JudikaturOLG Linz

2R63/25k – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
07. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Rechtssache des Klägers A* , geboren am **, **straße **, **, vertreten durch Dr. Florian Johann Ernst Knaipp, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* Ltd , **, **, vertreten durch die CERHA HEMPEL Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 149.404,00 s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 04. März 2025, Cg*-11, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 4.086,42 (darin EUR 681,07 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung maltesischen Rechts, die ihren Sitz in Malta hat, über eine maltesische Glücksspielkonzession verfügt und der Aufsicht der maltesischen Regulierungsbehörde für Lotterie- und Glücksspiel (Malta Gaming Authority unterliegt. Über eine österreichische Glücksspiellizenz verfügt die beklagte Partei nicht. Sie bietet über ihre deutschsprachige, auch in Österreich abrufbare Website C*/D* Online-Glücksspiel an.

Der in Österreich wohnhafte Kläger spielte vom 19.8.2015 bis 19.12.2021 in Österreich auf der Website der Beklagten C*; D* Onlineglücksspiele. Insgesamt zahlte er EUR 273.169,00 ein. Davon erhielt er Auszahlungen von EUR 123.765,00. Er verlor insgesamt netto EUR 149.404,00. Seit 2024 weiß der Kläger von der grundsätzlichen Möglichkeit, dass Glücksspielverluste rückforderbar sind.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung seines Spielverlustes. Ihm komme ein bereicherungs- und schadenersatzrechtlicher Anspruch wegen fehlender österreichischer Lizenz der beklagten Partei zu.

Die beklagte Partei bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte vor allem ein, dass das österreichische Glücksspielmonopol mit der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar sei. Das Anbieten von Glücksspielen aufgrund ihrer maltesischen Glücksspielkonzession sei daher rechtmäßig.

Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei zur Zahlung von EUR 149.404,00 samt 4 % Zinsen seit 5. September 2024. Ein Zinsenmehrbegehren wies es ab. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung aller österreichischen Höchstgerichte die Ansicht, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen in gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen nicht gegen Unionsrecht verstoße. Die Ausführungen der Beklagten böten keinen Anlass, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzugehen. Sämtliche von der beklagten Partei dargelegten Aspekte seien bereits in höchstgerichtlichen Entscheidungen berücksichtigt und abschließend beurteilt worden. Es bedürfe auch nicht der weiteren Befassung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens, weil die unionsrechtlichen Rechtsgrundsätze zu den Voraussetzungen/Kriterien der Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols und der dadurch beschränkten Dienstleistungsfreiheit geklärt seien. Die Beklagte habe nichts vorgebracht, dass die Durchführung eines Beweisverfahrens, insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus den Fachbereichen der Marktforschung und Marketing oder die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des Bundes zu den gesamten relevanten Fragen eines allfälligen Verstoßes des österreichischen Glücksspielmonopols gegen Unionsrecht erfordern würde. Mangels Vorliegen einer Konzession sei von einem verbotenen Spiel iSd § 1174 Abs 2 ABGB auszugehen. Der Kläger sei daher berechtigt, die bei den verbotenen Spielen erlittenen Verluste rückzufordern. Die Zinsen gebührten jedoch erst mit dem der Klagszustellung folgenden Tag.

Gegen dieses Urteil – mit Ausnahme der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens - richtet sich die Berufung der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel. Sie beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils – allenfalls nach Verfahrensergänzung – im Sinne einer Klagsabweisung, hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag. Daneben regt sie die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH an.

Der Kläger beantragt in seiner Berufungsbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.

Die Berufung, die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln war, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge erweist sich zur Frage der Kohärenz des GSpG als nicht stichhaltig, sodass gemäß § 500a ZPO auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Erstgerichts verwiesen werden kann. Ergänzend ist zu betonen, dass auch nach jüngster Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Frage der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücks- spielmonopols abschließend beantwortet ist (zuletzt 7 Ob 86/24h). Eine zu dieser Frage erhobene außerordentliche Revision einer maltesischen Onlineglücksspielanbieterin wurde trotz Nichtbehandlung der behaupteten Stoffsammlungsmängel und sekundärer Feststellungs- mängel durch das Berufungsgericht vom OGH zurückgewiesen (8 Ob 138/22k). Es wurde auch die Anregung auf neuerliche Befassung des Europäischen Gerichtshofs abgelehnt (7 Ob 86/24h). Aus der Entscheidung des EuGH C-920/19 „Fluctus“ ergibt sich kein Verbot für ein nationales Gericht, sich auf Vorentscheidungen „höherer“ (nationaler) Gerichte (hier auf in zahlreichen Parallelverfahren ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs) zu berufen (2 Ob 146/22t). Die letzte Beurteilung der Kohärenz bezog sich auf den Spielzeitraum bis 26.7.2023, der Klagszeitraum ist davon erfasst. Sämtliche begehrten ergänzenden Feststellungen erweisen sich daher als rechtlich nicht relevant (7 Ob 168/22i). Eine neuerliche Befassung des EuGH kommt nicht in Betracht, weil die unionsrechtlichen Grundsätze geklärt sind (7 Ob 168/22i).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann auch der Mängelrüge kein Erfolg beschieden sein: den behaupteten Verfahrensmängeln (unterlassene Einholung von Sachverständigen- gutachten aus den Fachbereichen Medienwesen und Werbepsychologie) fehlt es insofern an Entscheidungsrelevanz und braucht daher nicht weiter darauf eingegangen werden. Die Berufung bleibt daher erfolglos.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO war nicht zuzulassen, weil die Rechtsrüge der Beklagten keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt.