JudikaturOLG Linz

8Bs1/25s – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
04. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*, geb. ** in B*, österreichischer Staatsangehöriger, derzeit ohne Beschäftigung, wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127, 129 Abs 1 Z 3, 15 Abs 1 StGB und anderer Delikte über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Wels vom 13. November 2024, GZ1*-15, und seiner (implizierten) Beschwerde gegen den zugleich ergangenen Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach der in Anwesenheit der Oberstaatsanwältin Mag. Breier, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Schuster durchgeführten Berufungsverhandlung am 4. Februar 2025

Spruch

zu Recht erkannt:

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB, des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 3, 15 Abs 1 StGB, des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB und der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 129 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 20a Abs 3 StGB wurde vom Verfall abgesehen.

Nach dem Schuldspruch hat A* zu nachgenannten Zeiten in B*

A.) am 30.7.2024 sich ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, nämlich die Bankomatkarte des C*, mit dem Vorsatz verschafft, dass er durch dessen Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde, indem er die in der von C* verlorenen Scheckkartenbörse befindliche Bankomatkarte an sich nahm;

B.) fremde bewegliche Sachen Verfügungsberechtigten des Zigarettenautomaten der Trafik D* mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er zur Ausführung der Tat eine Sperrvorrichtung, nämlich den Ausgabemechanismus des Zigarettenautomaten, mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel öffnete bzw. zu öffnen versuchte, indem er zur Zahlung die entfremdete Bankomatkarte des C* verwendete bzw. zu verwenden versuchte, und zwar:

1.) am 30.7.2024 fünf Packungen Zigaretten der Marke JohnPlayer im Gesamtwert von Euro 29,00;

2.) am 31.7.2024 eine Packung Zigaretten in unbekanntem Wert, wobei die Tat beim Versuch blieb;

C.) am 30.7.2024 C* dadurch geschädigt, dass er eine fremde bewegliche Sache, nämlich die von C* verlorene Scheckkartenbörse, aus dessen Gewahrsam dauernd entzog, ohne die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen, indem er die Scheckkartenbörse an sich nahm und in einen Mülleimer warf;

D.) Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, unterdrückt und teils beschädigt, und zwar:

1.) am 30.7.2024 die E-Card und den Defi-Ausweis des C*, indem er sie an sich nahm und in einen Mülleimer warf;

2.) in der Zeit 30.7.2024 bis zur Sicherstellung am 1.8.2024 den Führerschein des C*, indem er ihn an sich nahm, bei sich verwahrte und einen Teil des Führerscheins abschnitt.

Mit Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO widerrief das Erstgericht die zu GZ4* und unter Bedachtnahme auf dieses Urteil zu GZ5* gewährten bedingten Strafnachsichten je des Bezirksgerichtes Vöcklabruck; zugleich sah es gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der zu GZ2* und zu GZ3* je des Landesgerichtes Wels gewährten bedingten Strafnachsichten ab.

Gegen den Strafausspruch wendet sich die schriftlich ausgeführte Berufung des Angeklagten, mit der er eine bedingte bzw. zumindest teilbedingte Strafnachsicht mit der Weisung der Bewährungshilfe anstrebt (ON 17). Mit seiner Beschwerde gegen den nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss wendet er sich gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsichten.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung des Angeklagten ist teilweise erfolgreich.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als mildernd das umfassende und reumütige Geständnis sowie den Umstand, dass es bei der Tatbegehung teilweise beim Versuch blieb; als erschwerend hingegen das Zusammentreffen mehreren Vergehen, vier einschlägige Vorstrafen (Positionen 2 und 4 bis 6 der Strafregisterauskunft) sowie den äußerst raschen Rückfall (gerade einmal zwei Wochen nach der Entlassung aus der Haft am 16.7.2024). Die Tatbegehung während offener Probezeiten wurde im Rahmen des § 32 StGB als schuldaggravierend gewertet.

Allerdings sind die vom Erstgericht angenommenen vier einschlägigen Vorstrafen auf richtigerweise drei einschlägige (Positionen 2, 4 und 5 der Strafregisterauskunft) zu korrigieren. Nach §§ 31, 40 StGB hätte nämlich die im Verfahren GZ6* des BG Vöcklabruck (Position 6) angelastete Tat nach der Zeit ihrer Begehung schon im früheren Verfahren zu GZ4* des BG Vöcklabruck (Position 5) abgeurteilt werden können.

Wenn nun der Berufungswerber moniert, dass das Erstgericht die psychische Gesundheit des Angeklagten nicht berücksichtigt habe, so ist dem entgegenzuhalten, dass ein „abnormer Geisteszustand“ nur dann als Milderungsgrund im Sinne des § 34 Abs 1 Z 1 2. Fall StGB in Betracht kommt, wenn die Tat unter dessen Einfluss begangen wurde. Davon kann hier nicht ausgegangen werden, da es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass die Erkrankung des Angeklagten an einer paranoiden Schizophrenie für die Tatbegehung ursächlich bzw. (mit-)bestimmend war.

Zwar ist der finanzielle Schaden – wie dies vom Berufungswerber richtig aufgezeigt wird – gering ausgefallen, dies allerdings nur deshalb, weil die Bankomatkarte von C* gesperrt wurde (Urteil ON 15 AS 5). Dass der Angeklagte am 31.7.2024 erneut den Zigarettenautomaten aufsuchte, um neuerlich eine Packung Zigaretten von diesem zu beziehen und es dabei jedoch beim Versuch blieb, wurde vom Erstgericht bereits als strafmildernd berücksichtigt.

Ausgehend von den Strafzumessungskriterien des § 32 Abs 2 StGB und dem dargestellten Strafzumessungskatalog – insbesondere dem dreifach einschlägig belasteten Vorleben und dem raschen Rückfall – ist vor dem Hintergrund des in § 129 Abs 1 StGB normierten Strafrahmens von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe auf Basis der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) sowie unter Berücksichtigung spezial- und generalpräventiver Erwägungen eine Reduktion der Freiheitsstrafe auf zehn Monate tat- und schuldangemessen. Vor allem ist auch der Umstand nicht zu verkennen, dass die gegenständlichen Taten sowie die zeitlich nahe zurückliegenden (Bedachtnahme-)Verurteilungen in den Positionen 5 bis 7 der Strafregisterauskunft (wegen §§ 125, 127 StGB) als untergeordnete Delinquenz zu werten sind.

Der Angeklagte wurde am 1.10.2021 zu GZ3* des LG Wels zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe im Gesamtausmaß von 18 Monaten verurteilt, wovon 12 Monate bedingt nachgesehen wurden. Mit 17.12.2021 wurde er aus einer viermonatigen Freiheitsstrafe bedingt entlassen, wobei er während offener Probezeit erneut einschlägig rückfällig wurde (BG Vöcklabruck, GZ4* vom 26.06.2023) und folglich die bedingte Entlassung widerrufen wurde. Nach einer zweimonatigen Freiheitsstrafe wurde der Angeklagte am 16.7.2024 entlassen und legte lediglich zwei Wochen später erneut ein delinquentes Verhalten an den Tag. Ausgehend von einer ungünstigen spezialpräventiven Prognose kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der nur teilweise Vollzug einer Freiheitsstrafe genügen würde, um den Angeklagten von weiteren Straftaten abzuhalten. Die Gewährung einer auch nur teilbedingten Strafnachsicht, dies auch mit einer allfälligen Anordnung einer Bewährungshilfe, kommt somit fallkonkret nicht mehr in Betracht.

Im Hinblick auf diesen Strafmaß ist jedoch der Widerruf der zu GZ4* und der unter Bedachtnahme auf dieses Urteil zu GZ5* je des Bezirksgerichtes Vöcklabruck gewährten bedingten Strafnachsichten im Gesamtausmaß von sechs Wochen nicht zusätzlich geboten, um den Angeklagten künftig von strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB). Es kann mit einer Verlängerung der Probezeiten auf je fünf Jahre ein Auslangen gefunden werden, wodurch ein längerer Beobachtungszeitraum nach der Enthaftung gewährleistet ist.