JudikaturOLG Linz

8Ns11/25s – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
02. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Reinberg als Vorsitzende, die Richterin Mag. Haidvogl, BEd und den Richter Mag. Huemer-Steiner in der Strafsache gegen A*, B* C* D*, E*, F*, G* und H* I*wegen der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB, über die Anträge auf Delegierung der Erst-, Zweit, Viert- und Sechstangeklagten und die Anregung der Delegierung durch das Landesgericht Salzburg vom 7. Mai 2025, Hv*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Den Delegierungsanträgen wird Folge gegeben.

Die Strafsache wird dem Landesgericht Salzburg abgenommen und dem Landesgericht Linz delegiert.

Text

Begründung:

Mit den beim Landesgericht Salzburg eingebrachten Strafantrag vom 3. März 2025 (ON 12) legt die Staatsanwaltschaft Salzburg A* die Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB, B* C* D* die Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 zweiter und dritter Fall, 223 Abs 2, 224 StGB und E*, F* sowie G* jeweils das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs 2, 224 StGB zur Last.

Demnach haben zu nachangeführten Zeiten in J* und andernorts

I. A* jeweils vorsätzlich falsche ausländische öffentliche Urkunden, die durch Gesetz (§ 2 Abs 4 Z 4 FPG) inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind, nämlich falsche, mit dem Lichtbild des A* versehene nigerianische Reisepässe lautend auf nachstehende Personen im Rechtsverkehr durch das Vorweisen gegenüber Verantwortlichen des Österreichischen Integrationsfonds zum Beweis der Tatsache seiner vorgeblichen Identität gebraucht, um für diese in weiterer Folge eine Integrationsprüfung zum Nachweis von hinreichenden Deutschkenntnissen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels im österreichischen Bundesgebiet abzulegen, und zwar

1. am 11.12.2020 einen falschen nigerianischen Reisepass, lautend auf B* C* D*;

2. am 19.12.2020 einen falschen nigerianischen Reisepass, lautend auf H* I*;

3. am 05.06.2021 einen falschen nigerianischen Reisepass, lautend auf E*;

4. am 09.02.2023 einen falschen nigerianischen Reisepass, lautend auf F*;

5. am 24.05.2024 einen falschen nigerianischen Reisepass, lautend auf G*;

6. am 05.07.2024 einen falschen nigerianischen Reisepass, lautend auf K*;

7. am 30.10.2024 einen falschen nigerianischen Reisepass, lautend auf L*;

II. A* zu den unter Pkt. I./ angeführten strafbaren Handlungen bestimmt, indem sie ihn jeweils um das Ablegen der Integrationsprüfung ersuchten, eine Kopie ihres echten Reisepasses zur Fälschung zur Verfügung stellten und eine Gebühr in nicht mehr feststellbarer Höhe an A* bezahlten, und zwar

1. B* C* D* zu der unter Pkt. I./1./ angeführten strafbaren Handlung;

2. E* zu der unter Pkt. I./3./ angeführten strafbaren Handlung;

3. F* zu der unter Pkt. I./4./ angeführten strafbaren Handlung;

4. G* zu der unter Pkt. I./5./ angeführten strafbaren Handlung.

III. B* C* D* zu der unter Punkt I./7./ angeführten strafbaren Handlung dadurch beigetragen, dass er als Vermittler zwischen L* und A* auftrat, den gefälschten Reisepass A* übergab und von L* eine Gebühr in Höhe von EUR 1.800,-- entgegennahm.

Mit weiterem – beim Landesgericht Linz eingebrachtem – Strafantrag vom 11. März 2025 legt die Staatsanwaltschaft Salzburg H* I* das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs 2 , 224 StGB zur Last. Demnach habe H* I* in M* zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Dezember 2020 den abgesondert verfolgten A* dazu bestimmt, am

19.12.2020 in ** vorsätzlich eine falsche ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz (§ 2 Abs 4 Z 4 FPG) einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichgestellt ist, nämlich einen falschen, mit dem Lichtbild des A* versehenen nigerianischen Reisepass lautend auf H* I* im Rechtsverkehr durch das Vorweisen gegenüber Verantwortlichen des Österreichischen Integrationsfonds zum Beweis der Tatsache seiner vorgeblichen Identität zu gebrauchen, um für ihn in weiterer Folge eine Integrationsprüfung zum Nachweis von hinreichenden Deutschkenntnissen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels im österreichischen Bundesgebiet abzulegen, indem er ihn um das Ablegen der Integrationsprüfung ersuchte, eine Kopie seines echten Reisepasses zur Fälschung zur Verfügung stellte und eine Gebühr in nicht mehr feststellbarer Höhe an A* bezahlte.

Das Landesgericht Linz trat das Verfahren gegen H* I* aufgrund von Konnexität gemäß § 37 StPO an das Landesgericht Salzburg ab (ON 23.1.7).

Die Erst-, Zweit, Viert- und Sechstangeklagten beantragten die Delegierung des Verfahrens und begründeten dies im Wesentlichen mit ihrem Wohnort in M* und ihrer finanziellen Situation (ON 27, ON 28, ON 34, ON 40). Die übrigen Angeklagten äußerten sich dazu nicht.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg erhob keinen Einwand gegen die Delegierung (ON 1.15).

Das Landesgericht Salzburg regte am 7. Mai 2025 die Delegierung an das Landesgericht Linz an (ON 1.27).

Die Oberstaatsanwaltschaft Linz äußerte sich nicht zur beantragten und angeregten Delegierung.

Die Delegierung ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 39 Abs 1 StPO kann das Oberlandesgericht im Haupt- und Rechtsmittelverfahren von Amts wegen oder auf Antrag aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen wichtigen Gründen eine Strafsache dem zuständigen Gericht abnehmen und innerhalb seines Sprengels einem anderen Gericht gleicher Ordnung delegieren. Andere wichtige Gründe für eine Delegierung können sich etwa aus prozessualen Zweckmäßigkeitserwägungen wie insbesondere Kostenersparnis und Verfahrensbeschleunigung ergeben ( Nordmeyer in Fuchs/Ratz , WK-StPO § 28a Rz 9). Ein wichtiger, die Zweckmäßigkeit der Delegierung rechtfertigender Grund kann darin gelegen sein, dass die Erledigung der Strafsache aller Voraussicht nach rascher und mit geringeren Kosten durch ein anderes Gericht erfolgen kann, etwa wenn der Lebensmittelpunkt des Angeklagten und der Aufenthalt der meisten Zeugen in einem anderen Sprengel liegen (Nordmeyer aaO, Rz 9 mit Verweis auf Generalprokuratur, Gw 31/08d ,auch RIS-Justiz RS0097052; RS0096998). Der Wohnort des Angeklagten im Sprengel eines anderen Gerichts allein bildet aber keinen wichtigen Grund im Sinn des § 39 Abs 1 StPO (RIS-Justiz RS0129146).

Jede Delegierung verändert den Gerichtsstand, weshalb die Bestimmung des § 39 StPO – angesichts des verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf den gesetzlichen Richter – streng auszulegen ist (RIS-Justiz RS0053539).

Im vorliegenden Fall haben sämtliche Angeklagte und auch die im Strafantrag beantragten Zeugen L* und K* ihren Wohnsitz in M*, lediglich die Zeugin P* hat ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichtes Salzburg. Weitere Zeugen wurden bislang nicht beantragt. Es ist daher strikt fallbezogen anzunehmen, dass die Strafsache voraussichtlich rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Landesgericht Linz erledigt werden kann. Den Delegierungsanträgen war daher Folge zu geben.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht kein Rechtsmittel zu.