JudikaturOLG Linz

10Bs177/25p – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
04. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Einzelrichterin Mag. Höpfl in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 2, 130 Abs 2 zweiter Fall StGB über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 3. Juli 2025, Hv*-23.2, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 11. April 2025, Hv* (ON 26), wurde A* des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 2, 130 Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe wurde für die Dauer einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Neben dem Ersatz der Verfahrenskosten wurde sie im Adhäsionserkenntnis gemäß § 369 Abs 1 StPO verpflichtet, den Privatbeteiligten B* einen Betrag von EUR 1.840,00 und C* einen Betrag von EUR 740,00 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Am 22. April 2025 beantragte die Rechtsvertretung des Privatbeteiligten C*, die zugleich als dessen gerichtliche Erwachsenenvertreterin die Vertretung im gegenständlichen Strafverfahren zu besorgen hatte (S 4 f in ON 15), unter Vorlage eines Kostenverzeichnisses die Vertretungskosten mit insgesamt EUR 1.270,07 zu bestimmen (ON 23).

Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesgerichts Linz vom 3. Juli 2025 (ON 23.2) wurden die von der Verurteilten zu ersetzenden Vertretungskosten antragsgemäß bestimmt.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde der Verurteilten (ON 32), die (wie schon in ihrer Äußerung vom 8. Mai 2025 [ON 25] allein) die Zurückweisung des Kostenbestimmungsantrags mit der Begründung begehrt, dass dem Privatbeteiligten durch die Vertretung im Strafverfahren keine Kosten entstanden seien, weil es sich bei der einschreitenden Rechtsanwältin um dessen Erwachsenenvertreterin handle. Die beanspruchte Höhe selbst sei hingegen angemessen.

Die Beschwerde, zu welcher die Privatbeteiligtenvertreterin am 11. August 2025 Gegenäußerung erstattete, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 393 Abs 4 StPO hat der Verurteilte, dem der Ersatz der Prozesskosten zur Last fällt, auch die Kosten der Vertretung des mit seinen Ansprüchen durchgedrungenen Privatbeteiligten zu ersetzen (vgl Lendl in Fuchs/Ratz, WK StPO § 393 Rz 22). Gemäß § 395 Abs 2 StPO ist bei dieser Bemessung zu prüfen, ob die vorgenommenen Vertretungshandlungen notwendig oder sonst nach der Beschaffenheit des Falles gerechtfertigt sind. Die Höhe der Entlohnung richtet sich bei Rechtsanwälten, die im Strafverfahren als Vertreter von Privatbeteiligten agieren, nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) und dem diesem angeschlossenen, einen Bestandteil des Gesetzes bildenden Tarif (vgl Kirchbacher, StPO 15 § 395 Rz 3).

Gemäß § 66 Abs 1 Z 1 StPO haben Opfer – unabhängig von ihrer Stellung als Privatbeteiligte – das Recht, sich vertreten zu lassen. Vertreter iSd § 73 StPO stehen Haftungsbeteiligten, Opfern, Privatbeteiligten, Privatanklägern und Subsidiaranklägern beratend und unterstützend zur Seite. Sie üben, soweit in der Strafprozessordnung nichts anderes bestimmt wird, die Verfahrensrechte aus, die den Vertretenen zustehen. So haben Privatbeteiligte gemäß § 67 Abs 6 Z 4 StPO das Recht, zur Hauptverhandlung geladen zu werden und Gelegenheit zu erhalten, nach dem Schlussantrag der Staatsanwaltschaft ihre Ansprüche auszuführen und zu begründen.

Als Vertreter iSd § 73 StPO kann eine zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft berechtigte, eine nach § 25 Abs 3 SPG anerkannte Opferschutzeinrichtung oder eine sonst geeignete Person bevollmächtigt werden. Der Gesetzgeber hat sich im Gesetzgebungsprozess bewusst gegen die Einführung eines „relativen Anwaltszwangs“ ausgesprochen und vielmehr den Vertreterbegriff weit geöffnet. Dabei wurde explizit der Wunsch deklariert, dass zwar „eine sachkundige Vertretung (vor allem) des Privatbeteiligten und des Privatanklägers schon angesichts ihrer verbesserten Stellung durch Ausweitung der Verfahrensrechte und neu hinzugekommener Anforderungen formeller Art vielfach zweckmäßig sein wird“, aber sollte, „dennoch beispielsweise auch (weiterhin) eine Vertretung durch geeignete Mitarbeiter von Opferschutzeinrichtungen und durch andere Personen zulässig sein. Schließlich soll nicht unberücksichtigt bleiben, dass juristische Personen, die privatrechtliche Ansprüche oder Privatanklage erheben, nicht zur Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes gezwungen werden sollen, wenn eine entsprechende Vertretung durch eigene Rechtsabteilungen sichergestellt ist„ (vgl Kier in Fuchs/Ratz, WK StPO § 73 Rz 5 mwN).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen war der Privatbeteiligte – ungeachtet der Frage der konkret gewählten Person – nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung daher berechtigt, seine Vertretung als Privatbeteiligter einer Rechtsanwältin zu überantworten und diese mit der Wahrnehmung seiner gesetzlich vorgesehenen Rechte als Privatbeteiligter zu betrauen. Die von dieser veranschlagten Vertretungshandlungen umfassen neben der Vertretungsanzeige selbst und dem Kostenbestimmungsantrag ohnehin nur die Teilnahme an den beiden Hauptverhandlungsterminen (ON 23), sohin typische Anwaltsleistungen.

Nützt – wie vorliegend - der gerichtliche Erwachsenenvertreter für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten (Rechtsanwalt/Rechtsanwältin) entgeltlich übertragen werden müsste, seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür auch nach § 276 Abs 3 ABGB – über die jährliche Entschädigung (Abs 1 und 2 leg cit) hinaus – Anspruch auf angemessenes Entgelt. Es trifft daher nicht zu, dass dem Privatbeteiligten aufgrund der für ihn bestellten gerichtlichen Erwachsenenvertretung durch die anwaltliche Vertretung im Strafverfahren keine Kosten entstehen würden.

Weder wird das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe für den Privatbeteiligten von der Beschwerdeführerin explizit behauptet, noch ist der Strafprozessordnung eine Bestimmung dahin zu entnehmen, dieser wäre gleichsam zu Gunsten des Angeklagten verpflichtet, eine solche zu beanspruchen.

§ 276 Abs 3 zweiter Satz ABGB – wonach ein Anspruch für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung dann nicht bestehen, sofern bei der vertretenen Person die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder (wie hier) diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften (StPO) vom Gegner ersetzt werden - regelt demgegenüber das Innenverhältnis gerichtlicher Erwachsenenvertreter - vertretene Person zum Schutze der vertretenen Person (vgl Schauer in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.04 § 276 Rz 6) und vermag damit im Ergebnis nicht zu Gunsten der Angeklagten durchzuschlagen.

Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).