JudikaturOLG Linz

7Bs121/25f – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Einzelrichterin in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verdachts des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des A* B* gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 15. Juli 2025, HR*-15, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

BEGRÜNDUNG:

Ein von der Staatsanwaltschaft Linz zu St* gegen A* B* wegen des Verdachts des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen geführtes Ermittlungsverfahren wurde am 13. Jänner 2025 gemäß § 190 StPO eingestellt (ON 1.11).

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 25. November 2024 war dem damaligen Beschuldigten ein Amtsverteidiger gemäß § 61 Abs 3 iVm 61 Abs 1 Z 5a StPO beigegeben worden (ON 1.5). Im Rahmen der Beigebung wurde Rechtsanwalt Mag. C* zum Amtsverteidiger bestellt (ON 4) und zu einer für den 16. Jänner 2025 anberaumten kontradiktorischen Einvernahme geladen.

Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens beantragte der Amtsverteidiger mit Schriftsatz vom 17. März 2025 (ON 10) die ihm für die Vertretung entstandenen Kosten mit EUR 1.790,04 (darin enthalten EUR 298,34 an USt und EUR 20,50 an Ust-pflichtigen Barauslagen) zuzüglich der Kosten des Antrags gemäß § 395 Abs 5 StPO zu bestimmen.

Der vormalige Beschuldigte sprach sich über seinen (gewählten) Anwalt Mag. D* am 8. April 2025 auch unter Verweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz zu 9 Bs 170/24z dagegen aus, weil er am 12. Dezember 2024 nach Erhalt eines Schreibens des Amtsverteidigers diesem gegenüber telefonisch geäußert habe, dass er bereits einen Wahlverteidiger, nämlich die Dr. E* F* Rechtsanwalts KG bevollmächtigt habe, sowie dass seine Gattin von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen werde (ON 11).

Dieses Vorbringen hatte der vormalige Beschuldigte bereits am 21. März 2025 telefonisch dem Erstgericht bekannt gegeben (ON 1.13). Der diesbezügliche Amtsvermerk (ON 1.13) wurde dem Amtsverteidiger zur Äußerung übermittelt (ON 1.14).

Der Amtsverteidiger äußerte sich dazu und zur Stellungnahme des vormaligen Beschuldigten zum Kostenbestimmungsantrag mit Schriftsatz vom 14. April 2025 (ON 12) dahingehend, dass er zusammengefasst die Bestimmung seiner Kosten wie bisher zuzüglich der Kosten der neuen Äußerung beantrage.

In einer Mitteilung vom 16. April 2025 (ON 13) verwies der anwaltlich vertretene vormalige Beschuldigte auf seine bisherigen Einwände, wogegen sich wiederum der Amtsverteidiger am 23. April 2025 äußerte (ON 14).

Mit dem angefochtenen Beschluss wurden die Kosten gemäß § 395 Abs 2 StPO insofern antragsgemäß mit EUR 1.790,04 bestimmt und (unbekämpft) das darüber hinausgehende Mehrbegehren für die Entlohnung des Kostenbestimmungsantrags und der Äußerungen des Amtsverteidigers abgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde des A* B* (ON 16 iVm ON 17), zu der sich der Amtsverteidiger am 29. September 2025 geäußert hat, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, dass zur Vermeidung von Wiederholungen zur genauen Chronologie und insbesondere zu den Inhalten der erwähnten Schreiben auf die umfassenden, am Akt orientierten Wiedergaben und Ausführungen des Erstgerichts (ON 15, 2 bis 9) verwiesen wird.

Wird zwischen dem von Amts wegen bestellten Verteidiger und dem von ihm vertretenen Beschuldigten über die Entlohnung kein Übereinkommen erzielt, hat das Gericht nach Maßgabe von § 395 Abs 1 bis 4 StPO die Entlohnung des Amtsverteidigers festzusetzen und dem Angeklagten die Zahlung aufzutragen (§ 395 Abs 5 StPO).

Grundsätzlich unterliegt die Honorierung des Amtsverteidigers der freien Vereinbarung (§ 394 StPO). Für die Prüfung der Angemessenheit der beanspruchten Entlohnung im Offizialverfahren können als Basis, wenngleich nicht rechtsverbindlich, die allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) dienen. Den darin wiedergegebenen Bemessungsgrundlagen und Honoraransätzen kommt die Bedeutung einer gutachterlichen Äußerung über die konkrete Bewertung der rechtsanwaltlichen Leistungen zu (RIS-Justiz RS0101502; Lendlin WK-StPO § 395 Rz 2f und Rz 25 mwN). Bei Bemessung der Kosten hat das Gericht zu prüfen, ob die vorgenommenen Vertretungshandlungen notwendig oder sonst nach der Beschaffenheit des Falles gerechtfertigt waren. Notwendig sind sie dann, wenn sie durch die Prozesslage und die Verfahrensvorschriften erzwungen werden (15 Os 88/20k). Die Notwendigkeit ist aus der ex-ante-Perspektive am objektiven Maßstab einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu messen (12 Os 36/07x MH). Demnach kann auch eine Prozesshandlung, die letztlich nicht erfolgreich war, notwendig gewesen sein. Ob eine Handlung gerechtfertigt war, ist zwar ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls, aber aus einer ex-post-Betrachtung zu beurteilen ( Lendl aaO Rz 15f mwN).

Gemessen an diesen Kriterien ist die erstgerichtliche Entscheidung nicht korrekturbedürftig.

Sämtliche vom Amtsverteidiger angesprochenen Kosten (für fünf Briefe an A* B*, drei Telefonate mit A* B*, dem Landesgericht Linz sowie der OÖ Rechtsanwaltskammer und ein e-mail an die OÖ Rechtsanwaltskammer) sind in Übereinstimmung mit dem Erstgericht vor dem Hintergrund der bereits anberaumten kontradiktorischen Einvernahme, des Umstands, dass A* B* trotz eines Hinweises in der Ladung keinen Verteidiger namhaft gemacht hat, und unter weiterer Berücksichtigung der vom Amtsverteidiger verzeichneten Leistungen wegen Erhebungen im Zusammenhang mit dem von A* B* im ersten Telefonat erwähnten Wahlverteidiger gemessen am Umfang im Beigebungsbeschluss (ex-ante) notwendig und (ex-post auch) gerechtfertigt. Dabei ist auch zu bewerten, dass sich die Kontaktaufnahme zwischen Beschuldigten und Amtsverteidiger offenbar nicht ganz problemlos gestaltete.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider kann angesichts der Chronologie des Verfahrens und mit Blick auf die vom Amtsverteidiger vorgelegten Unterlagen (ON 12.3 bis ON 12.10) von (bloßen) Recherchen, die allein der Informationsaufnahme dienten und nicht entgeltsfähig seien, nicht mehr gesprochen werden. Auch dass A* B* im Telefonat vom 12. Dezember 2024 bereits auf seinen Wahlverteidiger Dr. F* hingewiesen hat, vermag angesichts der Erkenntnisse der dazu getätigten Nachforschungen des Amtsverteidigers noch nichts an dieser Beurteilung zu ändern.

Soweit in der Beschwerde die Kostenforderung auch der Höhe nach bestritten wird (etwa Zuspruch nach TP 6 statt richtig TP [gemeint] 5]), vermag sie noch keinen korrekturbedürftigen Fehler bei der Verzeichnung aufzuzeigen. Es handelt sich bei den verzeichneten Schreiben zwar überwiegend um keine umfangreichen Eingaben, die Anwendung von TP 6 RATG ist jedoch gerade noch angemessen. Dasselbe gilt im Ergebnis für den verzeichneten Informationszuschlag, der nach den Anmerkungen zu TP 5 und TP 6 als Entlohnung für die Information aus den Akten oder mit der Partei in Höhe der Hälfte der Entlohnung nach diesem Tarifposten vorgesehen ist (vgl. LGZ Graz 3 R 233/20m) und der bei jedem Schreiben in die Honorarnote aufgenommen werden kann, wenn Informationen aus dem Akt Verwendung fanden ( Ziehensack Praxiskommentar Kostenrecht Rz 1392). Der Informationszuschlag dient grundsätzlich der Abgeltung des Aufwands der Informationsbeschaffung durch Gespräche etwa mit Mandanten oder Einsichtnahme in (fremde) Akten (zB Gerichtsakten), nicht aber der „Gedächtnisauffrischung“ an Hand des eigenen Handakts (vgl. LG St. Pölten 23 R 229/18a), wovon hier nicht auszugehen ist.

Davon, dass A* B* im relevanten Zeitraum die Dr. E* F* Rechtsanwalts KG bevollmächtigt hätte, kann nach dem Inhalt des Aktes nicht angenommen werden. Daher ist der hier besonders gelagerte Sachverhalt in Übereinstimmung mit dem Erstgericht auch nicht mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz vom 24. September 2024 zu 9 Bs 170/24z vergleichbar.

Dass der Amtsverteidiger – wie ohnehin bereits vom Erstgericht angesprochen – nach dem Telefonat mit A* B* keinen Kontakt mit Rechtsanwalt Dr. F* aufgenommen hat, kann an dieser Einschätzung ebenso wenig ändern wie der Umstand, dass G* B* die Briefe des Amtsverteidigers nicht einmal erhalten haben will.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).