10Bs32/25i – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Maßnahmenvollzugssache A* über die Beschwerde des Untergebrachten gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 8. Jänner 2025, GZ1*-14, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit (seit 11. September 2024 rechtskräftigem) Urteil vom 7. Februar 2024, GZ2*-107, ordnete das Landesgericht für Strafsachen Graz als Schöffengericht die strafrechtliche Unterbringung des ** geborenen A* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB an, weil er am 27. Jänner 2020 in B* unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, derentwegen er im Zeitpunkt der Tat zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) war, nämlich einer paranoiden Schizophrenie und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, – im angefochtenen Beschluss näher dargestellte – (ideal konkurrierende) Taten begangen hat, die ihm außer diesem Zustand als das Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB und das Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB zuzurechnen gewesen wären.
Seit 24. Oktober 2024 wird die Maßnahme - nach vorheriger (vorläufiger) Unterbringung im Landeskrankenhaus (kurz: LKH) B* - im Forensisch-therapeutischen Zentrum (kurz: FTZ) C* vollzogen.
Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht im Rahmen der jährlichen Überprüfung gemäß § 25 Abs 3 StGB nach Einholung einer Stellungnahme des FTZ C* (ON 9) und Anhörung des Untergebrachten (ON 13) fest, dass die weitere Unterbringung des A* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum gemäß § 21 Abs 1 StGB noch notwendig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen sogleich erhobene, auch schriftlich nicht weiter ausgeführte Beschwerde des Untergebrachten (ON 13, 2) ist nicht berechtigt.
Vorbeugende Maßnahmen sind auf unbestimmte Zeit anzuordnen und so lange zu vollziehen, wie es ihr Zweck erfordert (§ 25 Abs 1 StGB). Die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme ist zu verfügen, wenn nach der Aufführung und der Entwicklung des Angehaltenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht (§ 47 Abs 2 StGB), oder die Gefährlichkeit auch extra muros hintangehalten werden kann (vgl Haslwanterin WK² StGB § 47 Rz 10).
Die Gefährlichkeit des Untergebrachten besteht im Fall einer Anlasstat, die - wie hier - mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht ist (konkret: das Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB; vgl 12 Os 82/23k), in der Befürchtung, dass er sonst unter dem maßgeblichen Einfluss seiner schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung in absehbarer Zukunft (zumindest) eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen (§ 21 Abs 1 StGB) begehen werde.
Das Erstgericht hat den Fortbestand der normativen Gefährlichkeit nachvollziehbar und überzeugend unter Berücksichtigung aller Unterlagen (insbesondere des Einweisungsgutachtens, der Unterlagen des LKH B* sowie der Stellungnahme des FTZ C*) einschließlich des vom Untergebrachten anlässlich der Anhörung gewonnenen persönlichen Eindrucks begründet.
Auf Basis der zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen im Einweisungsurteil (gestützt auf das Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen), den Unterlagen des LKH B* (ON 11 und 12) und der Stellungnahme des FTZ C* (ON 9) geht das Erstgericht mit Recht davon aus, dass beim Untergebrachten nach wie vor - zumindest (vgl dazu die aktuelle Diagnose im ärztlichen Entlassungsbericht des LKH B* vom 15. November 2024; ON 11, 4 f) - eine psychische Störung in Form einer schwerwiegenden kombinierten Persönlichkeitsstörung vorliegt, unter deren maßgeblichen Einfluss mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft (binnen eines halben Jahres) die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung mit schweren Folgen (etwa eine schwere Nötigung) zu befürchten ist. Hervorzuheben sind dabei die Ausführungen im ärztlichen Entlassungsbericht des LHK B*, wonach die kombinierte Persönlichkeitsstörung des Untergebrachten ausgeprägte narzisstische Anteile sowie querulatorische und paranoide Züge aufweise, und der Untergebrachte unter Stress und bei Bedrohung seines gesteigerten Selbstwertgefühls in psychosewertige Zustände mit verminderter Realitätskontrolle und wahnhaftem Erleben mit Größenideen gerate. Nach Einschätzung der behandelnden Ärzte dürfte auch das Einweisungsdelikt Folge einer solch wahnhaften Dekompensation mit Größenideen gewesen sein (ON 11, 4 f).
Aufgrund gänzlich fehlender Krankheits- und Therapieeinsicht des Untergebrachten, der jeder medikamentösen Therapie und klinisch-psychologischen Behandlung ablehnend gegenübersteht (vgl ON 11, 3 f und ON 9, 3), ist bislang weder eine Besserung des bestehenden Krankheitsbildes noch eine Reduktion der Gefährlichkeit eingetreten.
Vor diesem Hintergrund kommt eine bedingte Entlassung des Untergebrachten (derzeit) nicht in Betracht. Es ist davon auszugehen, dass außerhalb der schützenden Strukturen eines forensisch-therapeutischen Zentrums die Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet, nicht ausreichend hintangehalten werden kann. Es liegt am Untergebrachten, die für seine Person dringend erforderliche Behandlung bzw Medikation zuzulassen, um so eine positive Grundlage für eine bedingte Entlassung aus der Maßnahme zu schaffen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.