7Bs51/25m – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 9. April 2025, BE*-8, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
BEGRÜNDUNG:
Der am ** geborene A* verbüßt derzeit eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 29. Mai 2024 zu Hv* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz erster und zweiter Fall SMG sowie des unerlaubten Umgangs mit Suchgiften nach „§ 27 Abs 1 Z 1 siebter Fall, Abs 4 Z 1 SMG“ und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG verhängte zweijährige Freiheitsstrafe in der Justizanstalt **. Dem liegt zu Grunde, dass er in ** und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift
hat.
Das voraussichtliche Strafende fällt auf den 29. Mai 2026. Die Hälfte der Strafzeit wird am 1. Juni 2025 verbüßt sein, Zwei-Drittel-Stichtag ist der 1. Oktober 2025 (ON 2, 5).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Vollzugsgericht die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag aus spezialpräventiven Erwägungen ab (ON 8).
Dagegen richtet sich die im Anschluss an Anhörung zu Protokoll gegebene (ON 7, 4) und in weiterer Folge fristgerecht (§ 152a Abs 3 StVG, § 84 Abs 2 letzter Satz StPO [iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG]) ausgeführte (ON 9) Beschwerde des Strafgefangenen, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft nicht geäußert hat.
Ihr kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Dem aktuellen Vollzug liegt (für die Bildung des Strafrahmens maßgeblich [ Schroll/Oshidariin WK-StGB² § 17 JGG Rz 4/2; RIS-Justiz RS0128936]) ein Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG zugrunde, welches als tatbestandliche Handlungseinheit durch die Zusammenrechnung von Einzelakten begründet wird, die sowohl vor als auch nach Vollendung des 21. Lebensjahres (am 24. Dezember 2023) gesetzt wurden. Ob allein durch die nach diesem Stichtag begangenen Tathandlungen das 15-fache der Grenzmenge überschritten wurde (vgl RIS-Justiz RS0131430; Schroll/OshidariaaO § 17 JGG Rz 6/3), lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit beurteilen. Demgemäß wurde bereits vom Erstgericht zu Recht Jugendstrafrecht angewendet.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB in Verbindung mit §§ 17, 19 Abs 2 JGG ist einem wegen einer als junger Erwachsener begangenen Straftat Verurteilten der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, wenn er die Hälfte der über ihn verhängten Freiheitsstrafe, mindestens jedoch einen Monat verbüßt hat, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen nach den §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Generalpräventive Überlegungen haben in einem solchen Fall stets außer Betracht zu bleiben ( Schroll/OshidariaaO § 17 JGG Rz 5).
Die damit allein anzustellende Spezialprognose erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür erheblichen Umstände, mithin die Berücksichtigung der Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Besonderes Augenmerk ist auch darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch die Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben und ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können ( Jerabek/Ropper in WK-StGB² § 46 Rz 15/1; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4 § 46 Rz 7).
Das Vorleben des Beschwerdeführers ist gekennzeichnet von der Verurteilung durch das Landesgerichts Linz vom 5. Oktober 2023 wegen zweier Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollzug unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Anlass dafür waren zwei im Abstand von nur gut zwei Wochen unternommene Versuche, maskiert und mit einer Gaspistole bewaffnet ein Spielcasino in der Tschechischen Republik zu überfallen.
Unbeeindruckt von dem wegen derart massiver Vorwürfe gegen ihn geführten Verfahren begann er bereits im Mai 2023 mit seinem – dem nunmehrigen Strafvollzug zugrunde liegenden – profitorientierten Suchtgifthandel und setzte er diesen auch nach der Verurteilung vom 5. Oktober 2023 nunmehr im raschen Rückfall und bei offener Probezeit trotz Anordnung von Bewährungshilfe bis zu seiner Festnahme am 5. Februar 2024 nahtlos fort. Dabei beschränkte er sich nicht auf die breite Verteilung einer die Grenzmenge mehr als 18-fach übersteigenden Suchtgiftmenge, sondern scheute er auch nicht davor zurück, Minderjährigen Suchtgift anzubieten.
Im Anschluss gelang es ihm nicht einmal unter den rigiden Strukturen der Haft, sich regelkonform zu verhalten. Davon zeugen Ordnungswidrigkeiten vom 11. Februar 2024, als er einem jugendlichen Mitinsassen eine Zigarette übergab (ON 4.1), und vom 22. Februar 2025, als er in der Abteilung Freigang (§ 126 Abs 3 StVG) der Justizanstalt das Rauchverbot missachtete und vorschriftswidrig eine zweite SIM-Karte besaß (ON 4.2). Dieser zweite Vorfall wiegt deswegen besonders schwer, weil er noch nicht einmal drei Monate zurückliegt und der Annahme einer positive Einwirkung des bis dahin schon mehr als ein Jahr andauernden Vollzugs diametral entgegensteht.
Vor diesem Hintergrund können auch die von der Beschwerde angesprochenen Fortschritte hin zu einer erfolgreichen Resozialisierung nichts Entscheidendes zum Erfolg des Rechtsmittels beitragen. Eine Arbeitsplatzzusage wird darin zwar (wie bereits in der Äußerung zur bedingten Entlassung und im Rahmen der Anhörung) erwähnt, vorgelegt wurde sie bislang aber noch nicht. Weil Art und Umfang der Tätigkeit damit unklar bleiben, kann sie derzeit nicht in die hier anzustellende Bewertung einbezogen werden. Zurückliegend hat zumindest die mit der Gewährung bedingter Strafnachsicht im Urteil vom 5. Oktober 2023 verknüpfte Weisung, einer geregelten Arbeit nachzugehen oder sich um die Aufnahme einer solchen ernstlich zu bemühen, nicht den gewünschten Erfolg rechtskonformen Verhaltens herbeiführen können.
Alles in allem ist in Übereinstimmung mit dem Erstgericht derzeit noch nicht von einer dem weiteren Strafvollzug (zumindest) gleichwertigen präventiven Wirkung einer bedingten Entlassung auszugehen. Insbesondere wird es am Beschwerdeführer liegen, während der nächsten Monate die in seinem Rechtsmittel beteuerte innere Umkehr zumindest durch ein ordnungsgemäßes Vollzugsverhalten zu dokumentieren.
In Hinblick auf seine abschließenden Ausführungen bleibt anzumerken, dass die Beantwortung der Rechtsfrage spezialpräventiver Notwendigkeiten stets dem Gericht vorbehalten ist, das nur in (hier nicht vorliegenden) Ausnahmefällen (vgl Pieberin WK-StGB² § 17 StVG Rz 8)gehalten ist, eine psychologische Expertise einzuholen (§ 17 Abs 1 Z 2 StVG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).