Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 und 5 StGB über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 29.9.2025, GZ **-12, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).
Begründung :
Der ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck einen Strafenblock aus mehreren zeitlichen Freiheitsstrafe(n). Er hat mehr als zwei Drittel dieser zeitlichen Freiheitsstrafe(n) verbüßt, das urteilsmäßige Strafende bei ungekürztem Vollzug fällt auf den 18.8.2026.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht einen selbständigen Antrag des Strafgefangenen, ihn nach Verbüßung von mehr als zwei Drittel bedingt zu entlassen, abgewiesen. Dies wurde mit der Wirkungslosigkeit mehrerer Hafterfahrungen und zahlreicher Ordnungswidrigkeiten im Vollzug, zuletzt am 21.7.2025, begründet. Trotz Besserungsbeteuerungen, einem vorhandenen sozialen Empfangsraums sowie einer in der Haft absolvierten Gewalt- und Männerberatung sei die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Prognose, dass der Verurteilte durch die bedinge Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, nach wie vor nicht zu rechtfertigen (ON 12).
Gegen diesen Beschluss richtet sich eine rechtzeitige, durch den Verteidiger ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinn einer Bewilligung der bedingten Entlassung abzuändern. Argumentativ verweist die Beschwerde darauf, dass sich der Strafgefangene nunmehr seit mehr als fünf Jahren in Haft befinde. Es liege eine konkrete Arbeitszusage vor. Er habe während der Haft zahlreiche Beratungs- und Gesprächstherapien in Anspruch genommen und sei dazu auch weiterhin bereit und einverstanden, sich durch die Bewährungshilfe betreuen zu lassen. Auch die Leitung der Justizanstalt habe gegen die bedingte Entlassung keine Bedenken geäußert. Die Feststellung des Erstgerichts einer Ordnungswidrigkeit am 21.7.2025 sei aktenwidrig (ON 14).
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthalten hat, ist nicht berechtigt.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte der Strafzeit(en) vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinn von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat(en) begangen wurde(n), eingetreten ist, oder durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist – wie hier nach dem Drittelstichtag – die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist der Rest der Strafe bedingt nachzusehen ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1 mwN).
Nach wie vor sind die Besserungsbeteuerungen des Strafgefangenen und ein vorhandener sozialer Empfangsraum sowie Beratungsgespräche bei der Gewalt- und Männerberatung im November und Dezember 2024 prognostisch positiv zu veranschlagen. Es trifft auch zu, dass das vom Erstgericht herangezogene Ordnungsstrafverfahren im Juli 2025 am 22.7.2025 eingestellt wurde. Unabhängig davon ist aber die Aufführung des Strafgefangenen im Vollzug durch zahlreiche Ordnungswidrigkeiten getrübt. Allein für das Jahr 2024 weist die Infomaske Ordnungsstrafverfahren fünf Ordnungswidrigkeiten auf, von denen drei in die Zeit nach Ablehnung der bedingten Entlassung zum Drittelstichtag zu ** des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht fallen.
Aus der Strafregisterauskunft des Strafgefangenen ergeben sich 20 Eintragungen, von denen zwei im Zusatzstrafenverhältnis nach § 31 Abs 1 StGB stehen. Vor dem derzeitigen Strafenblock wurden über den Strafgefangenen mehrfach (zum Teil auch längere) Freiheitsstrafen verhängt, die er verbüßt hat. Er kam bislang dreimal in den Genuss bedingter Entlassungen (2000, 2002 und zuletzt 2015). In einem Fall stand er die Probezeit durch, zwei bedingte Entlassungen wurden aus Anlass neuerlicher Delinquenz widerrufen. Auch die Anordnung von Bewährungshilfe anlässlich der letzten bedingten Entlassung 2015 konnte neuerliche Straffälligkeit nicht verhindern.
Ausgehend davon ist die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Prognose, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, auch nach Verbüßung von mehr als zwei Drittel der zeitlichen Freiheitsstrafe(n) nach wie vor nicht zu rechtfertigen.
Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB bieten sich der Beschwerde zuwider beim rückfallslabilen Strafgefangenen nicht an. Allfällige gesundheitliche Einschränkungen des Strafgefangenen führen zu keiner Änderung dieser Einschätzung, weil ihnen allenfalls im Rahmen des § 133 StVG durch einen nachträglichen Aufschub des Strafvollzugs Rechnung zu tragen wäre.
Ausgehend davon konnte die Beschwerde nicht durchdringen und war spruchgemäß zu entscheiden.
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