JudikaturOLG Wien

3R138/24x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Vertragsrecht
21. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Müller und den KR Dipl.-Ing. Viehauser, MSc, in der Rechtssache der klagenden Partei A* S.L. , **, E-**, Spanien, vertreten durch Schindler Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* S.L. , **, E-**, Spanien, vertreten durch Bischof Zorn + Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 716.618,04 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 6.6.2024, **-172, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 4.626,10 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Werkvertrag vom 31.5.2016 mit Holztischlerarbeiten, der Lieferung und Montage der Eingangstüren der Hotelzimmer sowie der Herstellung des Mobiliars der Betriebs- und Geschäftsausstattung in ihrem B* um einen Gesamtpreis von EUR 960.000,-- netto. In diesem Werkvertrag steht:

„Standard: Referenzhotels - deren Standard als Mindeststandard gilt, verbessert gemäß technologischem Fortschritt der Technologie seit Errichtung des jeweiligen Referenzhotels - sind das „C*“ in ** und das „D*“ in **. Darüber hinaus sind die Standards des „E*“ (in der Fassung von 2008), die dem Auftragnehmer übergeben wurden und die auch einen festen Bestandteil des Vertrages bilden, einzuhalten. […]

GRUNDLAGEN DES AUFTRAGS

Die folgenden Vertragsgrundlagen, welche einen festen Bestandteil des Vertrages bilden, kommen in der nachstehenden Reihenfolge zur Anwendung:

a) Die englische Fassung des Werkvertrags (Contract for Work and Services) mit allen darin enthaltenen Bestimmungen,

b) die englische Fassung der Vorbemerkungen (Preliminary Remarks) (Version 04/15 **),

c) die offizielle Baugenehmigung mit sämtlichen Anhängen, Bedingungen sowie den offiziell bekanntgegebenen Baufluchtlinien und Höhenangaben,

d) das Auftragserteilungsblatt (Contract Award Sheet),

e) die Leistungsbeschreibung mit technischen Vorbemerkungen und sämtlichen Ausführungsunterlagen des Auftraggebers,

f) das Angebot des Auftragnehmers,

g) ÖNORMEN in der jeweils aktuellen Fassung oder, soweit nicht verfügbar, die entsprechenden DIN-Normen und spanischen Normen,

h) die gesetzlichen Bestimmungen.“

Die als Preliminary Remarks bezeichneten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthalten folgende Regelungen:

„1.6 Ausführung

1.6.1 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, alle Arbeiten ordnungsgemäß und fachgerecht laut den vom Auftraggeber oder seinem Beauftragten bereitgestellten Plänen und Details und im Einklang mit dem Stand der Technik durch Einhaltung aller geltenden gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen und Richtlinien auszuführen und den Auftraggeber gegenüber allen gegen den Auftraggeber wegen einer Verletzung solcher Verpflichtungen durch den Auftragnehmer geltend gemachten Ansprüchen schadlos zu halten. […]

1.13 Abnahme

1.13.1 Die Abnahme der Bauleistungen erfolgt nach schriftlicher Mitteilung der Fertigstellung aller beauftragten Leistungen durch den Auftragnehmer und Übersendung der entsprechenden Entsorgungsnachweise von Abfall und Erde an die Vertreter des Auftraggebers, wenn dies noch nicht während der Durchführung der Arbeiten erfolgt ist. Der genaue Zeitpunkt der Abnahme wird vom Auftraggeber oder seinem Beauftragten festgelegt.

Die Abnahme gilt bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist als vorläufige Abnahme und das Dokument „Acta de Recepcion Provisional“ wird vom Auftraggeber, vom Projektmanager, vom Auftragnehmer und der „Direccion Facultativa“ zum Zeitpunkt dieser vorläufigen Abnahme unterzeichnet. Wenn zu diesem Zeitpunkt oder davor ein Mangel auftritt und die „Direccion Facultativa“ den Mangel für nicht wesentlich hält, wird eine Frist zur Behebung derselben gewährt und auf Vorschlag der „Direccion Facultativa“ ein entsprechender Betrag einbehalten. Werden die Mängel als wesentlich erachtet, erfolgt zu diesem Zeitpunkt keine Abnahme und der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Mängel nach Maßgabe der Konventionalstrafen und der ermittelnden und verursachten Schäden auf jeden Fall zu beheben.

Falls die Behebung der Mängel nicht innerhalb der von der „Direccion Facultativa“ festgelegten Frist erfolgt, ist der Auftraggeber berechtigt, vom Auftragnehmer alle Kosten und Schadenersatz zu verlangen.

1.13.2 Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, eine vorzeitige Abnahme der gesamten Leistung oder eine Abnahme von Teilleistungen durchzuführen. Eine vorzeitige Abnahme kann ausnahmsweise erfolgen, wenn die Prüfung und Feststellung der Gesamtleistung oder der Teilleistungen durch den weiteren Baufortschritt unmöglich wäre.

Eine Bauleistung gilt als nicht abgenommen, wenn Mängel festgestellt worden sind, ungeachtet der Art und des Umfangs der Mängel. Die beanstandeten Teilleistungen könne nicht aus der Gesamtabnahme ausgenommen werden.

1.13.3 Festgestellte Mängel werden vom Auftragnehmer innerhalb einer vom Baustellenmanagement festzulegenden angemessenen Frist behoben. Andernfalls ist der Auftraggeber berechtigt, entweder die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers von einem anderen Auftragnehmer beheben zu lassen oder einen der Wertminderung entsprechenden Betrag von der Schlussrechnung abzuziehen.

1.13.4 Die Benutzung, Inbetriebnahme oder Bezahlung der Bauleistungen gilt nicht als Abnahme der relevanten Bauleistungen und hat daher keine rechtlichen Konsequenzen.

1.13.5 Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung in einem gesonderten Vertrag zwischen den Parteien erfolgt auf jeden Fall eine förmliche Abnahme der Arbeiten und Lieferungen durch den Auftraggeber.“

Vor Abschluss des Werkvertrags haben die Vertragsparteien die im Werkvertrag als Vertragsbestandteil vereinbarten ÖNORMEN weder explizit benannt noch im Einzelnen besprochen.

Im Rahmen des Bauvorhabens bzw ergänzend zum ursprünglichen Werkvertrag beauftragte die Beklagte die Klägerin zusätzlich mit ergänzenden Leistungen, und zwar zumindest zu Korridor Doppeltür Verkleidung, Auftragswert EUR 26.820,12 netto, und zu Möbel und Polstermöbel, Auftragswert EUR 24.091,40 netto.

Bezüglich der Hotelzimmereingangstüren vereinbarten die Parteien, dass die Konstruktion von Türstock und Türblatt eine zertifizierte und auf dem Prüfstand erreichte Schalldämmung (zur Abschirmung des Hotelzimmers zum Gang) von 48 dB haben soll (RW = 48 dB, RA = 45 dBA). In der nach den Vertragsgrundlagen anwendbaren einschlägigen ÖNORM B 8115-2 wird die mindesterforderliche bewertete Standard-Schallpegeldifferenz DnT mit 38 dB festgelegt (Tabelle 3 der ÖNORM B 8115-2, betreffend durch eine Türe mit dem Gang davor verbundene Hotelzimmer). Außerdem vereinbarten die Streitteile via Referenzstandard des Hotel D*, dass die Zimmereingangstüren eine automatische Bodenabsenkdichtung integriert haben.

In ihrem Angebot hatte die Klägerin für 95 Zimmereingangstüren (RA = 45 dBA) EUR 94.130,75 netto angesetzt; ursprünglich hatte sie auch günstigere Angebote für Türen mit RW 38 dB (RA = 38 dBA) und RW 42 dB (RA = 42 dBA) eingereicht.

Die Montage der Blindstöcke und deren Anschluss an die Wand wurden vereinbarungsgemäß nicht von der Klägerin gemacht. Die Klägerin montierte auf die Blindstöcke die Türrahmen (die Türstöcke) und hängte dann die Türblätter in die Türrahmen.

Bei etlichen Türen im Hotel der Beklagten haben die Türkonstruktionen eine deutlich schlechtere als die vereinbarte Schalldämmung, die geforderten Mindestwerte der ÖNORM B8115-2 werden deutlich unterschritten (im Ersturteil sind dazu 20 Hotelzimmer aufgelistet). Bei etlichen weiteren Zimmertüren ist die Ausführung mangelhaft (im Ersturteil werden zu 64 Zimmertüren detaillierte Feststellungen getroffen).

Die Klägerin hat der Beklagten mehrfach gemeldet, ihr Gewerk sei fertiggestellt, und die Beklagte zur Übernahme aufgefordert. Die Beklagte hat eine Übernahme des Gewerks verweigert und laufend bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz Mängel behauptet, unter anderem auch zu den Hoteleingangstüren (zB mangelnder Schallschutz). Bezahlt hat die Beklagte der Klägerin bisher bloß einen Betrag von EUR 418.532,65 netto bzw EUR 506.424,51 brutto.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von EUR 716.618,04 sA. Wegen durch andere Professionisten verursachte Verzögerungen habe sie mit den beauftragten Arbeiten erst im Juni 2017 beginnen können, diese habe sie im September 2017 abgeschlossen. Die Beklagte habe eine Übernahme verweigert und der Klägerin am 25.1.2018 eine Mängelliste geschickt. Bis September 2018 seien alle gerügten Mängel von der Klägerin behoben worden. Die Beklagte habe das Werk danach wieder nicht übernommen und dies mit defekten Schiebetüren und akustischen Problemen in den Gästezimmern begründet. Bis 25.1.2019 seien die Schiebetüren repariert worden. Somit liege kein Mangel mehr vor. Die Türen seien so wie vereinbart von der Klägerin mangelfrei gemacht worden. Wenn es zu akustischen Problemen kommen sollte, dann lägen diese nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin.

Vereinbart worden sei ein Pauschalpreis von EUR 960.000,-- netto. Außerdem habe die Beklagte Zusatzleistungen um EUR 163.087,74 netto beauftragt. Insgesamt habe die Beklagte EUR 418.532,65 netto bezahlt. Nach Abzug des Haftrücklasses von EUR 135.893,62 brutto hafte noch der Klagsbetrag aus.

Das Hotel sei im Februar 2018 eröffnet worden, damit habe die Beklagte das Werk der Klägerin faktisch übernommen. Selbst wenn noch Mängel vorliegen sollten, seien diese so geringfügig, dass das Zurückbehalten des gesamten Entgelts unverhältnismäßig und daher unberechtigt sei. Demgemäß bestimme auch Punkt 1.13 der AGB der Beklagten, dass in einem solchen Fall nur ein den Mängeln entsprechender Teil des Werklohns zurückbehalten werden dürfe. Die von der Beklagten behaupteten Verzögerungen seien nicht von der Klägerin zu vertreten. In 88 Räumen im Hotel seien insgesamt 153 Schiebetüren eingebaut worden. Im November 2018 sei der von der Beklagten beauftragte Architekt zum Ergebnis gekommen, dass allenfalls noch sieben Schiebetüren nicht korrekt funktionieren.

Viele der von der Beklagten behaupteten Mängel und Schäden seien erst nachträglich durch andere Professionisten oder durch den Hotelbetrieb entstanden. Allenfalls noch vorhandene Mängel seien durch den zurückbehaltenen Haftrücklass zu decken. Für die Verbindungstüren sei eine Schallpegeldifferenz von 40 dB vereinbart worden. Diese werde auch nicht überschritten; wenn doch, dann sei dies nicht der Klägerin zuzurechnen. Die Klägerin habe der Beklagten eine Erfüllungsgarantie in Form einer abstrakten Bankgarantie über EUR 96.000,-- übergeben. Die Beklagte habe diese Bankgarantie im November 2019 in Anspruch genommen, der Betrag sei ihr auch ausbezahlt worden.

Mit einem Schreiben vom 13.12.2022 habe die Beklagte die Klägerin über eine lose Holzverarbeitung in der Lobby informiert, die Klägerin solle diesen Schaden beheben. Die Beklagte habe sich dabei auf Punkt 1.14.4 der preliminary remarks berufen. Diese Bestimmung regle die Gewährleistung und setze die Übernahme des Werkes voraus. Die Beklagte könne sich daher nicht mehr darauf berufen, dass sie die Werkleistung der Klägerin nicht übernommen habe. Den von der Beklagten im Schreiben vom 13.12.2022 beanstandeten Mangel habe die Klägerin am 19.1.2023 behoben.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren. Mit der Inbetriebnahme des Hotels habe sie bloß eine Schadensminderungspflicht erfüllt, keineswegs aber die Leistungen der Klägerin übernommen. Darauf habe sie die Klägerin auch noch ausdrücklich hingewiesen. Tatsächlich verweigere sie die Übernahme dieser Werkleistungen der Klägerin, weil noch immer Mängel vorliegen. Insbesondere die völlige Fehlfunktion mehrerer Schiebetüren und die nicht korrekte Schallisolierung der Außentüren der Hotelzimmer einschließlich der Türstöcke seien keine geringfügigen Mängel. Die Beklagte erhebe daher die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags, die Forderung sei noch nicht fällig. Sie fordere von der Klägerin weiterhin Verbesserung.

Die Schallisolierung sei unzureichend, die Zimmertüren seien nicht angepasst, in den Gästezimmern bemerke man Licht und Lärm vom Flur. Außerdem gebe es zahlreiche Mängel bei Kleiderschränken, bei den Minibar-Türen und bei den Schiebetüren in Bad und WC. Die Installation und die Schallisolierung der Türen sei unzureichend. In mehreren Zimmern sei der Geräuschpegel zu groß, dies entspreche weder den vereinbarten Standards noch der einschlägigen ÖNORM B 8115-2. Am 26.11.2018 habe die Beklagte der Klägerin eine E-Mail mit einer Mängelrüge geschickt und sie - allerdings erfolglos - zur Behebung der Mängel aufgefordert. Gerade in den Nachtstunden werde ein zulässiger Schalldruck um mehr als 10 dB überschritten.

Ein Zurückbehalten des Werklohns sei dann keine unzulässige Schikane, wenn der Verbesserungsaufwand zumindest 5 % des noch offenen Werklohns übersteigt. Dies sei hier der Fall, der Behebungsaufwand übersteige EUR 36.000,-- deutlich. Außerdem sei die Beklagte berechtigt, die mangelhafte Leistung der Klägerin zurückzuweisen; dies habe sie getan, die Übernahme der Leistung der Klägerin verweigert und die Verbesserung dieser Leistung gefordert. Selbst wenn eine konkludente Übernahme vorliegen sollte, stehe ihr die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags zu.

Die Beklagte listete detailliert zuerst 516 und später nochmals 330 weitere Mängel auf, die nach ihrem Vorbringen seit dem Verlassen der Baustelle durch die Klägerin vorliegen. Laut 1.14.4 der preliminary remarks sei eine Konventionalstrafe von 1 % der Nettoauftragssumme pro Tag vereinbart worden, somit von EUR 9.600,-- pro Tag. Die Klägerin sei seit 959 Tagen in Verzug, der Beklagten stehe daher eine Forderung gegen die Klägerin von EUR 9,206.400,-- zu, diese werde kompensando geltend gemacht.

Die Klägerin bestritt diese Gegenforderung der Beklagten.

Unbestritten ist, dass die Streitteile im Vertrag vereinbart haben, dass dieser der Anwendung österreichischen materiellen Rechts unterliegt.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das gesamte Klagebegehren ab. Es stellte den auf den Seiten 4 bis 30 des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Sachverhalt fest, darin auch, dass die im Urteil festgestellten Mängeln bei den Eingangstüren zu den Hotelzimmern auch schon zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Hotels vorgelegen haben und dass es sich dabei um eine mangelhafte Ausführung dieses Teils des Gewerks der Klägerin gehandelt habe. Weiters stellte es fest, dass der Austausch der Dichtungen in der Türzarge oder der Tausch der Bodenabsenkdichtung samt Neujustierung je Tür jeweils (Material und Arbeitszeit) zumindest EUR 220,-- netto kostet und dass für den Austausch von Türstock und Türblatt zumindest EUR 990,85 (netto) je Türsystem aufzuwenden sind, sowie dass nicht festgestellt werden kann, dass zur Verbesserung des Schallschutzes bei den Zimmereingangstüren des Hotels der Austausch, die Verstärkung oder die Ertüchtigung der Dichtungen zur Herstellung/Erreichung des vereinbarten Schalldämmwerts des Türsystems genügt.

In seiner umfangreichen rechtlichen Beurteilung kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass nach Punkt 1.13.1 der preliminary remarks das Recht der Auftraggeberin, offenen Werklohn zurückzubehalten, nur dann beschränkt gewesen sei, wenn die vorliegenden Mängel nicht wesentlich sind. Die Werkleistung der Klägerin bezüglich des Schallschutzes bei den Hotelzimmertüren sei aber grob mangelhaft gewesen. Dies sei ein im Sinne der preliminary remarks wesentlicher Mangel. Die Beklagte habe das Werk der Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent übernommen. Ihre Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags sei daher berechtigt, sodass das gesamte Klagebegehren abzuweisen sei, ohne dass noch die anderen von der Beklagten behaupteten Mängel geprüft werden müssten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es derart abzuändern, dass dem gesamten Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise stellt die Klägerin einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Verfahrensrüge:

1.1 In ihrer Mängelrüge beanstandet die Klägerin, dass das Erstgericht den von ihr (knapp vor Schluss des Verfahrens erster Instanz) mit dem Schriftsatz vom 30.10.2023 ON 160 namhaft gemachten Zeugen F* nicht vernommen hat. Außerdem habe es das Erstgericht verabsäumt, einen Beschluss auf Abweisung dieses Beweisantrages zu fassen. Schon dies begründe eine Mangelhaft des Verfahrens erster Instanz.

1.2 Zum zweiten Argument ist zu sagen, dass ein derartiger von der Klägerin vermisster Beschluss in den Verfahrensgesetzen nicht angeordnet wird. Somit kann es aber auch kein Verfahrensfehler sein, wenn das Gericht zwar keinen derartigen (im Übrigen bloß prozessleitenden und damit unanfechtbaren) Beschluss fasst, aber ohnehin klarstellt, dass es die Verhandlung jetzt schließen wird, und zwar ohne noch weitere Zeugen zu vernehmen. Im Übrigen könnte auch ein Verfahrensmangel nur dann geltend gemacht werden, wenn er wesentlich ist, also abstrakt geeignet ist, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen. Nun kann zwar das Unterlassen der Einvernahme eines beantragten Zeugen in diesem Sinne wesentlich sein, nicht aber das Unterbleiben bloß eines Beschlusses darüber, dass dieser Zeuge nicht vernommen wird.

2.1 Im Schriftsatz ON 160 hat die Klägerin die Vernehmung von F* als Zeuge auch zum Nachweis dafür beantragt (und nur auf dieses Thema bezieht sie sich in ihrer Mängelrüge), dass sie der Beklagten mit Abschluss der Arbeiten an der Baustelle Dokumente und Unterlagen zu den einzelnen Werken übergeben habe, welche auch explizite Vorsichts-, Gebrauchs- und Wartungsanweisungen enthalten haben. Bezüglich der Türen sei der Beklagten die entsprechende Unterlage des Türenherstellers übergeben worden; sie sei auf die Wartungs- und Gebrauchshinweise hingewiesen und außerdem seien die Mitarbeiter der Beklagten über die Wartung aufgeklärt worden. Ob diese Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt worden seien, könne die Klägerin nicht beurteilen, für diese Arbeiten sei sie auch nicht zuständig gewesen.

Die Klägerin meint, zu diesem Thema hätte der Zeuge F* einvernommen werden müssen. In der Folge hätten dann die Beklagte (deren Geschäftsführung) und sonstige Zeugen mit dieser Aussage konfrontiert werden können, um die Art und das Ausmaß allenfalls tatsächlich vorgenommener Arbeiten zu ermitteln.

2.2 Es ist aber ganz bedeutungslos, ob die Beklagte von der Klägerin auf die Notwendigkeit von Wartungsarbeiten hingewiesen worden ist, hat doch die Klägerin gar nicht behauptet, geschweige denn nachgewiesen, dass in weiterer Folge die erforderlichen Wartungsarbeiten unterblieben sind. Somit ist die Mängelrüge der Klägerin nicht berechtigt.

Beweisrüge:

3. Das Erstgericht hat konkret festgestellt, dass bei den Eingangstüren zu zumindest zwanzig Zimmern eine mangelhafte Ausführung vorlag, sodass die Türkonstruktionen die vereinbarte Schalldämmung nicht hatten, und weiters, welche Mängel bei den Eingangstüren zu neunzehn dieser Zimmer und zu fünfundvierzig anderen Hotelzimmern vorliegen. Dabei stellte es fest, dass all diese Mängel schon zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Hotels und auch noch bei Schluss der Verhandlung erster Instanz vorgelegen haben. Letzteres bestreitet die Klägerin in ihrer Beweisrüge und will stattdessen festgestellt haben, es könne nicht festgestellt werden, ob die vom Erstgericht festgestellten Mängel an den Eingangstüren der Zimmer auch schon bei Inbetriebnahme des Hotels vorgelegen haben. Dies ergäbe sich schon aus den Behauptungen der Beklagten selbst, die in der Beilage ./17 bloß pauschal „akustische Probleme“ angeführt habe, ohne konkret anzugeben, welche Zimmereingangstüren Mängel in Hinblick auf den Schallschutz aufweisen. Eine Feststellung zum Zeitpunkt des Eintritts des Mangels könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit getroffen werden.

Das Erstgericht hat sich mit diesem Thema in seiner Beweiswürdigung ausführlich auseinandergesetzt (Rz 182 sowie 193 f des Ersturteils). Für die Richtigkeit seiner Feststellungen spricht schon die große Zahl schadhafter Zimmereingangstüren; von den 95 Zimmereingangstüren (Rz 13 des Ersturteils) sind nach seinen unbekämpften Feststellungen 65 mangelhaft (Rz 15 bis 80 des Ersturteils), obwohl die Beklagte zur Erreichung eines besseren Schallschutzes die teuerste Variante bestellt hat (Rz 13 des Ersturteils). Aus der Beilage ./23 ergibt sich außerdem, dass die Beklagte schon im April 2018, also knapp nach der Eröffnung des Hotels Schallschutztests hat durchführen lassen. Offensichtlich war zu diesem Zeitpunkt der Schallschutz in den Zimmern bereits mangelhaft.

4. Das Erstgericht hat festgestellt, dass Mängel im Gewerk der Bauunternehmung G* bei der Montage der Blindstöcke (und deren Anschluss an die Trockenbauwand) und/oder an der Trockenbauwand und/oder bei Herstellung des Bodens im Bereich der Zimmereingangstüren (mangelnde Planizität) nicht festgestellt werden können und für die Schallschutzdefizite bei den Hotelzimmereingangstüren nicht ursächlich gewesen seien und auch nicht ursächlich seien. Die Klägerin bestreitet dies und will stattdessen festgestellt haben, dass das Bauunternehmen G* die Blindstöcke nicht fachgerecht montiert habe. Zwischen den Blindstöcken und der Ummauerung haben große Abstände bestanden, die mit einem Schaumstoff aufgefüllt worden seien. Ein ausreichender Schallschutz könne damit nicht gewährleistet werden. Nach Ansicht der Klägerin ergibt sich diese Feststellung aus der Beilage ./P, in welcher der der Beklagten zuzurechnende Bauleiter auf die Unzulänglichkeit der Verwendung von Schaumstoff hingewiesen habe.

Die Beilage ./P betrifft aber bloß eine einzige Tür, nämlich die Eingangstür zum Zimmer 307, bei welcher das Erstgericht keine zu geringe Schalldämmung festgestellt hat (vgl. die Rz 15 des Ersturteils). Für die Annahme, dass bei allen oder auch nur bei vielen der zahlreichen mangelhaften Zimmereingangstüren der Abstand zwischen dem Blindstock und der Mauerung immer zu groß gewesen sei, gibt es schlicht keine Beweisergebnisse.

5. Weiters hat das Erstgericht festgestellt, dass die festgestellten Schallschutzdefizite nicht auf Wartungsversäumnisse und/oder den Gebrauch der Türe im Hotelbetrieb und/oder auf falsche Materialauswahl zurückzuführen seien. Die Klägerin bestreitet dies in ihrer Berufung und will stattdessen festgestellt haben, die Schallschutzdefizite seien zumindest teilweise auf den Gebrauch der Zimmereingangstüren, insbesondere auf die mit Hotels typischerweise verbundenen besonderen Gebrauchsformen (zB Reinigungswagen des Room-Service), sowie auf Wartungsversäumnisse zurückzuführen. Die Klägerin zitiert dazu Ausführungen des Sachverständigen Ing. Mag. H*, dass mangelnder Anpressdruck in der Türstockabdichtung durch die besondere Nutzung verursacht worden sein könne, in dem Sinn, dass die Tür bei jedem Schließen automatisch anpresse und automatisch Schließdruck aufbaue durch den Türschließer, sowie dass wenn man zB mit einem Reinigungswagen die Türe öffne, indem man mit dem Wagen die Türe anschiebt und öffnet, dass es dann zu unterschiedlichen Kraftangriffspunkten am Türblatt bzw. auf der Türe und zu einer Beanspruchung unter anderem der Türbänder in einer unangemessenen Weise komme, die dann auch auf die Abdichtung der Türe rückwirken und Beschädigungen oder eine Veränderung der Falzgeometrie verursachen könne, was zu einem mangelnden Schallschutz führen könne. Außerdem könne laut dem Sachverständigen keine pauschale Aussage zu Wartungsversäumnissen getroffen werden, dies müsse im Einzelfall geprüft werden. Der Schließer sei aber nach zumindest drei Parametern einzustellen und müsse justiert werden; das sei ein Thema, das regelmäßig geprüft werden müsse, weshalb dazu Wartungsthemen nicht ausgeschlossen werden können.

Es steht aber gar nicht fest, ob eine erforderliche Wartung und Prüfung der Einstellung der Zimmereingangstüren unterblieben ist; die vom Sachverständigen angesprochene erforderliche Prüfung im Einzelfall ist unterblieben. Ebensowenig steht fest, dass die Zimmereingangstüren vom Room-Service tatsächlich geöffnet werden, indem sie mit dem Reinigungswagen die Tür aufdrücken. Es ist unwahrscheinlich, dass in einem Luxushotel wie in dem der Beklagten so gearbeitet wird, zumal eine Zimmereingangstür ja nur in eine Richtung so aufgedrückt werden kann; in die andere Richtung muss sie zwangsläufig von Hand geöffnet und beim Durchgehen der Putzwagen nachgezogen werden. Wenn das das Reinigungspersonal in die eine Richtung (beispielsweise beim Betreten der Zimmer) so machen muss ist anzunehmen, dass es auch in die andere Richtung (beim Verlassen der Zimmer) die Tür von Hand öffnen und den Reinigungswagen nachziehen wird, anstatt in diese Richtung die Tür mit dem Reinigungswagen aufzudrücken und Beschädigungen (der Tür oder des Reinigungswagens) in Kauf zu nehmen. Für ein solches Aufdrücken der Türen gibt es jedenfalls keinen Nachweis. Wohl auch deshalb ist die von der Klägerin hier gewünschte Feststellung (dass die Schallschutzdefizite „zumindest teilweise“ auf den Gebrauch der Zimmereingangstüren und auf Wartungsversäumnisse zurückzuführen seien) auch wenig konkret. Somit ist die Beweisrüge auch in diesem Punkt nicht berechtigt.

6. Zuletzt bestreitet die Klägerin auch noch die Feststellung, dass nicht festgestellt werden könne, dass zur Verbesserung des Schallschutzes bei den Zimmereingangstüren des Hotels die Ertüchtigung, der Austausch oder die Verstärkung der Dichtungen – statt des Austausches des gesamten Türsystems (Türstock und Türblatt) – ausreicht, um den vereinbarten Schalldämmwert des Türsystems herzustellen bzw. zu erreichen. Die Klägerin will stattdessen festgestellt haben, dass zur Verbesserung des Schallschutzes bei den Eingangstüren zu 45 Zimmern die Ertüchtigung, der Austausch oder die Verstärkung der Dichtungen ausreichen, um den vereinbarten Schalldämmwert des Türsystems herzustellen. Der Sachverständige Ing. Mag. H* habe nur zu einzelnen Türen als Behebungsaufwand „Neuanfertigung“ attestiert, weshalb im Umkehrschluss davon auszugehen sei, dass dies bei den nicht genannten Türsystemen nicht erforderlich sei. Der Sachverständige habe auch erklärt, es habe bei den befundeten Türen durchaus auch solche gegeben, bei welchen nur geringe Korrekturen erforderlich seien.

Diese letzte Aussage des Sachverständigen (Seite 10 f in ON 165.4) betrifft allerdings bloß eine einzige Zimmertür, nämlich die zum Apartment 212 (siehe dazu die Seiten 188 ff im Gutachten des Sachverständigen ON 120.1), zu welcher Tür das Erstgericht gar nichts festgestellt hat. Der Sachverständige Ing. Mag. H* hat außerdem auf Fragen des Richters unmissverständlich klargestellt, dass man zwar zuerst versuchen kann, die Dichtungen zu tauschen, zumal das die preiswerteste Möglichkeit sei, dass aber dabei keine Erfolgsgarantie bestehe, solcherart die festgestellten Mängel zu beheben (Seite 15 in ON 165.4). Die gewünschte Feststellung, dass bei 45 der 65 schadhaften Türsysteme ein Austausch oder eine Verstärkung der Dichtungen bereits ausreicht, um die bestehenden Mängel zu beheben, lässt sich aus den Beweisergebnissen - trotz der umfangreichen Gutachten der Sachverständigen - daher nicht ableiten.

Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und einer überzeugenden und richtigen Beweiswürdigung und legt sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde. Davon ausgehend bleibt auch die Rechtsrüge der Klägerin erfolglos.

Zur Behauptung sekundärer Feststellungsmängel:

Die Klägerin macht in ihrer Berufung mehrfach geltend, dass das Erstgericht Feststellungen nicht getroffen hat, die ihrer Ansicht nach für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant gewesen wären.

7. Die Klägerin meint, das Erstgericht hätte feststellen müssen, welche Einnahmen die Beklagten aus der Vermietung der Räume erzielt hat, bei deren Türen das Erstgericht Mängel festgestellt hat. Immerhin habe die Klägerin vorgebracht, dass die Beklagte im Jahr 2018 ausschließlich aus dem Betrieb ihres Hotels einen Nettoumsatz von ca. 7,8 Millionen erzielt habe.

Zu diesem Thema hat die Klägerin aber keine Beweisanträge gestellt und es gibt auch keine Beweisergebnisse außer der 38 Seiten umfassenden nicht übersetzten Beilage ./AA in spanischer Sprache, laut dem Vorbringen der Klägerin der Jahresabschluss der Beklagten zum 31.12.2018 samt Prüfbericht (vgl. das Vorbringen der Klägerin auf den Seiten 11 f in ON 19). Für die von der Klägerin vermisste Feststellung zu den Einnahmen der Beklagten aus der Vermietung der einzelnen Zimmer gibt es keine Beweisergebnisse.

8. Die Klägerin meint, das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass die Beklagte sowohl über den Haftrücklass von EUR 135.893,62 als auch über die Erfüllungsgarantie von EUR 96.000,-- frei verfügen könne.

Der Haftrücklass in der genannten Höhe ist unbestritten (die Beklagte hat auf Seite 4 in ON 31 das entsprechende Vorbringen der Klägerin auf Seite 5 der Klage, später präzisiert auf Seite 3 in ON 96, als richtig zugestanden). Das Vorbringen der Klägerin zur Erfüllungsgarantie (Seite 3 in ON 96) hat die Beklagte ebenfalls nicht bestritten, zur Richtigkeit der dazu von der Klägerin vorgelegten Urkunde Beilage ./AH hat sie keine Erklärung abgegeben. Damit ist der rechtlichen Beurteilung auch zugrunde zu legen, dass die Beklagte einen Haftrücklass von EUR 135.893,62 einbehalten und eine als Erfüllungsgarantie der Klägerin gegebene Bankgarantie über EUR 96.000,-- in Anspruch genommen und diesen Betrag ausbezahlt erhalten hat.

9. Die Klägerin beanstandet, dass das Erstgericht bloß festgestellt hat, was einzelne Behebungsarbeiten kosten würden, aber nicht, was die Behebung der konkret festgestellten Mängel (an den 65 Türen) im Einzelnen kosten wird.

Das ist zwar richtig, das entspricht aber auch den Beweisergebnissen, weil der Sachverständige Ing. Mag. H* nicht klären konnte, ob im Einzelfall preiswertere Arbeiten wie der Austausch der Dichtungen reichen werden, um den vereinbarten Schallschutz herzustellen. Weitere Beweisanträge zu dieser Frage wurden von keinem der Streitteile gestellt. Die von der Klägerin vermissten konkreten Feststellungen waren dem Erstgericht daher schlicht nicht möglich.

10. Die Klägerin meint, das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass sich die Beklagte selbst in einem Schreiben von Dezember 2022 auf Gewährleistungsbestimmungen der Preliminary Remarks berufen hat; daraus lasse sich ein schikanöses Verhalten der Beklagten ableiten.

Die Klägerin übersieht allerdings, dass das Erstgericht den maßgeblichen Inhalt dieses Schreibens der Klägerin vom 13.12.2022 (in Rz 95 des Ersturteils) ohnehin festgestellt hat.

11. Das Erstgericht hat zwei Zusatzaufträge der Beklagten an die Klägerin festgestellt (in Rz 10 des Ersturteils) und in seiner Beweiswürdigung ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob weitere Zusatzaufträge erteilt worden seien oder nicht (Rz 103 des Ersturteils). Die Klägerin meint dazu, das Erstgericht hätte zu allen gesondert beauftragten Zusatzleistungen Feststellungen treffen müssen – ohne allerdings anzugeben, welche konkreten Feststellungen dies hätten sein sollen. Das Berufungsgericht schließt sich hier allerdings der Rechtsansicht des Erstgerichts an, dass trotz allfälliger weiterer Zusatzaufträge (welche die Klägerin in ihrem Vorbringen allerdings gar nicht näher präzisiert hat, vgl. ihr Vorbringen auf Seite 6 in ON 19, aber auch die Beilage ./S) ein einheitlicher Werkvertrag vorliegt und das Recht der Beklagten, bei einer gravierenden Mangelhaftigkeit der Arbeitsleistung den gesamten noch aushaftenden Werklohn einzubehalten, durch allfällige weitere der Klägerin erteilte Zusatzaufträge nicht eingeschränkt wird (vgl dazu Pkt 19. dieser Entscheidung).

12. Die Klägerin meint, das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass sich das Zurückbehaltungsrecht nicht auf die beiden Teilrechnungen ** über EUR 101.615,28 und ** über EUR 185.130,09 erstrecke. Die Beklagte habe die Teilrechnungen schon zu einem Zeitpunkt nicht mehr bezahlt, als sie noch gar keine Mängel im Zusammenhang mit dem Schallschutz und den Zimmereingangstüren behauptet habe.

Derartiges hat die Klägerin im Verfahren erster Instanz aber nicht behauptet; sie hat nur zusammenfassend vorgebracht, dass die Beklagte gemäß den gelegten Teilabrechnungen bereits EUR 418.532,65 netto bezahlt hat und dass somit insgesamt noch EUR 704.555,09 netto aushaften (Seite 5 der Klage; siehe auch das Vorbringen der Klägerin auf Seite 7 in ON 19). Ohne ein entsprechendes Vorbringen der Klägerin hatte das Erstgericht zu diesem Thema daher auch keine weiteren Feststellungen zu treffen. Im Übrigen wird das Recht der Beklagten, wegen gravierender Mängel den noch aushaftenden Werklohn noch nicht auszuzahlen, durch die Vereinbarung von Teilabrechnungen nicht beschränkt.

13. Zuletzt meint die Klägerin, das Erstgericht hätte sich allein damit auseinandersetzen dürfen, ob die Hotelzimmereingangstüren die vereinbarte Schalldämmung von RW = 48 dB, RA = 45 dBA erreicht haben. Dies habe das Erstgericht nicht festgestellt. Die vom Erstgericht festgestellte Abweichung von der Schallpegeldifferenz gemäß der ÖNORM B8115-2 sei irrelevant, weil sich der einschlägige Schallschutzwert schon aus der vertraglichen Vereinbarung ergibt.

Wie die Beklagte in ihrer Berufungsbeantwortung richtig aufzeigt, betreffen die in der Berufung genannten vereinbarten Werte die Schalldämmung des Türblattes; dass diese Werte nicht eingehalten worden wären, hat die Beklagte gar nicht behauptet, das hat das Beweisverfahren auch nicht ergeben. Dass die vom Erstgericht – nach einem aufwendigen Sachverständigenverfahren – festgestellten Werte zu den Schalldämmeigenschaften der gesamten Türkonstruktion unrichtig wären, wird in der Berufung nicht behauptet. Weitere Feststellungen dazu waren nicht erforderlich.

Zur weiteren Rechtsrüge:

14.1 Aus Punkt 1.13 der preliminary remarks ist abzuleiten, dass der Auftraggeber grundsätzlich nach der schriftlichen Mitteilung von der Fertigstellung aller beauftragten Leistungen durch den Auftragnehmer die Bauleistungen abnehmen muss. Mängel ändern daran nur etwas, wenn sie als wesentlich erachtet werden; ist dies der Fall dann erfolgt noch keine Abnahme und der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Mängel auf jeden Fall zu beheben. Für nicht wesentlich erachtete Mängel ist eine Frist zur Behebung einzuräumen und es kann bloß ein entsprechender Betrag einbehalten werden.

Das Erstgericht war der Ansicht, dass bereits die festgestellten Mängel bei den Zimmereingangstüren im Sinne der vertraglichen Vereinbarung wesentliche Mängel sind, weshalb es gar nicht geprüft hat, ob noch weitere Mängel (die Beklagte behauptet hunderte weitere Mängel) vorgelegen haben.

Die Klägerin vertritt in ihrer Rechtsrüge die Ansicht, die vom Erstgericht festgestellten Mängel an den Zimmereingangstüren seien keine wesentliche Mängel im Sinne des Vertrags. Sie meint, das Erstgericht habe Defekte an 45 Türen festgestellt; bei einem angenommenen Reparaturaufwand von EUR 500,-- pro Tür wären die Behebungskosten EUR 22.500,-- und damit nur knapp mehr als 2 % des gesamten Leistungsvolumens von über einer Million Euro.

14.2 Allerdings hat das Erstgericht Mängel bei 65 Zimmereingangstüren festgestellt, nämlich bei 64 Türen (Rz 17 bis 80 des Ersturteils) und zusätzlich noch (in Rz 15) Mängel bei der Tür des Zimmers 610. Was die Behebung dieser Mängel insgesamt kosten würde, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

14.3 Im Übrigen kann die Frage, ob ein Mangel wesentlich ist, nicht ausschließlich davon abhängen, mit welchem Aufwand dieser Mangel behoben werden kann. Das Erstgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Türkonstruktionen gemäß der vertraglichen Vereinbarung die Schallschutzwerte der ÖNORM B8115-2 erreichen müssen; nach den Feststellungen werden diese Schallschutzwerte bei zumindest 19 Zimmern deutlich verfehlt. Bei einem weiteren Zimmer, bei welchem die Klägerin nachträglich zusätzliche Türdichtungselemente eingebaut hat, wird der Mindestschalldämmwert noch immer maßgeblich unterschritten. Bei 19 dieser 20 Zimmer und bei 46 anderen wurden Mängel bei den jeweiligen Türkonstruktionen festgestellt.

Damit sind von den 95 Zimmereingangstüren (gemeint ist hier die gesamte Türkonstruktion) gut zwei Drittel mangelhaft, bei gut einem Fünftel davon ist die Schalldämmung zum Gang deutlich unzureichend. Die Behebung dieser Mängel in zahlreichen Zimmern in allen Stockwerken des Hotels ist jedenfalls aufwendig, zumal vorweg nicht geklärt ist, welche Arbeiten bei den einzelnen Zimmern jeweils ausreichen, um den erforderlichen – und vereinbarten – Schallschutz herzustellen.

15. Die wesentlichen und die nicht wesentlichen Mängel werden in den Preliminary Remarks nicht näher umschrieben. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann ein nicht wesentlicher Mangel aber nur ein Mangel sein, der schnell und einfach behoben werden kann. Erfordert die Behebung wie hier Arbeiten an zwei Dritteln aller Hotelzimmertüren in allen Stockwerken des Hotels, wobei zumindest zum Teil auch Türstock und Türblatt ausgetauscht werden müssen, dann ist ein solcher Mangel, insgesamt betrachtet, wesentlich und berechtigt die Beklagte dazu, die Abnahme der Bauleistungen abzulehnen.

16.1 Die Klägerin meint in ihrer Rechtsrüge, entgegen der Ansicht des Erstgerichts habe die Beklagte ihre Leistungen faktisch übernommen, weil diese das Hotel mit den Leistungen der Klägerin ja betrieben habe. Die Regelung in den Preliminary Remarks, dass die Benutzung oder Inbetriebnahme der Bauleistungen nicht als Übernahme gelten, sei gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB. Außerdem sei die Weigerung der Beklagten, eine förmliche Übernahme durchzuführen, wegen der Benützung des Werks der Klägerin seit Februar 2018 sittenwidrig und verstoße gegen Treu und Glauben.

Das Erstgericht ist aber zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass die Beklagte das Gewerk auch nicht schlüssig übernommen hat, hat sie doch unmissverständlich klargestellt, dass sie die Übernahme des Gewerks verweigert (Rz 82 des Ersturteils). Eine konkludente Willenserklärung setzt voraus, dass kein vernünftiger Zweifel an einem entsprechenden Rechtsfolgewillen des konkludent Erklärenden bestehen kann (vgl. Bollenberger / P. Bydlinski in KBB 7 § 863 ABGB Rz 6 mwN). Die Klägerin konnte aber keineswegs davon ausgehen, dass die Beklagte bloß durch die Eröffnung ihres Hotels ihr Gewerk übernimmt, wenn ihr die Beklagte gleichzeitig mitteilt, dass sie dies gerade nicht tut, und auch noch zahlreiche Mängel geltend macht, die im Übrigen von der Klägerin in weiterer Folge auch teilweise behoben wurden.

16.2 Die Weigerung der Beklagten, das Werk der Klägerin zu übernehmen, war auch keineswegs treuwidrig, sondern berechtigt, lagen (und liegen) doch, wie oben dargestellt, wesentliche Mängel vor, welche die Klägerin noch nicht behoben hat.

17.1 Die Klägerin meint, dass die Beklagte den Großteil des Werklohns zurückbehalte sei schikanös, weil der Reparaturaufwand lediglich wenige Prozent des Leistungsvolumens betrage und die Beklagte seit über sechs Jahren Einnahmen aus dem Hotel lukriere.

17.2 Tatsächlich besteht ein Zurückbehaltungsrecht betreffend den Werklohn bis zur vollständigen Verbesserung des Werkes dann nicht, wenn die Ausübung dieses Rechts zur Schikane ausartet. Das ist dann der Fall, wenn das unlautere Motiv der Handlung die lauteren Motive eindeutig überwiegt, dieses unlautere Motiv also augenscheinlich im Vordergrund steht, oder auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des Anderen ein krasses Missverhältnis besteht (4 Ob 128/23m JBl 2024, 727).

Bei der Beurteilung ob Schikane vorliegt wird einerseits auf das Verhältnis zwischen dem noch offenen Werklohn und dem Verbesserungsaufwand (und nicht auf dessen Verhältnis zum gesamten Werklohn) abgestellt, ohne dass es aber eine „fixe Prozentsatzgrenze“ im Verhältnis zwischen (restlichem) Werklohn und Verbesserungsaufwand gibt (4 Ob 128/23m mwN). Beispielsweise wurde bei einem Verbesserungsaufwand von 2,6 % des offenen Werklohns (10 Ob 384/98p) und bei einem Verbesserungsaufwand von 5 % des noch offenen Werklohns das Vorliegen von Schikane verneint (EvBl 1993/101), bei einem Verbesserungsaufwand von etwa 2,8 % des noch offenen Werklohns bei bloß optischen Mängeln aber bejaht (6 Ob 72/00g).

17.3 Beweispflichtig für Schikane, also dafür, dass der ein Recht Ausübende kein anderes Interesse hatte, als ihm zu schaden, ist hier der Schikane behauptende Kläger (vgl RS0026205). Hier steht hier der genaue Aufwand, der erforderlich wäre, um die vom Erstgericht festgestellten Mängel zu beheben, gar nicht fest. Festgestellt sind Mängel an 65 Zimmertüren. 5 % des offenen von der Klägerin hier eingeklagten Werklohns wären EUR 35.830,90. Der Austausch einer Tür samt Türstock kostet nach den Feststellungen (gemeint netto) EUR 990,85 und damit brutto EUR 1.198,93. Der Verbesserungsaufwand kann daher ohne weiteres 5 % des offenen Werklohns übersteigen; das Gegenteil hat die Klägerin jedenfalls nicht nachweisen können. Die Mängel sind auch keineswegs (wie im Verfahren 6 Ob 72/00g) bloß optische Mängel. Sie gestatten zwar die Benutzung des Hotels und die Vermietung der Hotelzimmer, jedoch ist die in der ÖNORM vorgesehene Schallschutzfunktion etlicher Türen erheblich mangelhaft, was die Beklagte als Betreiberin eines Fünf-Sterne-Hotels nicht hinnehmen muss.

17.4 Im Ergebnis ist es der Klägerin daher nicht gelungen, nachzuweisen, dass das Zurückbehalten des gesamten noch offenen Werklohns durch die Beklagte rechtsmissbräuchlich wäre. Ob abgesehen von den festgestellten Mängeln an den Türen der Hotelzimmer auch noch weitere von der Klägerin zu vertretende Mängel vorliegen, muss daher auch nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht mehr geprüft werden.

18.1 Die Klägerin meint in diesem Zusammenhang auch, es müsse berücksichtigt werden, dass die Beklagte über einen Haftrücklass in Höhe von 10 % des gesamten Werklohns verfüge und über eine Erfüllungsgarantie von EUR 96.000,--. Mit dem Haftrücklass soll aber in erster Linie eine Deckung für zunächst verborgene Mängel geschaffen und ein Hinausschieben der Endabrechnung wegen allenfalls noch vorhandener, aber zunächst noch nicht erkennbarer Mängel verhindert werden. Damit wird aber – ohne anderslautende Vereinbarung – nicht automatisch auf ein darüber hinausgehendes Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers mangels Fälligkeit des Werklohns wegen Unterlassung einer Verbesserung des mangelhaften Werkes verzichtet (4 Ob 128/23m JBl 2024, 727 mwN).

18.2 Die Klägerin hat vorgebracht, der Beklagten eine Erfüllungsgarantie in Form einer abstrakten Bankgarantie über EUR 96.000,-- übergeben zu haben, welche die Beklagte im November 2019 in Anspruch genommen habe; der Beklagten sei dieser Betrag tatsächlich ausbezahlt worden. Die Beklagte hat dieses Vorbringen nicht bestritten. Diese EUR 96.000,-- sind allerdings kein Teil des Klagebegehrens. Die Beklagte hat die Mängel an den Zimmereingangstüren nach den Feststellungen selbst nicht beheben lassen, auch die Klägerin hat diese Mängel nicht behoben. Dass ein Abrufen der abstrakten Bankgarantie der Beklagten einen Einfluss auf ihr Recht, die Auszahlung des restlichen Werklohns bis zur von ihr geforderten Verbesserung von Mängeln des Werkes der Klägerin zu verweigern, haben sollte, hat die Klägerin nicht behauptet, geschweige denn nachgewiesen. Damit hat auch die Inanspruchnahme dieser abstrakten Bankgarantie durch die Klägerin keinen Einfluss auf die Entscheidung des hier zu beurteilenden Rechtsstreits.

19. Zuletzt meint die Klägerin noch, dass nach den Feststellungen neben dem ursprünglichen Werkvertrag zumindest zwei Zusatzleistungen beauftragt worden seien, nämlich Korridor-Doppeltür-Verkleidung, Auftragswert EUR 26.820,12 netto, und Möbel und Polstermöbel, Auftragswert EUR 24.091,40. Das Erstgericht habe das Zurückbehaltungsrecht zu Unrecht auch auf die festgestellten Zusatzleistungen erstreckt; diese gesonderten Zusatzleistungen seien jedenfalls zur Zahlung fällig.

Die Klägerin hat zu diesen Zusatzaufträgen aber kein näheres Vorbringen erstattet; es steht somit nicht fest, ob die Beklagte, die nach den Feststellungen die ersten Teilrechnungen bezahlt hat, diese beiden Zusatzaufträge bezahlt hat oder nicht. Abgesehen davon sind selbst gesondert zu honorierende Zusatzleistungen, die zumindest im Rahmen des ursprünglichen Werkvertrags erbracht werden, keine selbstständigen Teilleistungen und keine eigenständigen Werkverträge, sondern Teil der ursprünglichen einheitlichen Gesamtleistung (8 Ob 117/14k); dies ergibt sich hier auch aus den Feststellungen des Erstgerichts (vgl Rz 10 des Ersturteils). Selbst wenn die Beklagte diese beiden Zusatzleistungen nicht bezahlt haben sollte, ist sie wegen der festgestellten von der Klägerin noch nicht behobenen Mängel am Gesamtwerk berechtigt, auch deren Bezahlung zurückzuhalten.

Somit ist auch die Rechtsrüge der Klägerin nicht berechtigt, der Berufung ist keine Folge zu geben.

20. Gemäß §§ 41 und 50 ZPO muss die Klägerin der Beklagten die Kosten der Rekursbeantwortung ersetzen. Allerdings unterliegen Leistungen eines österreichischen Rechtsanwalts für einen ausländischen Unternehmer wie hier die Beklagte nicht der österreichischen Umsatzsteuer. Verzeichnet der österreichische Rechtsanwalt wie hier die Beklagtenvertreterin im Prozess kommentarlos 20 % Umsatzsteuer, so wird im Zweifel nur die österreichische Umsatzsteuer angesprochen. Ist die Höhe des ausländischen Umsatzsteuersatzes nicht allgemein bekannt, könnte die ausländische Umsatzsteuer nur zugesprochen werden, wenn sie bescheinigt wird. Das hat die Beklagtenvertreterin hier aber unterlassen.

21. Die zu beurteilenden Rechtsfragen, etwa ob die vom Erstgericht festgestellten Mängel im Sinne der vertraglichen Vereinbarung als wesentlich zu qualifizieren sind, waren hier bloß Einzelfallentscheidungen und somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, weshalb die ordentliche Revision nicht zulässig ist.