4R200/24x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Falmbigl und Mag. Viktorin in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Aigner Rechtsanwalts-GmbH in Wien, wegen EUR 17.469,15 samt Nebengebühren (in eventu: Aufhebung des Vertrags [Streitwert: EUR 18.700]), über den Kostenrekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse: EUR 4.695,30) gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Handelsgerichts Wien vom 12. November 2024, **-54, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 402,86 (darin EUR 67,14 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit Klage vom 22.5.2023 begehrte der Kläger von der Beklagten zunächst die Zahlung von EUR 18.700 samt Nebengebühren und brachte dazu im Wesentlichen vor, mit Kaufvertrag vom 21.1.2022 als Verbraucher ein Fahrzeug von der in diesem Zusammenhang unternehmerisch tätigen Beklagten um einen Kaufpreis von EUR 18.700 erworben zu haben. Im Juni 2022 sei ein Motorschaden festgestellt worden, dem ein Eingriff in die Motorsteuerung zugrunde gelegen sei, der bereits vor dem Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrags und vor Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorgenommen worden sei. Aufgrund des Motorschadens sei das Fahrzeug nicht fahrtüchtig. Die Reparatur des Fahrzeugs sei von der Beklagten verweigert worden. Mit Schreiben vom 16.1.2023 habe der Kläger die Auflösung des Vertrags (Wandlung) erklärt. Er stütze sich insbesondere auf eine Anfechtung des Kaufvertrags wegen Irrtums sowie Wandlung des Kaufvertrags und begehre die Rückzahlung des Kaufpreises von EUR 18.700.
Mit Schriftsatz vom 2.1.2024 (ON 16) schränkte der Kläger sein Klagebegehren auf EUR 17.469,15 samt Nebengebühren ein und erhob ein (mit EUR 18.700 bewertetes) Eventualbegehren, wonach der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag betreffend das Fahrzeug aufgehoben werde. Dazu brachte er vor, es würden ein drittfinanzierter Kauf sowie ein verbundener Kreditvertrag vorliegen. Die Beklagte habe das Fahrzeug unter Eigentumsvorbehalt an den Kläger verkauft. Der Kreditbetrag (EUR 18.700) sei von der C* GmbH an die Beklagte ausbezahlt worden.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und wendete die Mangelfreiheit des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Übergabe ein. Ursächlich für den Motorschaden sei vielmehr eine unsachgemäße Verwendung durch den Kläger gewesen. Käuferin des Fahrzeugs sei nicht der Kläger, sondern die C* GmbH. Diese habe den Kaufpreis im eigenen Namen und auf eigene Rechnung bezahlt und dafür die Kaufpreisforderung sowie den Eigentumsvorbehalt am Fahrzeug von der Beklagten erhalten.
Mit dem nur im Kostenpunkt angefochtenen Urteilgab das Erstgericht – nach Abweisung des Hauptbegehrens – dem Eventualbegehren statt und verhielt den Kläger zum Ersatz der mit EUR 4.695,30 (darin EUR 782,55 USt) bestimmten Prozesskosten. Im Rahmen seiner Kostenentscheidung bildete es zwei Verfahrensabschnitte und führte aus, die Beklagte habe im ersten Abschnitt (bis zur Erhebung des Eventualbegehrens) zur Gänze obsiegt, weshalb der Kläger diesbezüglich kostenersatzpflichtig sei. Im zweiten Abschnitt sei der Kläger mit dem Eventualbegehren durchgedrungen. Nach der jüngeren Judikaturlinie des Obersten Gerichtshofes sei in diesen Fällen immer § 43 ZPO anzuwenden. Da fallbezogen aber nicht der gleiche wirtschaftliche Erfolg erzielt worden sei und auch der Verfahrensaufwand zur Prüfung (bezogen auf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung) für die Beurteilung des Eventualbegehrens nicht habe verwertet werden können, liege kein Anwendungsfall des § 43 Abs 2 erster Fall ZPO vor. Vielmehr sei im zweiten Abschnitt mit Kostenaufhebung vorzugehen.
Gegen die Kostenentscheidung dieses Urteils richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Abänderungsantrag dahin, dass ihm kein Kostenersatz auferlegt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
Zunächst moniert der Rekurswerber die vom Erstgericht vorgenommene Bildung von zwei Verfahrensabschnitten.
Dem ist zu entgegnen, dass aus der in diesem Zusammenhang vom Rekurswerber erwähnten Entscheidung des Landesgerichts Klagenfurt zu 3 R 212/12d nicht hervorgeht, weshalb im vorliegenden Fall keine Verfahrensabschnitte zu bilden gewesen wären. Vielmehr war mit dem Schriftsatz des Klägers vom 2.1.2024 (ON 16) eine Änderung des Klagebegehrens verbunden, welche die Bildung von Verfahrensabschnitten zur Folge hatte, zumal der Kläger darin sein auf Leistung gerichtetes Hauptbegehren einschränkte und ein Eventualbegehren erhob.
Nach ständiger Rechtsprechung ist auf Fälle, in denen das Hauptbegehren abgewiesen, dem Eventualbegehren aber stattgegeben wird, immer § 43 ZPO anzuwenden, weil die klagende Partei zufolge Abweisung des Hauptbegehrens nicht zur Gänze durchgedrungen ist (RS0109703; RS0110839; Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.138).
Die Voraussetzungen nach § 43 Abs 2 ZPO sind in einem solchen Fall dann gegeben, wenn der Verfahrensaufwand, der zur Prüfung der Berechtigung des Hauptbegehrens erforderlich war, auch für die Beurteilung des Eventualbegehrens verwertet werden konnte, die materiellrechtliche Grundlage ident war und mit dem Eventualbegehren annähernd der gleiche wirtschaftliche Erfolg wie bei Stattgebung des Hauptbegehrens erreicht wurde (RS0109703 [T1; T2; T3]; RS0110839; Obermaier , aaO).
Bereits das Erstgericht wies zutreffend darauf hin, dass im vorliegenden Fall mit dem Eventualbegehren nicht der gleiche wirtschaftliche Erfolg erzielt wurde, der mit einem Durchdringen mit dem Hauptbegehren verbunden gewesen wäre. Während sich das Hauptbegehren auf Leistung einer Zahlung von (zuletzt) EUR 17.469,15 samt Nebengebühren richtete, führte der Zuspruch des Eventualbegehrens lediglich zur rechtsgestaltenden Aufhebung des Kaufvertrags. Angesichts des vorliegenden drittfinanzierten Kaufs hat der Kläger somit im Gegensatz zum Hauptbegehren keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte, sondern angesichts der Vertragsaufhebung bloß die Möglichkeit, die bisher geleisteten Ratenzahlungen von der finanzierenden Bank zurückzufordern. Dass diese annähernd die Höhe des (als Hauptbegehren verfolgten) Leistungsbegehrens erreicht hätten, behauptet der Rekurswerber im Übrigen gar nicht und ist auch der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen.
Da mit dem Eventualbegehren daher nicht annähernd der gleiche wirtschaftliche Erfolg wie bei Stattgebung des Hauptbegehrens erreicht wurde, konnte dahingestellt bleiben, inwieweit der Verfahrensaufwand, der zur Prüfung der Berechtigung des Hauptbegehrens erforderlich war, auch für die Beurteilung des Eventualbegehrens verwertet werden konnte.
Die vom Kläger vorgenommene Bewertung des Eventualbegehrens mit EUR 18.700 ist schon deshalb nicht mit dem dadurch erzielten wirtschaftlichen Erfolg im Sinne der obigen Ausführungen gleichzusetzen, weil der Kläger gemäß § 56 Abs 2 JN eine weitgehend freie Bewertung seines Interesses vornehmen konnte. In Ansehung der annähernd gleichen Bewertung der Haupt- und Eventualbegehren war die vom Erstgericht für den zweiten Verfahrensabschnitt vorgenommene Kostenaufhebung nicht zu beanstanden.
Dem Rekurs war sohin nicht Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.