Einzelfälle produziere (ON 16 S 3).
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 1 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat (Abs 2). Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.
Nach der Rechtsprechung zu § 39 Abs 1 StVG ist das Tragen eigener Leibwäsche sowie einfacher und zweckmäßiger eigener Oberbekleidung ein subjektiv-öffentliches Recht ( Drexler/Weger, StVG 5 § 39 Rz 1 mwN). Eigene Oberbekleidung hat einfach und für den Aufenthalt in der Anstalt zweckmäßig zu sein, sodass etwa Kleidungsstücke, welche das Gesichtsfeld einschränken, nicht darunter fallen ( Drexler/Weger aaO Rz 2 mwN). Das Recht besteht im Bezug auf ein bestimmtes Stück Wäsche nämlich nicht, wenn von diesem eine gegenüber üblicher Beschaffenheit wesentlich gesteigerte Missbrauchsgefahr ausgeht. Aus der Überlegung, dass der Gesetzgeber das Recht auf das Tragen der üblichen Wäsche vorsieht, kann nämlich – wie vom Erstgericht erwogen - nicht abgeleitet werden, dass dieser eine Möglichkeit eröffnen wollte, um Sicherheit und Ordnung in der Anstalt zu gefährden. So stellt etwa (Leib ) Wäsche, die weltanschauliche, insbesondere politische Statements zu radikalen Ideologien welcher Art auch immer (zB. Hakenkreuze, Namen von Kriegsverbrechern, IS Symbole, auch durchgestrichene) - zum Ausdruck bringt eine Gefahr für Sicherheit und Ordnung dar und verstößt gegen die Zwecke des Strafvollzugs. Ein solcher Verstoß ist auch die Gefährdung der erzieherischen Beeinflussung der Gefangenen durch Kleidung mit der etwa die Justiz herabgewürdigt wird. Solche Gegenstände, die auch sichtbar getragen werden, sind nämlich geeignet, zu polarisieren und können zu unerwünschten Eskalationen führen ( Drexler/Weger aaO Rz 3/1 mwN). In diesem Zusammenhang ist weiters zu berücksichtigen, dass die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung nicht nur Pflicht der Strafvollzugsbediensteten, sondern auch der Strafgefangenen ist, und bereits einem Verhalten entgegenzuwirken ist, dass diese Ziele abstrakt gefährden könnte (vgl Drexler/Weger , StVG 5 § 26 Rz 4).
Die Erwägungen des Erstgerichts, das sich in vorbildlicher Art und Weise ausführlich mit der politischen Situation in der Republik Srpska als eine Entität des Staates Bosnien und Herzegowina auseinandersetzt und daraus - schlüssig und nachvollziehbar - die Gefahr einer Eskalation abgeleitet hat, sind nicht zu beanstanden.
Soweit der Beschwerdeführer moniert, dass alle anderen Insassen Symbole, Fahnen, etc ihrer Heimatländer tragen dürften und nur ihm als Serben dies verwehrt werde, ist anzuführen, dass es gerade nicht um Symbole des Staates Serbien geht, sondern den - nicht zu beanstandenden und vom Beschwerdeführer auch gar nicht kritisierten - Feststellungen zufolge, um Oberbekleidung, die (auch) den Umriss der Republik Srpska und deren Fahne aufweist. Eine allenfalls zu Unrecht erfolgte Ausfolgung eines Kleidungsstücks an einen anderen Insassen und eine damit verbundene Ungleichbehandlung vermag – entgegen der Kritik des Beschwerdeführer – keinen Mangel in der bekämpften Entscheidung aufzuzeigen, weil kein Recht auf ein gleiches (allfälliges) behördliches Fehlverhalten, daher kein Recht auf Gleichheit im Unrecht besteht ( Drexler/Weger , StVG 5 § 24 Rz 3 mwN). Nachdem auch das Vorbringen in Ansehung „sämtlicher Beilagen des Anstaltsleiters“ unverständlich bleibt, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung :
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.
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