Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache der A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB über die Beschwerde der Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 16.9.2025, GZ **-7, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird F o l g e gegeben und A* aus dem Vollzug der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten zu ** des Landesgerichts Innsbruck nach Verbüßung von mehr als zwei Drittel dieser Freiheitsstrafe am 15.10.2025nach § 46 Abs 1 StGB bedingt entlassen.
Die Probezeit wird nach § 48 Abs 1 StGB mit drei Jahren bestimmt.
Gemäß § 50 Abs 1 StGB wird Bewährungshilfe angeordnet.
Gemäß § 51 Abs 1 StGB wird A* die Weisung erteilt, sich weiterhin bei einer geeigneten Einrichtung einer ambulanten Suchtbehandlung zu unterziehen und dem Erstgericht über deren Verlauf quartalsmäßig, erstmalig am 1.12.2025 zu berichten.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug n i c h tzu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).
BEGRÜNDUNG:
Die ** geborene A* verbüßt derzeit im elektronisch überwachten Hausarrest die über sie im Verfahren ** des Landesgerichts Innsbruck wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit (Stichtag 2.2.2025) bzw zum Drittelstichtag (Stichtag 2.7.2025) wurden rechtskräftig abgewiesen (Verfahren ** und ** je des Landesgerichts Innsbruck). Das urteilsmäßige Ende ist der 2.5.2026.
Mit selbstverfasster, am 21.8.2025 am Landesgericht Innsbruck eingelangter Eingabe stellte A* einen selbständigen Antrag auf bedingte Entlassung (ON 2). Dazu brachte sie zusammengefasst vor, sich seit 18.12.2024 im elektronisch überwachten Hausarrest zu befinden, alle Auflagen gewissenhaft zu erfüllen, vollbeschäftigt als Kellnerin und Rezeptionistin in ** zu arbeiten, wo sie auch ihren Hauptwohnsitz begründet habe. Sie ersuche um eine persönliche Anhörung, um die Gründe, die für eine bedingte Entlassung sprächen, persönlich vorbringen zu können (ON 2.1). Angeschlossen findet sich eine Stellungnahme des Vereins ** vom 18.8.2025, in der der Antragstellerin attestiert wird, ihre Termine bei der Bewährungshilfe ebenso wie bei der Schuldnerberatung verlässlich wahrzunehmen, schließlich auch ihren im B* untergebrachten Sohn regelmäßig zu besuchen (ON 2.2).
Unter Hinweis auf zwei Ordnungswidrigkeiten, zahlreiche Ausgänge im gelockerten Vollzug sowie die im Rahmen des elektronisch überwachten Hausarrests erteilten Auflagen (Vorlage Lohnzettel und Stundenaufzeichnungen, Harntest, Therapie beim Verein Suchthilfe **, Schuldnerberatung und Unterhaltszahlungen) hegte der Anstaltsleiter der Justizanstalt Innsbruck keine Bedenken gegen eine bedingte Entlassung nach Verbüßung von mehr als zwei Drittel der Strafzeit (ON 6.2). Die Staatsanwaltschaft äußerte sich ablehnend (ON 5).
Nach Durchführung einer persönlichen Anhörung, in der die Strafgefangene auf ihre länger zurückliegenden Verurteilungen und den Umstand hinwies, nunmehr auf einem guten Weg zu sein, schließlich auch beteuerte, nicht mehr straffällig werden zu wollen, lehnte das Landesgericht Innsbruck als Vollzugsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss die bedingte Entlassung der Strafgefangenen ab. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Strafgefangene bereits mehrfach von Strafgerichten zu Geld- als auch zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei, trotz des Übels langer Freiheitsentzüge und obwohl sie bereits in den Genuss bedingter Strafnachsichten und Entlassungen sowie der Anordnung von Bewährungshilfe gekommen sei, immer wieder rückfällig geworden sei, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Strafgefangene auch unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten werde (ON 7).
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthalten hat, dringt durch.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Anm: Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinne von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung - allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB - nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen ( Jerabek/RopperaaO Rz 15). Generalpräventive Erwägungen haben anlassbezogen aufgrund des § 46 Abs 2 StGB außer Betracht zu bleiben
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Verkündung angemeldete (ON 8, 3) und in der Folge schriftlich ausgeführte Beschwerde der Strafgefangenen (ON 9), die in den Antrag mündet, die bedingte Entlassung nach Verbüßung von mehr als zwei Drittel der Strafzeit zu bewilligen (ON 9).
Die Strafregisterauskunft der Beschwerdeführerin weist fünf Verurteilungen auf, wobei – den erstgerichtlichen Ansicht zuwider – über A* - neben der nunmehr dem gegenständlichen Vollzug zugrundeliegenden Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe – bislang erstmals im Verfahren ** des Landesgerichts Innsbruck eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt wurde, aus welcher sie am 21.11.2016 mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht zu ** unter Anordnung der Bewährungshilfe bedingt entlassen wurde, sodass es sich anlassbezogen um die zweite Hafterfahrung der Strafgefangenen handelt.
Entgegen den erstgerichtlichen Ausführungen kam die Beschwerdeführerin auch nicht mehrmals in den Genuss bedingter Strafnachsichten, sondern wurde über sie aus Anlass ihrer ersten Verurteilung durch das Bezirksgericht Rattenberg am 13.10.2005 zu ** eine teilbedingte Geldstrafe verhängt, während sie in den Verfahren ** und ** je des Bezirksgerichts Kufstein in den Jahren 2008 und 2011 zu unbedingten Geldstrafen verurteilt wurde.
A* befindet sich seit 19.12.2024 im elektronisch überwachten Hausarrest, in dem sie die Betreuungstermine durch den Verein ** verlässlich und regelmäßig wahrnimmt, ebenso wie bei der Suchthilfe ** und der Schuldnerberatung (vgl Stellungnahme ** in ON 2.2). Richtig ist, dass sich aus der Infomaske Ordnungsstrafverfahren zwei Ordnungswidrigkeiten vom 28.5.2024 (Harn positiv) und vom 22.7.2024 (Hausordnung) entnehmen lassen (ON 6.3), sich daraus aber auch ergibt, dass das Verhalten der Beschwerdeführerin seit über 14 Monaten keinen Grund mehr für Beanstandungen gibt. Nach dem Akteninhalt verfügt die Strafgefangene auch über gesicherte finanzielle und wohnliche Verhältnisse, auch Ausgänge im gelockerten Vollzug wurden ohne Vorkommnisse absolviert.
Ausgehend davon erachtet das Beschwerdegericht unter Berücksichtigung der Anordnung von Bewährungshilfe nach § 50 Abs 1 StGB sowie der im Spruch ersichtlichen Weisung eine bedingte Entlassung aus spezialpräventiver Sicht zumindest gleich günstig als den weiteren Strafvollzug.
Damit drang die Beschwerde durch.
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