JudikaturOLG Linz

2R37/25m – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
14. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Rechtssache des Antragstellers A* , geboren am **, Landwirtschaftsmeister, **straße **, **, wegen Verfahrenshilfe, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 13. Februar 2025, Nc1*-4, mit dem der Ablehnungsantrag gegen die Richterin des Landesgerichtes Steyr Mag. B* C* abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Der Kläger ist im Verfahren Cg* des Landesgerichtes Steyr, in dem er die Aufhebung und Rückabwicklung von zwei Schenkungsverträgen begehrte, in drei Instanzen unterlegen. Im Berufungsverfahren war er durch den Verfahrenshelfer Dr. Martin Steinbüchler vertreten.

Im Verfahren Nc2* des Landesgerichtes Steyr beantragte er die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a, c, f, Z 2 und 3 ZPO, um eine Klage gegen den Rechtsanwalt Dr. D* E* wegen Schadenersatz von EUR 3,666.000,00 sowie eine Feststellungsklage bezüglich noch nicht bezifferbarer Schäden zu erheben. Der Verfahrenshelfer habe seine Weisungen im Rechtsmittel nicht befolgt und er, der Antragsteller, habe deswegen den Prozess verloren. Zudem habe die Rechtsanwaltskanzlei direkt mit der Prozessgegnerin zusammengearbeitet.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 8. Jänner 2025, Nc2*-11 wurde der Verfahrenshilfeantrag des Antragstellers abgewiesen. Sein Vorbringen sei unzureichend und viel zu Wage, um Verfahrenshilfe für ein Verfahren gegen den Verfahrenshelfer wegen Schadenersatz von immerhin EUR 3,666.000,00 zu bewilligen. Auf dieser Grundlage würde eine Partei, die die Kosten – allein die Pauschalgebühr betrage EUR 48.123,00 – aus eigener Tasche vorschießen müsse, nicht in ein Verfahren gehen. Die beabsichtigte Prozessführung sei offenbar mutwillig.

Nun beantragt der Antragsteller Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rekurses gegen den abweisenden Verfahrenshilfebeschluss und lehnt die Richterin des Landesgerichtes Steyr Mag. B* C* wegen Befangenheit ab. Diese versuche, ihre Entscheidung aus dem Vorverfahren zu rechtfertigen und unterstelle dem Antragsteller Mutwilligkeit.

Die abgelehnte Richterin nahm dazu Stellung, dass sie sich nicht befangen fühle und auch nicht versuche, ihre eigenen Entscheidungen zu rechtfertigen. Ihre Entscheidungen seien rein auf sachlicher Grundlage erfolgt.

Mit dem angefochtenen Beschlusswies das Erstgericht den Ablehnungsantrag als unbegründet ab. In seiner Begründung verwies es zunächst auf § 19 Z 2 JN, wonach ein Richter abgelehnt werden könne, wenn ein zureichender Grund vorliege, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Das Wesen der Befangenheit bestehe in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Befangenheit liege vor, wenn ein Richter an eine Rechtssache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantrete. Für das Vorliegen einer Befangenheit genüge auch deren Anschein, wenn konkrete Umstände dargetan würden, die geeignet seien, aus der Sicht eines objektiven Beurteilers die volle Unbefangenheit des betreffenden Richters aus persönlichen Gründen in Zweifel zu ziehen. Diese Befürchtung müsse sich allerdings auf konkrete Umstände, die im Zusammenhang mit dem konkreten Verfahren und dessen Parteien stünden, stützen. Im Interesse des Ansehens der Justiz sei bei der Prüfung der Befangenheit ein strenger Maßstab anzulegen, die Befangenheit sei also nicht restriktiv auszulegen, sodass im Zweifelsfall Befangenheit anzunehmen sein werde. Die bloße subjektive Besorgnis der Partei genüge nicht. Die Ablehnung solle zudem nicht die Möglichkeit eröffnen, dass sich die Parteien ihnen nicht genehmer Richter entledigen könnten. Weder die Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch die Vertretung einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter bilde einen Ablehnungsgrund; dies selbst dann, wenn die Rechtsansicht von der herrschenden Rechtsprechung abgelehnt werde. Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen seien nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen. Eine unrichtige Entscheidung könne nur im Rechtsmittelweg bekämpft werden, womit bezweckt werde, die gefällte Entscheidung auf ihre Richtigkeit zu prüfen, während das Ablehnungsverfahren darauf abziele, den abgelehnten Richter aus dem Verfahren überhaupt auszuschalten. Vermeintliche Entscheidungsfehler seien daher in der Regel kein Ablehnungsgrund. Auch Verfahrensmängel vermögen in der Regel nicht Befangenheit eines Richters darzutun, wenn sie nicht so schwerwiegend seien, dass sie die mangelnde Objektivität des Richters erkennen ließen. Erst eine besondere Intensität oder Häufigkeit von Fehlern in der Verfahrensführung oder Rechtsanwendung könnten Rückschlüsse auf eine allfällige mangelnde Objektivität des Richters zulassen. Der vom Antragsteller ins Treffen geführte Ablehnungsgrund eines Verfahrensverstoßes stelle keinen tauglichen Ablehnungsgrund dar. Die im Beschluss vertretene Rechtsansicht der Mutwilligkeit könne im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens überprüft werden und stelle ebenfalls keinen tauglichen Ablehnungsgrund dar. Es liege daher keine Voreingenommenheit und damit eine Befangenheit vor. Der Ablehnungsantrag sei daher unbegründet.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Antragsgegners mit dem erkennbaren Abänderungsantrag, seinem Befangenheitsantrag Folge zu geben. Er macht geltend, das Argument der Mutwilligkeit sei für ihn nicht nachvollziehbar. Er erachte den vom gerichtlich beauftragten Gutachter ermittelten Liegenschaftswert als den objektivsten Zugang betreffend die Streitwertgrundlage. Ein Verfahrenshelfer hätte möglicherweise alternative Zugänge wie eine Teilklage gefunden. Er sei ohne Verfahrenshelfer bei einer Feststellungsklage auch in der Präzisierung überfordert. Er könne auch nicht verstehen, warum bei der Feststellungsklage Mutwilligkeit gesehen werde. Er habe in seiner juristischen Unkenntnis keine andere Möglichkeit gesehen, als sich an einem Gerichtsdokument zu orientieren. Was den Vorwurf unzureichender vager Schilderungen betreffend die Kanzlei E* betreffe, so sei es für ihn unmöglich, dass konkrete widerrechtliche Mandatsverhältnis dieser Kanzlei zu seiner Gegnerin zu präzisieren. Er habe dazu keinen Einblick. Tatsache sei jedoch, dass seine Gegnerin vertrauliche Informationen erhalten haben müsse, die ihm nun zum Schaden gereichten. Das Auftreten der Fehler und Unterlassungen dieser Kanzlei erkläre sich durch diese Doppelvertretung. Seine Prozessgegnerin bzw ihr Rechtsvertreter hätten sich bereits aufgrund der unrichtigen und durch die Kanzlei E* - entgegen seinem Auftrag - nicht bekämpften Feststellungen bereits zu seinem Schaden bedient. Auch wenn manche Feststellungen nicht entscheidungsrelevant gewesen sein sollten profitiere die Gegnerin dennoch, nun bei anderen Verfahren. Bei allem Respekt vor Mag. C* liege für ihn Befangenheit vor.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist gemäß § 526 Abs 3 iVm § 500a ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zu verweisen. Ergänzend ist nochmals zu betonen, dass weder die angebliche Unrichtigkeit von Gerichtsentscheidungen noch das Vertreten einer bestimmten Rechtsmeinung eine Ablehnung rechtfertigen. Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen. Es ist nicht die Aufgabe des Ablehnungssenats, die Rechtmäßigkeit der von einem anderen Richter vertretenen Rechtsansicht zu überprüfen (vgl OGH 21.05.2014 7 Nc 14/14i). Eine Ablehnung von Richtern kann nicht mit einer behaupteten Unrichtigkeit ihrer Entscheidung begründet werden, sondern zu deren Überprüfung dient der Instanzenzug (8 Ob 59/23v; RIS-Justiz RS0046047).

Indem sich sämtliche Rekursargumente einzig und allein auf die Behauptung einer unrichtigen Entscheidung im Verfahrenshilfeverfahren stützen, sind sie nicht geeignet, die Unrichtigkeit der erstgerichtlichen Entscheidung betreffend die behauptete Befangenheit der Richterin aufzuzeigen. Der Rekurs bleibt daher erfolglos.

Der Revisionsrekurs ist sowohl nach § 24 Abs 2 JN als auch nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO (Verfahrenshilfesachen) jedenfalls unzulässig.