JudikaturOLG Linz

7Bs103/25h – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
10. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Hemetsberger als Vorsitzende und Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Huemer-Steiner in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 1. Juli 2025, HR*-15, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Die über A* B*, geboren am C* in **, verhängte und fortgesetzte Untersuchungshaft wird aus den Haftgründen der Fluchtgefahr und der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 1 und 2 Z 1 und 3 lit b und c StPO fortgesetzt.

Dieser Beschluss ist längstens wirksam bis 10. September 2025.

Text

Begründung:

Bei der Staatsanwaltschaft Linz behängt zu St* ein Ermittlungsverfahren gegen den am ** geborenen Afghanen A* B* wegen des Verdachts des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG.

Nach seiner Festnahme am 16. Juni 2025, 18.07 Uhr (ON 4.2, 1) wurde über A* B* auf Antrag der Staatsanwaltschaft (ON 1.4) vom Landesgericht Linz am 18. Juni 2025 nach seiner Vernehmung zur Sache und zu den Voraussetzungen dazu (ON 8) die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Fluchtgefahr und der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 1 und 2 Z 1 und 3 lit b und c StPO (mit längster Wirksamkeit bis 2. Juli 2025) verhängt (ON 9) und mit dem angefochtenen Beschluss vom 1. Juli 2025 (ON 15) – mit Wirksamkeit bis längstens 1. August 2025 – aus den bisher herangezogenen Haftgründen fortgesetzt.

Gegen die Haftfortsetzung richtet sich die in der Haftverhandlung vom 1. Juli 2025 angemeldete (ON 14, 2) und ausgeführte (ON 16) Beschwerde des Beschuldigten, welcher (primär mangels Haftgrundes) eine Enthaftung, in eventu gegen gelindere Mittel anstrebt.

Die Beschwerde, zu der die Oberstaatsanwaltschaft nicht Stellung genommen hat, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Untersuchungshaft darf nur verhängt oder fortgesetzt werden, wenn der Beschuldigte einer bestimmten Tat dringend verdächtig ist. Ein solcher Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Dringender Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung und mehr als ein einfacher oder gewöhnlicher Verdacht ( Kirchbacher/Ramiin WK-StPO § 173 Rz 2f mwN). Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf die Begehung eines Vergehens oder Verbrechens geschlossen werden kann, ein Schuldbeweis ist nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0107304 [auch T3]).

Nach den bisherigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens besteht – haftrelevant – der dringende Tatverdacht, A* B* habe in ** und andernorts in einem noch näher festzustellenden Zeitraum zwischen März und Juni 2025 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich etwa 198 Gramm Heroin (beinhaltend 6,46 % Heroin [abzüglich des Eigenbedarfs]) einem anderen – nämlich teilweise bekannten, teilweise noch auszuforschenden Abnehmern – überlassen.

Davon ausgehend ist A* B* im Sinn einer höhergradigen Wahrscheinlichkeit, dass er die Taten begangen habe, hafttragend dringend verdächtig, das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG begangen zu haben.

Der in der Beschwerde ohnehin nicht ausdrücklich kritisierte Tatverdacht gründet auf den bisherigen Ermittlungsergebnissen, insbesondere der in wesentlichen Punkten geständigen Verantwortung des Beschuldigten (ON 4.5, ON 8), den auf eine Abnahme von zumindest 198 Gramm Heroin in einem etwa eineinhalbmonatigen Zeitraum weisenden Angaben von C* (ON 2.5, 8) und D* (ON 2.6, 9) sowie den Angaben eines Abnehmers, nämlich E* (ON 4.6). Mit Blick auf die nach der Verdachtslage indizierte doch erhebliche Menge an Heroin, die der Beschuldigte erhalten haben soll, ändern die aus den Angaben der bislang vernommenen Personen ableitbaren Abweichungen zum konkreten Tatzeitraum und zu den genauen Mengen an der dringlichen Verdachtslage in Richtung § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG derzeit ebenso wenig wie der bislang noch nicht abschließend feststellbare Eigenkonsum.

Die subjektive Tatseite ergibt sich bereits aus dem äußeren Geschehen, zu dem der Beschuldigte in gewichtigen Punkten ohnehin geständig ist, insbesondere auch zur teils unentgeltlichen, teils entgeltlichen Weitergabe.

Neben der Dringlichkeit des Tatverdachts liegen auch die vom Erstgericht herangezogenen Haftgründe weiterhin vor.

Der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 173 Abs 1 und 2 Z 1 StPO ist anzunehmen, weil es sich beim Beschuldigten um einen afghanischen Staatsangehörigen handelt, der nach den bisherigen Erkenntnissen bereits seit längerem ohne festen Wohnsitz oder bekannten Aufenthaltsort ist und deswegen bereits in zwei Verfahren zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben ist (vgl ON 2.2). Der in der Beschwerde ins Treffen geführte Aufenthalt seit einem Monat in der ** Straße kann diese Einschätzung noch nicht entscheidend relativieren. Insgesamt ist ernsthaft zu befürchten, der Beschuldigte werde auch mit Blick auf die voraussichtlich bevorstehende Strafe auf freiem Fuß belassen versuchen, sich (auch) in diesem Strafverfahren der Strafverfolgung zu entziehen bzw sich verborgen zu halten.

Angesichts der einschlägigen Vorstrafenbelastung (ON 2.4), der nach der Verdachtslage anzunehmenden fortgesetzten Tatbegehung (im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit bei § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG), der eigenen Suchtmittelabhängigkeit und der tristen finanziellen Verhältnisse ist nach wie vor begründet zu befürchten, dass A* B* auf freiem Fuß belassen – ungeachtet des gegenständlich geführten Verfahrens – weitere strafbare Handlungen auch mit nicht bloß leichten Folgen begehen werde (§ 173 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO). Hiebei fällt besonders ins Gewicht, dass von Suchtgiftverkäufern eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen ausgeht (§ 173 Abs 3 zweiter Satz StPO; RIS-Justiz RS0107315).

Entgegen der Ansicht des Beschuldigten indiziert die nun inkriminierte Tatbegehung trotz der bislang letzten Verurteilung durch das Landesgericht Linz am 23. Jänner 2024, Hv*, zu einer teilbedingten Haftstrafe, noch dazu bei Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen ein wiederholungsgeneigtes Verhalten. Selbst die zuletzt verbüßte Haft vermochte den Beschuldigten nicht von neuerlicher Delinquenz abzuhalten, weshalb der Hinweis auf die gegenwärtige Inhaftierung die evidente Gefahr weiterer Tatbegehung nicht zu beseitigen vermag. Vielmehr ist aufgrund der dringlichen Verdachtslage vor dem Hintergrund des einschlägig belasteten Vorlebens eine tiefe Einbindung in die Suchtgiftszene anzunehmen. Unter weiterer Berücksichtigung der schlechten finanziellen Verhältnisse und der eigenen Suchtproblematik des Beschuldigten könne die Haftzwecke zur Hintanhaltung weiterer Delinquenz derzeit auch nicht durch gelindere Mittel substituiert werden.

Von einer Unverhältnismäßigkeit der nicht einmal einmonatigen Untersuchungshaftdauer kann angesichts des Gewichts der vom Beschuldigen im Verdachtsbereich verübten Straftaten, des aktuellen Strafrahmens einer Freiheitsstrafe von bis zu siebeneinhalb Jahren (§ 28a Abs 1 SMG iVm § 39 Abs 1a StGB) und der konkreten Straferwartung im Fall eines verdachtslagekonformen Schuldspruchs nicht die Rede sein.

Mitteilung gemäß § 174 Abs 3 Z 5, Abs 4 StPO iVm § 175 Abs 3 bis 5 StPO:

Vor einer allfälligen Fortsetzung der Haft wird eine Haftverhandlung stattfinden, sofern nicht die Durchführung der Haftverhandlung vor Ablauf der Haftfrist wegen eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses unmöglich ist – diesfalls kann die Haftverhandlung auf einen der drei dem Fristablauf folgenden Arbeitstage verlegt werden (§ 175 Abs 3 StPO). Der Beschuldigte kann durch seinen Verteidiger auf die Durchführung einer bevorstehenden Haftverhandlung verzichten (§ 175 Abs 4 StPO). Nach Einbringen der Anklage ist die Wirksamkeit eines Beschlusses auf Fortsetzung der Untersuchungshaft durch die Haftfrist nicht mehr begrenzt; Haftverhandlungen finden nach diesem Zeitpunkt nur statt, wenn der Angeklagte seine Enthaftung beantragt und darüber nicht ohne Verzug in einer Hauptverhandlung entschieden werden kann (§ 175 Abs 5 StPO).

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).