JudikaturOLG Linz

10Bs39/25v – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
25. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Maßnahmenvollzugssache A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 3. Februar 2025, GZ1*-46, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. April 2017, GZ2*, wurde A* wegen einer Anlasstat nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB gemäß § 21 Abs 1 StGB in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebracht. Mit Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 16. Oktober 2023 wurde A* aus dieser Unterbringung gemäß § 47 StGB durch flankierende Maßnahmen in Form von Weisungen gemäß §§ 50, 51 StGB, nämlich insbesondere der Weisung, in der Nachsorgeeinrichtung der gemeinnützigen Genossenschaft B*, in C*, **, im Rahmen der Vollversorgung Wohnung zu nehmen und sich an die Hausordnung und die Weisungen des Betreuungspersonals zu halten, unter Bestimmung fünfjähriger Probezeit bedingt entlassen (ON 12).

Mit der am 28. November 2024 im Wege seines Erwachsenenvertreters übermittelten Eingabe beantragte der bedingt Entlassene die Aufhebung der Weisung, im Rahmen der Vollversorgung Wohnung bei der Einrichtung Agora nehmen zu müssen (ON 37).

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag ab (ON 46).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Beschwerde des bedingt Entlassenen (ON 48) ist nicht berechtigt.

Gemäß § 51 Abs 4 StGB hat das Gericht während der Probezeit erteilte Weisungen zu ändern oder aufzuheben, soweit dies nach § 50 StGB geboten scheint. Für eine Änderung oder Aufhebung einer Weisungen kommt es entscheidend darauf an, ob sie (nach wie vor) notwendig und zweckmäßig ist, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (RIS-Justiz RS0092278, RIS-Justiz RS0092294). Bei der Prüfung der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit ist nicht nur auf die konkrete Straftat, sondern auch auf die Person des Rechtsbrechers, sein Vorleben und insbesondere auf das soziale Umfeld abzustellen ( Schroll/Oshidari in Höpfel/Ratz , WK 2StGB § 50 Rz 4).

Fallbezogen erweist sich die auf einer Gesamtwürdigung sämtlicher relevanten Umstände beruhende Einschätzung des Erstgerichts, dass die Aufrechterhaltung der Weisung, für die Dauer der Probezeit in der Nachsorgeeinrichtung der gemeinnützigen Genossenschaft B*, in C*, **, im Rahmen der Vollversorgung Wohnung zu nehmen und sich an die Hausordnung und die Weisungen des Betreuungspersonals zu halten, weiterhin notwendig und zweckmäßig ist, um die vom bedingt Entlassenen weiterhin ausgehende Gefährlichkeit extramural hintanhalten zu können, als zutreffend.

Vorauszuschicken ist, dass trotz Fortbestands der die Anordnung der Maßnahme rechtfertigenden Gefährlichkeit eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers möglich war. Diesbezüglich führte die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 29. September 2023 aus, dass der bisherige Verlauf während der Unterbringung im Maßnahmenvollzug gezeigt habe, dass die Gefährlichkeit, die von dem Beschwerdeführer ausgeht, durch entsprechend intensive Betreuungs- und Behandlungsmaßnahmen, wie sie derzeit installiert sind, hintangehalten werden könne. Diese Betreuung könne jedoch alternativ auch in einer geeigneten Einrichtung außerhalb eines forensisch-therapeutischen Zentrums durchgeführt werden. Somit könne eine bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug insbesondere unter der Weisung der Wohnsitznahme bei B* mit Einhaltung der dortigen Regeln empfohlen werden (ON 9).

Zur beantragten Aufhebung der Weisung hat die Erstrichterin eine Stellungnahme der Nachsorgeeinrichtung gemeinnützige Genossenschaft B* eingeholt. Diese teilte mit Schreiben vom 9. Dezember 2024 (ON 39) mit, dass aufgrund der intensiven Betreuungs- und Behandlungsmaßnahmen der Beschwerdeführer trotz mangelnder Krankheits- und Behandlungseinsicht stabilisiert und die Gefährlichkeit hintangehalten werden hätte können. Eine Aufhebung sämtlicher Weisungen ohne einen konkreten Plan für Betreuungs- und Behandlungsmaßnahmen könne jedoch nicht empfohlen werden, da diesfalls die Gefahr bestehe, dass der Beschwerdeführer die Behandlung oder Medikation absetzt. Dies könnte zu einer erneuten Gefährdung führen. Zudem übermittelte die Nachsorgeeinrichtung eine fachärztlich-psychiatrische Stellungnahme von Dr. D* vom 9. Dezember 2024 (ON 40). Demnach hätte eine vollständige Entlassung aus dem stabilisierenden Setting mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge, dass der Beschwerdeführer keinerlei gesundheitliche Maßnahmen mehr in Anspruch nehmen würde und sich sein Zustand rasch verschlechtern könnte.

Soweit der Beschwerdeführer releviert, dass es für die Aufrechterhaltung der Weisung nicht darauf ankomme, ob er Handlungen setzt, die medizinisch für seine Gesundheit nicht gut sind, sondern die Frage der Gefährlichkeit für andere entscheidend sei und sich diese aus den Unterlagen nicht ergebe, lässt er die ergänzende Stellungnahme von Dr. D* vom 30. Jänner 2025 außer Acht (ON 45). Demnach sei angesichts der möglichen Wechselwirkungen zwischen somatischem und psychiatrischem Zustandsbild ein Verbleib im derzeitigen Betreuungsrahmen, der eine niederschwellige Interventionsmöglichkeit sowohl bei somatischen als auch bei psychiatrischen Verschlechterungen sicherstellt, aus medizinischer Sicht dringend zu empfehlen.

Wenn der Beschwerdeführer meint, er werde in ** bei seiner Familie Wohnung nehmen und es könne die Weisung durch eine Klinik wie die E* gewährleistet werden, bringt er keine für die weitere Hintanhaltung seiner Gefährlichkeit geeignete Maßnahmen, insbesondere keine Maßnahmen mit einer vergleichbaren intensiven und engmaschigen Betreuung und Behandlung wie derzeit, zur Darstellung, zumal er weder eine genaue Wohnadresse noch ein konkretes Betreuungs- und Behandlungskonzept darlegte. Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Möglichkeit, von der E* ein Heim zugewiesen zu bekommen, vermag diesen Anforderungen nicht zu entsprechen.

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die strafrechtliche Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB nur durch eine Wohnsitznahme in einer Einrichtung mit intensiven Betreuungs- und Behandlungsmaßnahmen (wie derzeit) substituierbar ist, sodass weder die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Weisung noch für eine Weisungsänderung vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.