JudikaturOLG Wien

8Rs25/25t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
28. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Mag. Zacek als Vorsitzende, den Richter Mag. Zechmeister und die Richterin Dr. Heissenberger, LL.M., sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Wolfgang Lederhaas und Dr. Albert Koblizek (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Celar Senoner Weber-Wilfert Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle **, **, wegen Kostenersatz, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Endurteil des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 14.11.2024, **-75, gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung selbst zu tragen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend. Es genügt damit eine auf die wesentlichen Punkte beschränkte Begründung (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a 2.Satz ZPO).

Der Kläger erlitt beim Reinigen eines Weintanks mit einer Lauge unter anderem Verletzungen an beiden Augen.

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Mit dem angefochtenen Endurteil wies das Erstgericht das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger für die eingereichten Rechnungen über die Aufenthalte im B* GmbH vom 25.3.2019 bis 28.3.2019 bzw. vom 28.5.2019 bis 1.6.2019 einen weiteren Kostenersatz in Höhe von EUR 4.566,42 zu gewähren, ab.

Das Erstgericht stellte den aus den Seiten 4 bis 9 des angefochtenen Urteils ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den verwiesen wird.

Hervorzuheben sind folgende Feststellungen:

„Der Kläger erlitt am 19.10.2018 im Zuge einer Reinigung von Fässern mit Natronlauge einen Unfall. Dabei kam es zu Verätzungen im Gesicht und am Körper, wobei das Natriumhydroxid insbesondere zu schweren Verätzungen an beiden Augen führte. Konkret erlitt der Kläger dabei am rechten Auge eine Verätzung 4. Grades und am linken Auge eine Verätzung 3. Grades.

Der Kläger wurde zur Erstversorgung in das C* geflogen. Er befand sich nach dem Unfall bis zum 13.11.2018 in stationärer Behandlung der dortigen Augenabteilung. Anschließend erfolgte eine ambulante Behandlung. Am 26.11.2018 wurde an beiden Augen eine Amnionbehandlung durchgeführt. Zudem wurden weitere Kontrollen vereinbart sowie das Tragen von therapeutischen Kontaktlinsen für das linke Auge verordnet. Es war geplant, in der D* von E* und C* (im Folgenden kurz „F*“ genannt) eine Linsenentfernung des rechten Auges und eine Lidoperation durchzuführen; keine der beiden Operationen wurde jedoch durchgeführt.

Im Dezember 2018 suchte der Kläger von sich aus die Augenabteilung des B* auf, um sich eine zweite medizinische Meinung einzuholen. Dort wurden Lidkorrekturen beider Augen durchgeführt sowie eine neuerliche Amniondeckung des linken Auges.

Im Februar 2019 kam es zu einer Perforation der Hornhaut des linken Auges, weshalb eine neuerliche Amniondeckung des linken Auges notwendig wurde, die ebenfalls im B* durchgeführt wurde. Der Kläger war hierzu von 18.02.2019 bis 25.02.2019 im Krankenhaus aufhältig.

In weiterer Folge kam es erneut zu ambulanten Behandlungen in **. So wurden im G* im April 2019 am linken Auge des Klägers zwei Mal Hornhautnähte entfernt, eine Abdichtung der Hornhauttransplantation mit Kleber und Epilation des Ober- und Unterlids vorgenommen und im Mai 2019 am rechten Auge eine Amniondeckung vorgenommen.

Anschließend kam es zu einer Kontrolle im B*, bei der stattdessen eine Hornhauttransplantation des rechten Auges mit anschließender Bindehautdeckung vorgenommen wurde.

Im Frühjahr 2020 wurde im G* im Zuge einer Kontrolle die Linsenentfernung des linken Auges vorgenommen. Weiters wurde bei einer erneuten Kontrolle im G* im November 2020 eine Enukleation des rechten Auges angedacht, aber nicht durchgeführt.

Konkret kam es beim Kläger zu nachfolgenden Krankenhausaufenthalten und Behandlungen im B*:

18.2.2019 bis 25.2.2019:

Im Zuge dieses stationären Aufenthaltes erfolgte am 19.2.2019 am linken (seit dem Unfall besseren, weniger schwer betroffenen, mittlerweile funktionell einzigen Auge) eine Keratoplastik A CHAUD (notfallmäßige Hornhauttransplantation), da das linke Auge perforiert war.

25.3.2019 bis 28.3.2019:

Im Zuge dieses stationären Aufenthaltes erfolgte am 26.3.2019 am linken Auge des Klägers eine Feinnadeldiathermie sowie an beiden Augen eine Wimpernepilation. Die Eingriffe wurden unter Vollnarkose durchgeführt. Diese Behandlung war medizinisch notwendig, jedoch wäre eine stationäre Behandlung nicht unbedingt erforderlich gewesen.

28.5.2019 bis 1.6.2019:

Im Zuge dieses stationären Aufenthaltes wurde am 29.5.2019 am rechten Auge des Klägers eine Amnionmembrandeckung, eine Fornix Rekonstruktion inferior mit Amnionmembran und Mundschleimhaut sowie eine Wimpernepilation am Ober- und Unterlid durchgeführt. Diese Behandlung war medizinisch notwendig, wobei hier eine stationäre Behandlung üblich ist.

6.8.2019 bis 9.8.2019:

Im Zuge dieses stationären Aufenthaltes wurde am 6.8.2019 am rechten Auge des Klägers eine Feinnadeldiathermie, eine Synechiolyse sowie abermals eine Fornix Rekonstruktion inferior mit Amnionmembran und Mundschleimhaut durchgeführt.

Der während des Aufenthaltes vom 18.2.2019 bis 25.2.2019 im B* beim Kläger durchgeführte Eingriff (Hornhauttransplantation) war keine geplante Operation. Es handelte sich dabei vielmehr um einen notfallmäßig durchzuführenden Eingriff. Dieser war somit vom Kläger nicht geplant, duldete keinen Aufschub und musste akut durchgeführt werden, um das linke (prognostisch bessere) Auge vor der Erblindung zu bewahren. Die Perforation des linken Auges wurde erst unmittelbar vor dem Eingriff bei der Augenuntersuchung im B* entdeckt und hat zu diesem Zeitpunkt erst kürzeste Zeit bestanden, weshalb dieser Zustand auch nicht an anderen Augenabteilungen übersehen wurde. Vor der Durchführung der Operation wäre eine Reise des Kläger vom B* nach ** aus medizinischer Sicht nicht mehr möglich gewesen, da der Patient in derartigen Fällen binnen weniger Stunden „am Operationstisch liegen“ muss.

Die während der Aufenthalte von 25.3.2019 bis 28.3.2019 und von 28.5.2019 bis 1.6.2019 durchgeführten Behandlungen im B* (wie auch alle weiteren nach dem Eingriff am 19.2.2019 noch erforderlich gewordenen und bereits aktenkundigen Behandlungen) waren hingegen geplante Eingriffe und somit keine Akutbehandlungen, die grundsätzlich aus medizinischer Sicht auch hätten verschoben werden können.

Nach der Verätzung 4. Grades am rechten Auge und der Verätzung 3. Grades am linken Auge ist nach den erfolgten Behandlungen (zum Zeitpunkt der Untersuchung durch SV Dr. H* im August 2023) die Sehstärke am rechten Auge des Klägers auf Lichtempfindlichkeit reduziert, wobei die Ausgangslage denkbar schlecht war, weshalb trotz multipler Operationen am rechten Auge bisher kein anderes Ergebnis erzielt werden konnte. Das Organ an sich (rechtes Auge) konnte erhalten werden und ist nach den Angaben des Klägers auch nicht schmerzhaft, jedoch in seiner Funktion auf ein Minimum (Lichtempfinden) reduziert. Das linke Auge war weniger schwer von der Verätzung betroffen, jedoch waren auch am linken Auge eine Vielzahl an Operationen erforderlich (unter anderem eine Hornhauttransplantation sowie eine Entfernung der körpereigenen Linse). Das linke Auge erreicht eine Sehschärfe, die es dem Kläger ermöglicht, ein selbständiges Leben inklusive Berufstätigkeit zu führen. Es bleibt dennoch ein schwer geschädigtes Organ, das vermutlich lebenslange Therapie (derzeit in Tropfenform) und vermutlich auch wiederholt Operationen benötigen wird.

Die beim Kläger nach den Feststellungen im B* durchgeführten Behandlungen, daher auch die dort von 25.3.2019 bis 28.3.2019 sowie von 28.5.2019 bis 1.6.2019 erfolgten Behandlungen, zählen insbesondere auch zum Leistungsspektrum der F* und werden daher auch in Österreich durchgeführt (SV-GA Dr. H* ON 50 S 11).

In Österreich, insbesondere in der Ambulanz für Hornhauterkrankungen der F*, wären diese Behandlungen (Eingriffe und Operationen) daher aus medizinischer Sicht ebenso möglich gewesen, um die nun bestehenden Verhältnisse am rechten und am linken Auge des Klägers zu erreichen (SV-GA Dr. H* ON 50 S 12).

Aufgrund der Schwere der Verletzung des Klägers gibt es nicht viele Kompetenzzentren, die mit den vorgenommenen Behandlungen vertraut sind, jedoch gehört die F* mit Sicherheit dazu (SV-GA Dr. H* ON 50 S 13).

Das (schwere) Verletzungsbild des Klägers verhindert die Erstellung eines konkreten, unabänderlichen Therapieplanes sondern orientieren sich hier die Behandlungsschritte stets an der Klinik und dem Behandler. Aus medizinischer Sicht kann daher nicht gesagt werden, ob an der F* etwa Ende Mai 2019 exakt die selbe Behandlung durchgeführt worden wäre wie im B* (Amnionmembrandeckung samt Fornix Rekonstruktion mit Amnionmembran und Mundschleimhaut). Allerdings wäre mit Sicherheit auch in ** eine evidenzbasierte Behandlung für das rechte und linke Auge erfolgt, die Erfahrungswerte der behandelnden Ärzt:innen fließen auch dabei mit ein. Bei derart komplexen Fällen (wie dem gegenständlichen Verletzungsbild des Klägers) gibt es daher nicht nur den „einzig gangbaren“ Behandlungsweg (SV-GA Dr. H* ON 50 S 11-12).

Aus allenfalls höheren Fallzahlen an bestimmten Eingriffen im B* im Vergleich zum F* lässt sich somit im Fall des Klägers keine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit bzw. kein geringeres Risiko für die durchgeführte Behandlung ableiten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Prognose betreffend den Erfolg einer Operation maßgeblich von der Ausgangssituation (also der Verletzung) des Patienten abhängt. Im vorliegenden Fall konnte zudem auch durch die Behandlung im B* die Sehschärfe am rechten Auge lediglich auf dem Niveau von „Lichtempfinden“ erhalten werden und sind weitere Eingriffe bzw. Operationen auch in Zukunft wahrscheinlich, da beide Augen des Klägers durch die Verätzung chronisch krank sind (SV-GA Dr. H* ON 61 S 3-4).

Aus medizinischer Sicht ist daher davon auszugehen, dass der Risikoverlauf bei einer Behandlung in Österreich (hier: im F* bzw. im G*) und in Deutschland (hier: im B*) gleich gewesen wäre, weshalb sowohl hinsichtlich des positiven als auch des negativen Heilungsverlaufs die selben Ergebnisse zu erwarten gewesen wären (SV-GA Dr. H* ON 72 S 2-3).

Bei den Verletzungen des Klägers sowie bei den im B* durchgeführten bzw. den in Österreich (z.B. in der F*) angebotenen Behandlungs- und Operationsmöglichkeiten spielen Mortalitätsraten grundsätzlich keine Rolle, weil Patienten daran üblicherweise nicht versterben. Das höchste Risiko in der Augenheilkunde besteht gewöhnlich in der Erblindung des Auges bzw. der Entnahme eines Augapfels (SV-GA Dr. H* ON 50 S 10).

An der F* wird das gesamte Spektrum der Augenheilkunde angeboten. Patienten mit schweren Verätzungen (von denen auch der Kläger betroffen war) werden an der dort bestehenden (Spezial-)Ambulanz für Hornhauterkrankungen regelmäßig behandelt (SV-GA Dr. H* ON 54 S 3). Diese (Spezial-)Ambulanz an der F* hat aufgrund der hohen Dichte an schweren Augenverletzungen auch die höchste Expertise sowie die höchsten Fallzahlen in Österreich und verfügt sowohl im fachlichen als auch im wissenschaftlichen Bereich über hohe Qualität und Expertise, weshalb diese ein mit dem B* insgesamt vergleichbares medizinisches Zentrum ist (SV-GA Dr. H* ON 72 S 3).

Es war somit für den Kläger mit Sicherheit auch eine sorgfältige lege-artis Behandlung und chirurgische Versorgung für Patienten mit Hornhautverätzungen in (Ost-)Österreich gewährleistet (SV-GA Dr. H* ON 54 S 5).

Zusammenfassend hätten für den Kläger aus medizinischer Sicht im betreffenden Zeitraum, daher zum Zeitpunkt der Verletzung und der Behandlung, in Österreich vergleichbare Behandlungs- und Operationsmöglichkeiten, diese insbesondere auch unter Berücksichtigung der Risiken und Erfolgswahrscheinlichkeit sowie in Anbetracht seiner Verletzung und der damit verbundenen erforderlichen Raschheit bestanden (SV-GA Dr. H* ON 72 S 4).

Es bestand daher insbesondere hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Behandlungen von 25.3.2019 bis 28.3.2019 und von 28.5.2019 bis 1.6.2019 im B* keine medizinische Notwendigkeit, die Behandlungen im Ausland durchführen zu lassen, da in Österreich eine vergleichbare Behandlung gewährleistet gewesen wäre, wobei sämtliche Eingriffe und Operationen auch in vergleichbarer Raschheit und medizinischer Qualität im F* hätten erfolgen können (SV-GA Dr. I*, ON 10 S 2, ON 15 S 2 und ON 33; SV-GA Dr. H* ON 61 S 3; ON 72 S 3).

Grundsätzlich ist ein häufiger Wechsel von behandelnden Ärzt:innen, insbesondere bei komplexen Fällen, aus medizinischer Sicht nicht empfehlenswert. Dies betrifft allerdings die rein subjektive (zwischenmenschliche) Ebene des Patienten. Aus medizinischer Sicht wäre auch nach dem operativen Eingriff am 19.2.2019 im B* ein Wechsel zur weiteren Behandlung nach Österreich jedenfalls möglich gewesen.

Die beklagte Partei hat dem Kläger im Voraus keine Kostenübernahme zugesichert.

Der Kläger reichte folgende Rechnungen bei der beklagten Partei ein (Beilagen ./D bis ./G, Anstaltsunterlagen):

[…].“

Rechtlich führte das Erstgericht – soweit für das Berufungsverfahren relevant – zusammengefasst aus, dass der Kläger nach dem festgestellten Sachverhalt die den verfahrensgegenständlichen Forderungen zugrundeliegenden Behandlungen im B* auch zweckmäßig und ausreichend in Österreich hätte durchführen lassen können. Insbesondere seien die im betreffenden Zeitraum in Österreich bestehenden Operations- und Behandlungsmöglichkeiten in Bezug auf die medizinische Qualität (zB betreffend Erfolgswahrscheinlichkeit und Risiken) sowie betreffend die im Zusammenhang mit den Verletzungen des Klägers erforderliche Raschheit nach den getroffenen Feststellungen im vergleichbaren Ausmaß gegeben wie im B*. Zudem habe der Kläger nach den Feststellungen von sich aus eine zweite Meinung in Deutschland einholen wollen und habe sich in weiterer Folge (auch) dort behandeln lassen, obwohl in Österreich insgesamt eine zweckmäßige und ausreichende Behandlung gewährleistet gewesen wäre.

Auf Basis dessen wäre aber wohl auch der vom 18.2.2019 bis 25.2.2019 im B* beim Kläger notfallmäßig durchgeführten Eingriff (Hornhauttransplantation) aus Gründen in der eigenen Sphäre des Klägers erfolgt.

Ungeachtet dessen hätte auch ein allenfalls bei dieser Behandlung vom Kläger subjektiv entstandenes besonderes Vertrauensverhältnis nach den Feststellungen nicht dazu geführt, dass die weiteren Behandlungen aus medizinischer Sicht nicht mehr in Österreich hätten erfolgen können, sondern wäre demnach auch die weitere Behandlung danach zweckmäßig und ausreichend in Österreich möglich gewesen. So habe sich der Kläger auf Basis der getroffenen Feststellungen nach diesem Eingriff in Deutschland auch noch mehrmals in Österreich behandeln lassen.

Bei der Frage, ob der Krankenversicherungsträger im Inland eine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung zur Verfügung stelle, gehe es nach der Rechtsprechung nicht um subjektive Gründe, aus denen der Versicherte trotz des vorhandenen (zweckmäßigen und ausreichenden) Behandlungsangebots im Inland eine Behandlung im Ausland in Anspruch genommen habe, sondern nur darum, ob die zur Behandlung der Krankheit erforderliche Behandlung in zumutbarer Weise in Österreich hätte durchgeführt werden können.

Gegen dieses Endurteil richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene (gemeint End-)Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

Zur Tatsachenrüge:

1. Der Kläger bekämpft die im oben auszugsweise wiedergegebenen Sachverhalt fett hervorgehobenen Feststellungen des Erstgerichts. Stattdessen begehrt er die auf den Seiten 12 und 13 der Berufung ersichtlichen Ersatzfeststellungen.

Der Kläger begründet seine Tatsachenrüge im Wesentlichen lediglich mit seinen Angaben bei der Parteienvernehmung und der Aussage seines Vaters bei dessen Zeugenvernehmung. Soweit er auf Ausführungen der Sachverständigen Dr. I* und Dr. H* Bezug nimmt, ist für den Berufungssenat nicht ersichtlich, inwiefern damit die Unrichtigkeit der bekämpften Feststellungen und eine unrichtige Beweiswürdigung aufgezeigt werden soll.

2. Die Tatsachenrüge geht bereits deswegen ins Leere, weil sie nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

2.1. Um die Tatsachenrüge im Sinn der ständigen Rechtsprechung „gesetzmäßig“ auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0041835 [T5]; 10 ObS 129/02x; 10 ObS 15/12x; 1 Ob 202/13g; 1 Ob 85/15d; 3 Ob 118/18a uva).

2.2. Der Kläger setzt sich mit der Beweiswürdigung des Erstgerichts, welche dieses hinsichtlich der bekämpften Feststellungen angestellt hat, nicht auseinander. Damit erfüllt die Tatsachenrüge nicht die Anforderungen an eine gesetzmäßig ausgeführte Tatsachenrüge.

3. Das Erstgericht hat in seiner Beweiswürdigung zusammengefasst ausgeführt, dass es betreffend die strittige Frage, ob eine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung im Inland zur Verfügung gestanden sei, den Angaben der Sachverständigen für Augenheilkunde, Dr. I* und Dr. H*, gefolgt sei. Beide Sachverständige hätten in ihren unbedenklichen Gutachten und den diesbezüglichen Erörterungen in der Verhandlung nachvollziehbar und im Ergebnis völlig übereinstimmend erklärt, dass es für den Kläger aus medizinischer Sicht nicht erforderlich gewesen sei, die verfahrensgegenständlichen Behandlungen im Ausland durchführen zu lassen. Das Erstgericht setzte sich in seiner Beweiswürdigung auch eingehend mit den näheren Erläuterungen dieser beiden Sachverständigen auseinander, die auch dem Berufungssenat nachvollziehbar erscheinen.

3.1. Ausgehend davon, dass die bekämpften Feststellungen Deckung in den gutachterlichen Beurteilungen der beiden genannten Sachverständigen finden und das Erstgericht insofern eine überzeugende und nachvollziehbare Beweiswürdigung angestellt hat, wäre für den Kläger auch bei gesetzmäßiger Ausführung seiner Tatsachenrüge nichts gewonnen, weil keine stichhaltigen Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Feststellungen und der vom Erstgericht dazu angestellten Beweiswürdigung bestehen.

3.2. Soweit der Kläger seine Tatsachenrüge im Wesentlichen mit seinen Angaben bei der Parteienvernehmung und der Aussage seines Vaters bei dessen Zeugenvernehmung begründet, ist ihm zu entgegnen, dass die Frage, ob für den Kläger eine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung im Inland zur Verfügung stand, - auf der Tatsachenebene - eine den medizinischen Bereich betreffende Tatfrage darstellt (Näheres dazu s. auch die im ersten Rechtsgang ergangene Berufungsentscheidung 8 Rs 98/22y, S 11).

3.3. Demzufolge ist diese Tatfrage im Wesentlichen von den beigezogenen medizinischen Sachverständigen für Augenheilkunde, Dr. I* und Dr. H*, zu beurteilen. Diese beiden Sachverständigen haben die Angaben des Klägers und seines Vaters bei ihrer gutachterlichen Beurteilung berücksichtigt. Die Angaben des Klägers und seines Vaters können hinsichtlich dieser den medizinischen Bereich betreffenden Tatfrage die Beurteilungen der medizinischen Sachverständigen nicht widerlegen, da es sich dabei eben um medizinische Tatfragen handelt.

4. Da der Tatsachenrüge keine Berechtigung zukommt, übernimmt das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt sie seiner Entscheidung zugrunde (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).

Zur Rechtsrüge:

1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Rechtsrüge bereits deswegen ins Leere geht, weil sie nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

1.1. Der Kläger entfernt sich zum einen unzulässigerweise von den erstgerichtlichen Feststellungen, zum anderen konkretisiert er nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Überlegungen die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils – auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen – unrichtig sein sollte.

1.2. Die gesetzmäßige Ausführung des Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfordert die Darlegung, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint. Die bloße, in verschiedenen Formulierungen ausgedrückte, aber begründungslos bleibende Behauptung, es sei eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgelegen, genügt nicht (vgl Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 471 ZPO Rz 16 mwN; RISJustiz RS0043603). Eine Rechtsrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie sich darauf beschränkt, allgemein die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen rechtlichen Beurteilung zu behaupten, ohne dies (nachvollziehbar) zu konkretisieren (vgl RS0043603 [T12]; 2 Ob 84/12k). Wird die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, was insbesondere auch dann zutrifft, wenn der Rechtsmittelwerber - wie hier - nicht von den getroffenen Feststellungen ausgeht, dann liegt in Wahrheit keine Rechtsrüge vor, sodass die rechtliche Beurteilung des Ersturteils nicht überprüft werden darf ( Kodek aaO mwN).

1.3. Das Erstgericht hat eine ausführliche, mit zahlreichen Judikaturzitaten versehene rechtliche Beurteilung angestellt, auf die der Berufungswerber nicht näher eingeht. Vielmehr steht er ohne substanziierte Begründung zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass ihm die geltend gemachte Forderung als Kosten einer notwendigen und zweckmäßigen Heilbehandlung zuzusprechen gewesen wäre. Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen gibt es jedoch keine ausreichende Grundlage für die offenbare Annahme des Klägers, dass eine ausreichende und zweckmäßige Behandlung im Inland nicht möglich gewesen wäre.

1.4. Die Argumentation des Klägers mit dem während seines Aufenthalts vom 18.2.2019 bis 25.2.2019 im B* notfallmäßig durchgeführten Eingriff (Hornhauttransplantation) geht bereits deswegen ins Leere, weil der Kostenersatz betreffend die in diesem Zeitraum beim Kläger durchgeführten Behandlungen nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist.

1.5. Die Behauptung des Klägers, dass nach diesem Akuteingriff seine weitere Behandlung in Deutschland zweckmäßig und notwendig und in Österreich in dieser Form nicht möglich gewesen sei, findet keine Deckung in den erstinstanzlichen Feststellungen. Vielmehr hat das Erstgericht festgestellt, dass die während der Aufenthalte des Klägers vom 25.3.2019 bis 28.3.2019 und vom 28.5.2019 bis 1.6.2019 durchgeführten Behandlungen im B* (wie auch alle anderen weiteren nach dem Eingriff am 19.2.2019 noch erforderlich gewordenen und bereits aktenkundigen Behandlungen) hingegen geplante Eingriffe und somit keine Akutbehandlungen waren, die grundsätzlich aus medizinischer Sicht auch hätten verschoben werden können (vgl. S 6, 2.Absatz des angefochtenen Urteils und die diesbezügliche gutachterliche Beurteilung der Sachverständigen Dr. H* in ON 50, S 11, ON 54, S 6 und ON 72, S 2-4). Außerdem stellte das Erstgericht fest, dass aus medizinischer Sicht auch nach dem operativen Eingriff am 19.2.2019 im B* ein Wechsel zur weiteren Behandlung nach Österreich jedenfalls möglich gewesen wäre (vgl. S 8 unten des angefochtenen Urteils und S 3 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. H* ON 56).

1.6. Soweit der Kläger auf die Entscheidung 10 ObS 57/16d Bezug nimmt und ausführt, dass eine Kostenübernahme für eine Krankenbehandlung im Ausland dann in Betracht komme, wenn in Anbetracht des Gesundheitszustands und voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit eine ausreichende und zweckmäßige Behandlung im Inland nicht in medizinisch vertretbarer Zeit gewährt werden könne, und dass er in Österreich keine ausreichende medizinische Versorgung in medizinisch vertretbarer Zeit erlangt hätte, entfernt er sich abermals unzulässigerweise von den erstgerichtlichen Feststellungen. So stellte das Erstgericht fest, dass hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Behandlungen keine medizinische Notwendigkeit bestand, die Behandlungen im Ausland durchführen zu lassen, da in Österreich eine vergleichbare Behandlung gewährleistet gewesen wäre, wobei sämtliche Eingriffe und Operationen auch in vergleichbarer Raschheit und medizinischer Qualität in der F* hätten erfolgen können (vgl. S 8, 4.Absatz des angefochtenen Urteils und die dort angeführten gutachterlichen Belege für diese Feststellungen).

1.7. Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen und der bereits vom Erstgericht dargelegten Rechtslage ist auch das Argument des Berufungswerbers, dass das Einholen einer „zweiten Meinung“ im B*, in dessen Folge dann die akut durchzuführenden Maßnahmen gesetzt worden seien, notwendig und inhaltlich alternativlos gewesen wären, ohne Substanz. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die erstgerichtlichen Feststellungen zu verweisen, wonach aus medizinischer Sicht davon auszugehen ist, dass der Risikoverlauf bei einer Behandlung des Klägers in Österreich und in Deutschland gleich gewesen wäre, weshalb sowohl hinsichtlich des positiven als auch des negativen Heilungsverlaufs die selben Ergebnisse zu erwarten gewesen wären (Näheres dazu s. S 7 des angefochtenen Urteils).

2. Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass auch bei gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge für den Kläger nichts gewonnen wäre. Das Erstgericht hat eine ausführliche und richtige – mit zutreffenden Judikaturzitaten versehene – rechtliche Beurteilung angestellt. Auf diese kann gemäß §§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO verwiesen werden.

3. Der insgesamt unberechtigten Berufung war daher nicht Folge zu geben.

4. Für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit gemäß § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG ergeben sich weder aus dem Vorbringen noch aus dem Akt Anhaltspunkte, weshalb der Kläger die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen hat.

5. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG geforderten Qualität nicht zur Beurteilung stand, zumal keine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge erhoben wurde und eine im Berufungsverfahren unterlassene oder nicht gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann.