JudikaturOLG Linz

10Bs151/25i – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Einzelrichterin Dr. Henhofer in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 18. Juni 2025, HR*-4, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* gemäß § 196a Abs 1 StPO mit EUR 200,00 bestimmt wird.

Text

Begründung:

Bei der Staatsanwaltschaft Wels behing zu St* seit 13. Mai 2025 ein Ermittlungsverfahren gegen A* wegen des Verdachts des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. Bereits am 14. Mai 2025 stellte die Staatsanwaltschaft Wels das Ermittlungsverfahren gemäß § 190 StPO ein (ON 1.2).

Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2025 (ON 3) beantragte A* unter Vorlage einer Leistungsaufstellung gemäß § 196a StPO einen Pauschalbeitrag in Höhe von jedenfalls EUR 3.000,00 zu den Kosten seiner Verteidigung, welche sich insgesamt auf EUR 3.996,54 belaufen würden. Die Staatsanwaltschaft erhob keinen Einwand gegen den Zuspruch eines angemessenen Beitrages zu den tatsächlich erforderlichen und insbesondere auch zweckmäßigen Kosten (ON 1.3).

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag ab, im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Einsatz seines Verteidigers weder notwendig noch zweckmäßig gewesen sei (ON 4).

Die dagegen erhobene Beschwerde des A* (ON 5) ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß §§ 108 oder  190 StPO eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und – hier interessierend – einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf den Betrag von EUR 6.000,00 nicht übersteigen (§ 196a Abs 1 StPO). Mit dieser Bestimmung sollen die Kriterien für die Bemessung des konkreten Pauschalkostenbeitrages generell an die bereits im Rechtsbestand enthaltene Regelung des § 393a Abs 1 StPO angelehnt, jedoch – wie auch dort – spezifischer und umfangreicher gefasst werden. Grundsätzlich wird aber weiterhin an der Bemessung in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 2 ff).

Zur Umsetzung des differenzierten Konzepts ist von den durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein sogenanntes Standardverfahren auszugehen und der sich dabei ergebende Betrag als Ausgangsbasis für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags heranzuziehen. Je nach Umfang der Ermittlungen, Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und konkretem Verteidigungsaufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen kann sich der Betrag dann dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern oder sich von diesem weiter entfernen. Der durchschnittliche Verteidigungsaufwand in einem einfachen (zum Landesgericht ressortierenden) Ermittlungsverfahren umfasst im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium, Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden und schlägt sich damit unter Heranziehung der Kostenansätze der allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) mit rund EUR 3.000,00 zu Buche, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz zu berücksichtigen ist, ein Erfolgszuschlag – wie er auch in der dem Antrag zugrundeliegenden Leistungsaufstellung in Höhe von EUR 1.110,15 ausgewiesen ist (AS 3 in ON 3) – jedoch außer Betracht zu bleiben hat (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 5). Die letzten beiden Positionen der Leistungsaufstellung vom 21. Mai 2025 „Telefonat mit Mdt. wegen Sachstand Strafverfahren und weitere Verhaltensweise“ und vom 6. Juni 2025 „Konferenz mit Mdt. wegen Einstellung Strafverfahren und Rechte Opfer und von Ihm, etc.“ mit einem verrechneten Betrag von insgesamt EUR 557,10 (exkl USt) betreffen zudem Leistungen, die bereits nach erfolgter Verfahrenseinstellung erfolgt sind (AS 2 in ON 3).

Zusammengefasst stand in dem knapp einmonatigen Ermittlungsverfahren (Anzeigeerstattung am 13. April 2025 [AS 2 in ON 2.2]) aufgrund der Äußerungen des Beschuldigten „ Sperr deine Viecher ein, sonst passiert etwas! “ und „ Pass auf, sonst lernst du mich noch kennen!“ der Verdacht des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB zum Nachteil der B* im Raum. Von der ermittelnden Polizeiinspektion C* wurden drei Zeugen und – im Beisein seines Verteidigers – der Beschuldigte vernommen. Der Abschlussbericht umfasst insgesamt neun Seiten, wobei der gesamte Sachverhalt auf nur drei Seiten wiedergegeben wird (ON 2.2).

Fallbezogen handelt es sich daher um eine sehr überschaubare Komplexität; der zu beurteilende Sachverhalt gestaltete sich äußerst übersichtlich, komplizierte Rechtsfragen waren dabei nicht zu lösen. Im Ergebnis ist von einem deutlich unterdurchschnittlichen Ermittlungsverfahren auszugehen. Ein Pauschalbeitrag zu den Kosten des nachvollziehbar zweckmäßigen Verteidigereinsatzes von EUR 200,00 ist im Sinne der obigen Kriterien angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.