Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr. Patrick Eixelsberger sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. a Birgit Ritzberger (Kreis der Arbeitgeber) und KR Ing. Bernhard Steiner (Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, B*straße C*, D*, vertreten durch E* und andere, Rechtsreferenten der Kammer für Arbeiter und Angestellte für F*, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse , Landesstelle F*, G*-Weg **, ** F*, vertreten durch ihre Angestellte Mag. a H*, wegen Familienzeitbonus, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. Juni 2025, Cgs* 6, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die ordentliche Revision ist zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist der Vater der am ** geborenen I*.
Die Lebensgefährtin des Klägers und die gemeinsame Tochter befanden sich ab der Geburt bis zum 4.11.2024 in stationärer Behandlung und Verpflegung in der Privatklinik J*. In diesem Zeitraum war der Kläger zusammen mit seiner Lebensgefährtin und Tochter im Familienzimmer untergebracht. Dabei widmete sich der Kläger täglich um die Pflege und Betreuung seiner Tochter.
Ab dem 4.11.2024 waren die Tochter des Klägers, der Kläger und seine Lebensgefährtin dann am gemeinsamen Wohnsitz in der B*straße C* in D* aufhältig.
Am 22.11.2024 beantragte der Kläger Familienzeitbonus für seine Tochter I* in der Variante 31 Tage, beginnend mit 30.10.2024.
Mit Bescheid vom 3.4.2025 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zuerkennung des Familienzeitbonus zur Gänze ab, weil die Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs 1 Z 4 iVm § 2 Abs 3 FamZeitbG (gemeinsamer Haushalt) aufgrund der stationären Behandlung vom 30.10.2024 bis 3.11.2024 nicht erfüllt sei und sich dadurch eine Familienzeit von 4.11.2024 bis 29.11.2024 ergebe, womit die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs 1 Z 3 iVm § 2 Abs 4 Z 2 FamZeitbG nicht erfüllt seien.
Der Kläger begehrte mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage die Zuerkennung des Familienzeitbonus „im gesetzlichen Umfang“ für den Zeitraum von 30.10.2024 bis 29.11.2024. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs 3a FamZeitbG, wonach bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch den Vater und den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich zwei Stunden täglich ausnahmsweise der gemeinsame Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG angenommen wird, seien im vorliegenden Fall erfüllt. Ein solcher Krankenhausaufenthalt des Kindes stehe dem Vorliegen einer Familienzeit nach § 2 Abs 4 FamZeitbG nicht entgegen. Im Übrigen komme nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus für die Tage, an denen alle sonstigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, in Betracht, auch wenn es während des Anspruchszeitraumes an einzelnen Tagen an der Erfüllung einer der Anspruchsvoraussetzungen fehle.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Ihr sei keine Bestätigung der Privatklinik J* betreffend die Pflege und Betreuung des Kindes durch beide Elternteile nachgewiesen worden und sei der Krankenhausaufenthalt der Tochter des Klägers nicht medizinisch indiziert gewesen. Während der Zeit im Krankenhaus würden die Pflege und Betreuung des Kindes durch Leistungen der Krankenanstalt abgedeckt, weshalb diese Zeit nicht dazu beitrage, den vom Gesetzgeber intendierten Leistungszweck zu erreichen, der darin liege, dass der Vater die Partnerin bei der Pflege und Betreuung des Kindes unterstütze und eine frühzeitige emotionale Bindung zwischen Kind und Vater entstehe. Der Familienzeitbonus gebühre somit bei einer Geburt im Krankenhaus frühestens ab der Entlassung von Mutter und Kind aus dem Krankenhaus und nicht während des Krankenhausaufenthaltes von Mutter und Kind. Eine anteilige Auszahlung des Familienzeitbonus komme nur in Betracht, wenn sich der Kläger zumindest 28 Tage in Familienzeit befunden habe und eine der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des § 2 FamZeitbG fehle. Da die Kindesmutter und Tochter des Klägers erst am 4.11.2024 aus dem Krankenhaus entlassen worden seien und die Familienzeit daher erst am 4.11.2024 begonnen habe, werde die Mindestdauer der Familienzeit von 28 Tagen nicht erreicht.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht der Klage statt und verpflichtete die Beklagte zur Gewährung des Familienzeitbonus im gesetzlichen Ausmaß von EUR 52,46 täglich. Es legte den auf Seite 2 ersichtlichen Sachverhalt zugrunde, der bereits eingangs zusammengefasst (§ 500a ZPO) wiedergegeben wurde.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass auch ein unmittelbar an die Geburt anschließender gemeinsamer Krankenhausaufenthalt des Kindes mit der Mutter von üblicher Dauer medizinisch indiziert sei, weshalb bei der vorliegend bejahten Erfüllung der weiters von § 2 Abs 3a FamZeitbG geforderten Mindestbetreuungsleistung ausnahmsweise bereits während des Krankenhausaufenthaltes ein gemeinsamer Haushalt angenommen werden könne, der dem Vorliegen von Familienzeit nach § 2 Abs 4 FamZeitbG nicht entgegenstehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung bzw Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Kläger hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
A. Zur Beweisrüge bzw Aktenwidrigkeit:
Die Berufung bekämpft die Feststellung, wonach sich der Kläger [während des Krankenhausaufenthaltes] täglich um die Pflege und Betreuung seiner Tochter kümmerte. Ersatzweise soll eine Negativfeststellung getroffen werden. Aus den vom Erstgericht zur Begründung herangezogenen Urkunden lasse sich die bekämpfte Feststellung nicht ableiten.
Dazu ist auszuführen:
1. Der Berufung ist zwar beizupflichten, dass aus der Aufenthaltsbestätigung der Privatklinik Beilage ./D bloß hervorgeht, dass der Kläger in der Zeit von 29.10.2024 bis 4.11.2024 im Krankenhaus im Familienzimmer aufgenommen wurde, und das Erstgericht die bekämpfte Feststellung letztlich nicht näher begründet hat.
2. Dies wird nunmehr vom Berufungsgericht mangels unmittelbarer Beweisaufnahme durch das Erstgericht ohne Beweiswiederholung nachgetragen:
Aus der Beilage ./5 geht hervor, dass die Aufnahme des Klägers im Krankenhaus nicht medizinisch indiziert war, wovon auch die Beklagte im gesamten Verfahren ausgeht. Vor diesem Hintergrund kann die Aufnahme des Klägers im Familienzimmer mit seiner Lebensgefährtin und Tochter augenscheinlich nur dem Zweck gedient haben, ihnen den gesamten Tag über hilfreich zur Seite zu stehen und sie daher persönlich zu pflegen und zu betreuen. Dies folgt auch aus den Ausführungen des Klägers in seinem E-Mail vom 17.2.2025 (Beilage ./5), die durch den Papamonat erhaltene „Freizeit“ ausnahmslos seiner Familie gewidmet zu haben. Damit ist die bekämpfte Feststellung unbedenklich und wird diese vom Berufungsgericht ausdrücklich aufrechterhalten sowie aus den vorstehenden Erwägungen dahin ergänzt, dass die Pflege und Betreuung der Tochter durch den Kläger mindestens zwei Stunden pro Tag betragen hat.
B. Zur Rechtsrüge:
Die Berufung vertritt unter Verweis auf die Materialien zu § 2 Abs 3a FamZeitbG und eine Literaturmeinung die Auffassung, dass ein Krankenhausaufenthalt im Anschluss an eine komplikationslose Geburt nicht als medizinisch indiziert anzusehen sei. Der vom Gesetzgeber intendierte Leistungszweck könne unter Verweis auf 10 ObS 109/18d gerade nicht während eines Krankenhausaufenthaltes von Mutter und Kind verwirklicht werden, weil während dieser Zeit die Pflege und Betreuung des Kindes vielmehr durch Leistungen der Krankenanstalt abgedeckt würden. Aus diesem Grund gebühre der Familienzeitbonus daher bei einer Geburt im Krankenhaus frühestens ab der Entlassung von Mutter und Kind aus dem Krankenhaus und nicht bereits während ihres Krankenhausaufenthaltes nach der Geburt. Aufgrund des normal geplanten Krankenhausaufenthaltes von Mutter und Kind nach der Geburt und der darin gegründeten fehlenden Möglichkeit des Klägers, sich seinem Kind und seiner Partnerin zu widmen und diese zu unterstützen, habe sich der Kläger jedenfalls erst ab dem Zeitpunkt ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus in Familienzeit im Sinn des § 2 Abs 4 FamZeitbG befunden, weshalb das geforderte Mindestmaß von 28 Tagen an Familienzeit nicht erreicht werde und kein Anspruch auf den Familienzeitbonus bestehe. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs komme eine anteilige Auszahlung des Familienzeitbonus nämlich nur in Betracht, wenn eine der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des § 2 FamZeitbG zeitweise fehle. Dies treffe jedoch auf die vorliegende Konstellation nicht zu, weil das Mindestmaß an Familienzeit aufgrund des (routinemäßigen) Krankenhausaufenthaltes von Mutter und Kind nach der Geburt bereits von Beginn an nicht erfüllt worden sei. Die Rechtsprechung zur anteiligen Auszahlung könne im vorliegenden Fall daher nicht zur Anwendung gelangen.
1. Dazu hat der erkennende Senat unlängst wie folgt ausgeführt:
4.1 Nach den vorliegend strittigen Voraussetzungen nach § 2 Abs 1 FamZeitbG hat ein Vater Anspruch auf einen Familienzeitbonus, sofern er sich im gesamten Anspruchszeitraum in Familienzeit nach Abs 4 befindet (Z 3) und er, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt nach Abs 3 leben (Z 4).
4.1.1 Ein gemeinsamer Haushalt liegt nach § 2 Abs 3 FamZeitbG nur dann vor, wenn der Vater, das Kind und der andere Elternteil in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und alle drei an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Eine höchstens bis zu zehn Tagen verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse schadet nicht.
4.1.2 Als Familienzeit versteht man nach § 2 Abs 4 FamZeitbG den Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen (§ 3 Abs 2 leg.cit.), in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu die Erwerbstätigkeit unterbricht, keine andere Erwerbstätigkeit ausübt, keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie keine Entgeltfortzahlung aufgrund von oder Leistungen bei Krankheit erhält.
4.1.3 Nach der ursprünglichen Auffassung des Obersten Gerichtshofs lag bei einem Krankenhausaufenthalt von Mutter und Kind nach der Geburt kein gemeinsamer Haushalt vor (10 ObS 109/18d), auch nicht bei Aufenthalt in einem Familienzimmer (10 ObS 101/19d). Dies veranlasste den Gesetzgeber zur Einfügung des verfassungsrechtlich unbedenklichen (VfGH G 201/2020) Abs 3a in § 2 FamZeitbG durch BGBl I 2019/24, anwendbar auf Geburten nach dem 31. Dezember 2018. Für Geburten nach dem 31. Oktober 2023 wurde durch BGBl I 2023/115 zudem die Mindestbetreuungszeit des Vaters auf zwei Stunden täglich reduziert. Daher wird gemäß § 2 Abs 3a FamZeitbG in der seit 1. November 2023 geltenden Fassung bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch den Vater und den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich zwei Stunden täglich ausnahmsweise der gemeinsame Haushalt im Sinne des § 2 Abs 3 leg.cit. angenommen. Ein solcher Krankenhausaufenthalt des Kindes steht dem Vorliegen einer Familienzeit nach § 2 Abs 4 leg.cit. nicht entgegen.
4.1.4 Nach den Materialien zu § 2 Abs 3a FamZeitbG ist der Krankenhausaufenthalt des Kindes beispielsweise aufgrund einer schweren Erkrankung des Kindes oder im Falle eines Frühchens medizinisch indiziert. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers hat der Vater das Ausmaß der Pflege und Betreuung des Kindes durch ihn und den anderen Elternteil durch Bestätigungen des Krankenhauses beim Krankenversicherungsträger nachzuweisen (IA 584/A BlgNR 26. GP, 3 bzw AB 494 BlgNR 26. GP, 2).
5. Mit der Entscheidung 10 ObS 161/21f ist der Oberste Gerichtshof nach von der Lehre geäußerter Kritik von seiner bis dahin (ständigen) Rechtsprechung abgegangen, wonach kein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus bestehe, weil sich Familienzeit und der beantragte Bezugszeitraum decken müssten und die Familienzeit nicht kürzer andauern dürfe als der gewählte Anspruchszeitraum. Seither gilt in mittlerweile gefestigter ständiger Rechtsprechung Folgendes: Unterbricht der Vater für den gesamten beantragten Anspruchszeitraum, der zwischen 28 und 31 Tagen umfassen muss, seine Erwerbstätigkeit, um sich aus Anlass der Geburt eines Kindes seiner Familie zu widmen (Familienzeit), und fehlt es während des Antragszeitraums nur an einzelnen Tagen an der Erfüllung einer der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des § 2 FamZeitbG, so besteht (nur) für die Tage, an denen alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus (RS0133955).
5.1 Das Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung gründeten die Höchstrichter neben den Ausführungen von I. Faber (DRdA 2022, 18 [insb 20 f]) insbesondere auf eine stärkere Fokussierung auf den Zweck des Familienzeitbonus laut den Gesetzesmaterialien samt Berücksichtigung des Gebots zur richtlinienkonformen Interpretation im Lichte der RL (EU) 2019/1158 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates (in der Folge kurz RL (EU) 2019/1158) unter expliziter Bezugnahme auf deren ErwGr 11 (10 ObS 161/21f, Rz 29 sowie 33 ff, insb Rz 38).
5.1.1 Der Zweck des Familienzeitbonus für Väter wird in den Gesetzesmaterialien wie folgt beschrieben (ErläutRV 1110 BglNR 24. GP, 1): Erwerbstätige Väter, die sich direkt nach der Geburt ihres Kindes intensiv und ausschließlich der Familie widmen, sollen eine finanzielle Unterstützung erhalten. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Familiengründungszeit wichtig ist, damit das Neugeborene rasch eine sehr enge emotionale Bindung (auch) zum Vater aufbauen, dieser seine unter den Auswirkungen der gerade erfolgten Geburt stehende Partnerin bei der Pflege und Betreuung des Säuglings, bei den Behördenwegen, bei Haushaltsarbeiten etc bestmöglich unterstützen kann, und um den Zusammenhalt in der Familie von Anfang an zu stärken.
5.1.2 Die RL (EU) 2019/1158 enthält nach deren Artikel 1 Mindestvorschriften, um die Gleichstellung von Männern und Frauen im Hinblick auf Arbeitsmarktchancen und die Behandlung am Arbeitsplatz dadurch zu erreichen, dass Arbeitnehmern, die Eltern oder pflegende Angehörige sind, die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben erleichtert wird. Diese Mindestvorschriften dieser Richtlinie werden von den Bestimmungen des FamZeitbG grundsätzlich übererfüllt. Der ErwGr 11 der RL (EU) 2019/1158 lautet: Der derzeitige Rechtsrahmen der Union bietet Männern nur wenige Anreize, um einen gleichwertigen Anteil an den Betreuungs- und Pflegeaufgaben zu übernehmen. In vielen Mitgliedstaaten gibt es keinen bezahlten Vaterschafts- und Elternurlaub, weshalb nur wenige Väter einen Urlaub in Anspruch nehmen. Die Politik zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Frauen bzw. Männer ist so unausgewogen gestaltet, dass sie die Geschlechterstereotype und -unterschiede sowohl im Beruf als auch im Bereich von Betreuung und Pflege noch verstärkt. Mit Gleichbehandlungsmaßnahmen sollte unter anderem das Problem der Stereotype bei der Beschäftigung und den Rollen sowohl von Männern als auch von Frauen angegangen werden, und die Sozialpartner sind dazu angehalten, ihrer Schlüsselrolle gerecht zu werden, indem sie sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber informieren und sie für die Bekämpfung von Diskriminierung sensibilisieren. Wenn Väter Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in Anspruch nehmen, wie z. B. Urlaub oder flexible Arbeitsregelungen, wirkt sich dies außerdem nachweislich positiv in der Form aus, dass Frauen relativ betrachtet weniger unbezahlte Familienarbeit leisten und ihnen mehr Zeit für eine bezahlte Beschäftigung bleibt.
6. Wenn auch der übliche Krankenhausaufenthalt des - wie vorliegend - gesund und komplikationslos geborenen Kindes in den ersten Lebenstagen in den Gesetzesmaterialien nicht gesondert als Beispiel angeführt wurde, so wird dieser weit verbreitet und üblicherweise in Anspruch genommene Aufenthalt darin aber auch nicht ausgeschlossen. Bedenkt man neben dem Grundzweck für die Einführung des Familienzeitbonus zudem den offenkundigen Zweck der Einfügung der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 3a FamZeitbG, mit der ein Anspruchsverlust wegen eines Krankenhausaufenthaltes des Kindes samt Anstaltspflege verhindert werden sollte ( I. Faber , DRdA 2022, 18 [21]), so erscheint dieser aus Anlass der Geburt im Krankenhaus übliche Krankenhausaufenthalt auch von der geforderten medizinischen Indikation des § 2 Abs 3a FamZeitbG mitumfasst, dient er doch der laufenden medizinischen Überwachung des Gedeihens der Neugeborenen und stellt keinen Wellness-Aufenthalt dar ( I. Faber , DRdA 2022, 18 [21 f]). Dies gilt umso mehr, als bei lebensnaher Betrachtung gerade der möglichst intensive Kontakt (auch) des Vaters zeitnah nach der Geburt und damit zumeist noch während des üblichen Krankenhausaufenthaltes dazu dient, dass das Neugeborene rasch eine sehr enge emotionale Bindung (auch) zum Vater aufbauen und dieser seine auch im Krankenhaus unter den Auswirkungen der gerade erfolgten Geburt stehende Partnerin bei der Pflege und Betreuung des Säuglings bestmöglich unterstützen kann, um den Zusammenhalt in der Familie von Anfang an zu stärken. Der Aufbau einer intensiven Beziehung zum Kind unmittelbar nach der Geburt ist für die Eltern, mithin für Mutter und Vater besonders wertvoll, um möglichst früh eine möglichst intensive emotionale Bindung zum Kind herzustellen, und dient daher im Besonderen der Erreichung der vom nationalen und europäischen Normgeber formulierten und hier relevant umzusetzenden Ziele und Zwecke (vgl oben Pkt 5.1.1 und 5.1.2). Eine von der beklagten Partei vertretene allzu restriktive Auslegung der medizinischen Indikation ist daher abzulehnen ( I. Faber , DRdA 2022, 18 [22]).
6.1 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Oberste Gerichtshof zuletzt das Vorliegen von Familienzeit des Vaters und einen Anspruch auf Familienzeitbonus während eines Krankenhausaufenthaltes eines Kindes unmittelbar nach der Geburt nicht mehr beanstandet hat (10 ObS 98/23v). Das Höchstgericht hat damit insbesondere auch an seiner bisherigen von der Berufung zitierten Rechtsprechung, wonach die Tage, in denen sich Mutter und Kind im Krankenhaus befänden und die Pflege und Betreuung des Kindes durch Leistungen der Krankenanstalt abgedeckt und daher per se nicht dazu beitragen würden, den vom Gesetzgeber intendierten Leistungszweck zu erreichen, der darin liege, dass der Vater die Partnerin bei der Pflege und Betreuung des Säuglings unterstützt und eine frühzeitige emotionale Bindung zwischen Kind und Vater entstehe (10 ObS 109/18d), nicht mehr länger festgehalten.
6.2 Es entspricht bei einer lebensnahen Betrachtung nach Meinung des erkennenden Berufungssenates auch nicht der Lebensrealität, dass sich der Vater nach einer komplikationslos verlaufenen (Normal)Geburt während des anschließenden üblichen, mehrere Tage dauernden Krankenhausaufenthaltes des Neugeborenen und seiner Mutter, bei mehrstündigen Besuchen seines Kindes und dessen Mutter im Krankenhaus nicht auch intensiv um das Kind und dessen Mutter bzw seine Partnerin kümmern würde und dies alleine wegen des Krankenhausaufenthaltes und der dabei noch unterstützend erhaltenen Anstaltspflege und -betreuung nicht geeignet wäre, dem vom Gesetzgeber ausdrücklich formulierten Grundziel des FamZeitbG zum Durchbruch zu verhelfen. Dieser liegt insbesondere darin, dass das Neugeborene möglichst früh eine emotionale Bindung (auch) zum Vater aufbauen kann, um den Zusammenhalt in der Familie von Anfang an zu stärken. Diese Bindung auch zum Vater ist dabei auch zwingende Grundvoraussetzung, um im Sinne des ErwGr 11 der RL (EU) 2019/1158 das Problem der Stereotype bei der Beschäftigung und den Rollen sowohl von Männern als auch von Frauen nachhaltig angehen zu können, wobei insbesondere die sozialpartnerschaftlich besetzte beklagte Partei (vgl § 426 ASVG) mit ihrer wiederholt sehr restriktiven Handhabung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem FamZeitbG bzw der Gewährung des Anspruchs auf Familienzeitbonus der mit dieser Richtlinie den Sozialpartnern diesbezüglich übertragenen Schlüsselrolle nicht gerecht zu werden scheint.
2. An dieser Rechtsprechungslinie hält der erkennende Berufungssenat weiterhin fest.
3. Nachdem sich der Kläger während des bereits wegen der Normalgeburt im Krankenhaus medizinisch indizierten Krankenhausaufenthaltes seiner Tochter über den geforderten Mindestumfang hinaus der Pflege und Betreuung seines Kindes gewidmet hat (nur dies ist im Verfahren strittig), ist während dieser Zeit gemäß § 2 Abs 3a FamZeitbG ein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG anzunehmen und steht dieser auch dem Vorliegen einer Familienzeit gemäß § 2 Abs 4 FamZeitbG ab 30.10.2024 nicht entgegen.
4.1 Soweit die Berufung eine ergänzende Feststellung dahin anstrebt, dass es sich nach der Geburt des Kindes bis zu dessen Entlassung am 4.11.2024 um einen routinemäßigen Krankenhausaufenthalt gehandelt habe, ist auszuführen, dass ein Auftreten von Komplikationen nach der Geburt vom Kläger nicht behauptet wurde; solche ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage. Demnach ist von einem komplikationslosen Verlauf nach der Geburt auszugehen.
4.2 Soweit die Berufung zudem sekundäre Feststellungsmängel zur Dauer der Familienzeit beanstandet, ist sie darauf zu verweisen, dass das Vorliegen von Familienzeit und ihre Dauer im Sinn des § 2 Abs 4 FamZeitbG keine Tatsachenfrage, sondern eine solche der rechtlichen Beurteilung (hier) unter konkreter Anwendung der Vorgaben des § 2 Abs 3a FamZeitbG bildet.
C. Zusammenfassung und Zulässigkeitsausspruch:
1. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bislang zur Frage, ob auch ein üblicher Krankenhausaufenthalt nach einer geplanten und komplikationslos verlaufenen Normalgeburt in einem Krankenhaus medizinisch indiziert im Sinn des § 2 Abs 3a FamZeitbG ist, noch nicht Stellung genommen hat.
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