8Bs2/25p – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* und B*wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung bzw der Beteiligung hiezu nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB über den Einspruch des B * gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wels, GZ1* (ON 16 in GZ2* des Landesgerichtes Wels), in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Einspruch wird abgewiesen.
Die Anklageschrift ist hinsichtlich B* rechtswirksam.
Text
Begründung:
Mit der genannten Anklageschrift legt die Staatsanwaltschaft Wels (ua) B* zur Last, er habe (B.) in ** zur Ausführung folgender Taten der A* wissentlich beigetragen, indem er ihr sein Konto für den Empfang der Überweisungen zur Verfügung stellte, und zwar dazu, dass A* in ** als Buchhalterin des Hotel- und Metzgereibetriebs C*
1. ihre Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch D* und E* in einem EUR 5.000,00 übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt habe, indem sie ohne Rechtsgrund von den Konten des Hotel- und Metzgereibetriebs C* Überweisungen auf [unter anderem] das Konto von B* bei der F* Bank AG tätigte, und zwar:
1.2.1. am 6. November 2017 eine Überweisung in der Höhe von EUR 802,79;
1.2.2. am 3. Oktober 2018 eine Überweisung von EUR 2.239,22;
1.2.3. im Jahr 2019 Überweisungen in Höhe von insgesamt EUR 6.261,89;
1.2.4. im Jahr 2020 Überweisungen in Höhe von insgesamt EUR 6.604,23;
1.2.5. im Jahr 2021 Überweisungen in Höhe von insgesamt EUR 11.628,76;
1.2.6. im Jahr 2022 Überweisungen in Höhe von insgesamt EUR 7.278,41;
1.2.7. im Jahr 2023 Überweisungen in Höhe von insgesamt EUR 14.702,23;
1.2.8. am 15. Jänner 2024 eine Überweisung in Höhe von EUR 8.187,65.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Anklageschrift richtet sich der Einspruch des B* (ON 20), der nicht berechtigt ist.
Gemäß § 212 StPO steht einem Angeklagten gegen die Anklageschrift Einspruch an das Oberlandesgericht zu, wenn
1. die ihm zur Last gelegte Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst ein Grund vorliegt, der die Verurteilung des Angeklagten aus rechtlichen Gründen ausschließt,
2. Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz hinreichend geklärten Sachverhalts nicht ausreichen, um eine Verurteilung des Angeklagten auch nur für möglich zu halten und von weiteren Ermittlungen eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist,
3. der Sachverhalt nicht soweit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten nahe liegt,
4. die Anklageschrift an wesentlichen formellen Mängeln leidet (§ 211 StPO),
5. die Anklageschrift ein für die angeklagte Straftat sachlich nicht zuständiges Gericht anruft,
6. die Anklageschrift ein örtlich nicht zuständiges Gericht anruft,
7. der nach dem Gesetz erforderliche Antrag eines hiezu Berechtigten fehlt oder
8. die Staatsanwaltschaft das Verfahren zu Unrecht nachträglich gemäß § 205 Abs 2 StPO oder § 38 Abs 1 oder 1a SMG fortgesetzt hat.
Voraussetzung einer Anklageerhebung ist gemäß § 210 Abs 1 StPO das Naheliegen einer Verurteilung aufgrund ausreichend geklärten Sachverhalts; die Anklage ist beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht einzubringen.
Gemäß § 212 Z 1 StPO kann gegen eine Anklageschrift Einspruch erhoben werden, wenn die zur Last gelegte Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst ein Grund vorliegt, der die Verurteilung des Angeklagten aus rechtlichen Gründen ausschließt.
Dass die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, betrifft die Rechtsfrage, ob der angeklagte Lebenssachverhalt als prozessualer Tatbegriff – hypothetisch als erwiesen angenommen – unter den Tatbestand zumindest einer gerichtlich strafbaren Handlung (als rechtliche Kategorie) zu subsumieren wäre.
Nach § 212 Z 2 und 3 StPO wäre eine Anklage mangelhaft, wenn entweder Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz hinreichend geklärten Sachverhalts nicht ausreichen, um eine Verurteilung des Angeklagten auch nur für möglich zu halten und von weiteren Ermittlungen eine Intensivierung des Verdachtes nicht zu erwarten ist (Z 2) oder der Sachverhalt nicht soweit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten nahe liegt (Z 3).
Inhaltlich releviert der Einspruchswerber erkennbar, wie in der Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft vom 8. Jänner 2025 zutreffend aufgegriffen und beantwortet, die Einspruchsgründe nach § 212 Z 2 und 3 StPO; dies allerdings nach Art einer Schuldberufung gegen die von der Anklagebehörde aus den Ermittlungsergebnissen gezogenen Schlüssen und verkennt damit den Prüfungsmaßstab der geltend gemachten Einspruchsgründe.
§ 212 Z 2 StPO setzt eben voraus, dass Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz eingehender Ermittlungen nicht ausreichen, um bei lebensnaher Betrachtung eine Verurteilung auch nur entfernt für möglich zu halten und fordert solcherart (lediglich) eine noch unter der einfachen Verurteilungswahrscheinlichkeit (§ 210 Abs 1 StPO) liegende Verdachtsdichte ( Birklbauer in Fuchs/Ratz,WK StPO § 12? Rz 18ff). Eine solche ergibt sich zwanglos aus den aktenkundigen Erhebungsergebnissen; in Bezug auf die durch den Einspruchswerber aufgeworfene Frage, zu welchem Zeitpunkt er Kenntnis von den Malversationen der A* erlangte, den Darlegungen der Staatsanwaltschaft Wels entsprechend Seite 4 der Anklageschrift, insbesondere aus dem Umstand, dass die vom Einspruchswerber unterzeichnete Rückzahlungsvereinbarung (ON 2.7) vom 15. März 2024 datiert, während seine erste polizeiliche Einvernahme, anlässlich derer er erstmals von den Vorwürfen gegen seine Lebensgefährtin erfahren haben will, erst am 4. Oktober 2024 erfolgte. Aber auch die Höhe der auf sein Konto bei der F* Bank AG eingegangenen inkriminierten Gelder von insgesamt EUR 57.705,18 und deren – zumindest teilweise – Verwendung für die Begleichung ihn treffender Verbindlichkeiten legen den Schluss nahe, dass der Zweitangeklagte bereits zu den Tatzeitpunkten Kenntnis von den dolosen Handlungen A* hatte. Gesamthaft beurteilt ergibt sich bei lebensnaher Betrachtung aus den dargelegten belastenden Beweisergebnissen ohne weiteres auch eine einfache Verurteilungswahrscheinlichkeit iSd § 210 Abs 1 StPO (vgl dazu BirklbaueraaO § 212 Rz 15), sodass auch der Einspruchsgrund des § 212 Z 3 StPO nicht gegeben ist.
Allein die Behauptung, dass seine Unterschrift auf dieser Rückzahlungsvereinbarung, die auf einen früheren Wissensstand schließen ließe, nun nicht von ihm, sondern unter Druck von fremder Hand (durch A*) geleistet worden sei, vermag daran am Maß der Einspruchsgründe derzeit nichts Entscheidendes zu ändern. Immerhin spricht auch eine Email des Einspruchswerbers vom 2. April 2024 an die Rechtsvertretung der Opfer nicht nur von einer gemeinsamen Anerkennung aller Beträge, sondern auch davon, dass bei Schadenstilgung eine Erklärung gewünscht sei, die eine strafrechtliche Verfolgung – beider – ausschließen möge (ON 2.10,1).
Insofern bleibt die Beweiswürdigung hierüber dem Schöffengericht im Erkenntnisverfahren vorbehalten; dies gilt auch für die subjektive Tatseite, die derzeit dadurch verdachtsmäßig unterfüttert wird, dass überwiesene Gelder in den Jahren 2023 und 2024 augenscheinlich für Tilgungen des Einspruchswerbers beim Finanzamt und für die Sozialversicherungsanstalt verwendet wurden (vgl ON 4.7).
Da nach Prüfung der Anklage kein Grund besteht, der die Verurteilung des Angeklagten aus rechtlichen Gründen ausschließt (§ 212 Z 1 StPO), der Sachverhalt hinreichend geklärt (§ 212 Z 2 StPO) und aufgrund der angeführten Verdachtslage eine Verurteilung naheliegend ist (§ 212 Z 3 StPO), die Anklageschrift überdies auch sonst an keinem wesentlichen formellen Mangeln leidet (§ 212 Z 4 StPO), die hiezu berechtigte Staatsanwaltschaft (§ 212 Z 7 StPO) das örtlich und sachlich zuständige Landesgericht als Schöffengericht angerufen hat (§ 212 Z 5 und 6 StPO) und keine sonstigen Hinderungsgründe iSd § 212 Z 8 StPO vorliegen, liegt keiner der Fälle des § 215 Abs 2 bis 4 StPO vor, sodass gemäß § 215 Abs 6 StPO der Einspruch abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Angeklageschrift festzustellen war.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.