Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* wegen der Verbrechen der Aufforderung zur nationalsozialistischer Wiederbetätigung nach § 3d Abs 1 VG und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 8.8.2025, GZ **-115, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug n i c h tzu (§ 89 Abs 6 StPO).
BEGRÜNDUNG:
Soweit für das gegenständliche Beschwerdeverfahren von Relevanz legt die Staatsanwaltschaft Feldkirch dem Angeklagten mit (rechtswirksamer) Anklageschrift vom 17.2.2025 zu ** - neben einem mehreren Verbrechen der Aufforderung zu nationalsozialistischer Wiederbetätigung nach § 3d Abs 1 VG subsumiertem Verhalten (A./) - auch zur Last, dieser habe
B./ sich in einem unbekannten Zeitraum bis zum 27.06.2024 in ** und an anderen Orten in Vorarlberg auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er den Nationalsozialismus und die Person Adolf Hitler verherrlichend, spezifische Zielsetzungen der NSDAP unsachlich, einseitig und propagandistisch vorteilhaft darstellend diverse Manifeste und Flugblätter erstellte und diese für propagandistische Zwecke vorrätig hielt, in denen er die Ideen des Nationalsozialismus anpreist und dazu aufruft, Deutschland in der Form bis zum 08.05.1945 wieder aufleben zu lassen, das deutsche Volk als „Judaslohnherde“ und die deutsche Regierung als „Judasheer“ bezeichnet sowie wiederholt den Leitspruch „DEUTSCHE ERWACHT“ (in Anlehnung an den Leitspruch der Sturmabteilung der NSDAP „Deutschland erwache“) verwendet.
Zumnäheren (auch) diesem Vorwurf zugrundeliegenden Sachverhalt und den beweiswürdigenden Erwägungen der Anklagebehörde wird zur Vermeidung einer bloß referierenden Wiederholung auf die Begründung dieser Anklageschrift (ON 64.46, 4 f) sowie die dazu ergangen Einspruchsentscheidung des Oberlandesgerichts vom 27.3.2025, 7 Bs 64/25g (ON 64.50.3) identifizierend verwiesen (RIS-Justiz RSRIS-Justiz RS0124017 [T3, T4 und T6]).
Mit Schriftsatz vom 30.6.2025 beantragte der Angeklagte die Ausfolgung seines seit 29.7.2024 beim LKA ** befindlichen MP3-Players samt Kopfhörer mit der Behauptung, der MP3-Player stehe seinem Wissensstand nach in keinem Zusammenhang mit der gegenständlichen Anklage (ON 106).
Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies – soweit hier von Interesse – der Vorsitzende des Geschworenengerichts des Landesgerichts Feldkirch nach neuerlicher Sichtung des Geräts durch das ** den Antrag auf Ausfolgung des MP3-Players mit der Begründung ab, dass sich darauf - im angefochtenen Beschluss näher bezeichneter - Rechtsrock und Propagandaschriften befänden, sodass der MP3-Player bzw die darauf befindlichen Daten der Einziehung nach § 3n VG unterlägen, zumal der Angeklagte nach dem Stand des bisherigen Verfahrens auch nicht Gewähr dafür leisten könne, diese Materialien nicht zu verbreiten (ON 115).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Angeklagten, die in den Antrag mündet, den sichergestellten MP3-Player an ihn auszufolgen (ON 120).
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthalten hat, ist nicht berechtigt.
Vorangestellt wird, dass der gegenständliche MP3-Player am 29.7.2024 in der JA ** von der Kriminalpolizei aus eigenem nach § 110 Abs 3 Z 1 lit c und d, Z 3 StPO sichergestellt wurde (ON 64.31.4, 1).
Nach § 110 Abs 1 Z 3 StPO ist eine Sicherstellung (§ 109 Abs 1 Z 1 StPO) unter anderem zulässig, wenn sie zur Sicherung der Konfiskation (§ 19a StGB) der Einziehung (§ 26 StGB) oder einer anderen gesetzlich vorgesehenen vermögensrechtlichen Anordnung erforderlich scheint. Nach § 111 Abs 4 StPO hat die von der Sicherstellung betroffene Person das Recht, eine gerichtliche Entscheidung über die Aufhebung oder – mit Verweis auf § 115 StPO – die Fortsetzung der Sicherstellung zu beantragen. § 115 Abs 2 zweiter Halbsatz StPO normiert, dass das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder einer von der Sicherstellung betroffenen Person unverzüglich über die Beschlagnahme zu entscheiden hat. Ein Antrag des Betroffenen auf Aufhebung oder Fortsetzung der Sicherstellung nach § 111 Abs 4 StPO hat die Rücknahme des betroffenen Gegenstands, also die Aufhebung der Sicherstellung zum Ziel. Gibt das Gericht diesem Antrag nicht statt, bestätigt es die Sicherstellung – und eine derartige Entscheidung führt zu einer Beschlagnahme (§ 109 Z 2 StPO); im umgekehrten Fall hebt es die Sicherstellung auf (vgl Tipold/Zerbes in WK-StPO § 113 Rz 19; § 115 Rz 14).
Gemäß § 115 Abs 1 StPO ist eine Beschlagnahme zulässig, wenn die sichergestellten Gegenstände voraussichtlich im weiteren Verfahren – hier von Relevanz – dazu dienen werden, eine gerichtliche Entscheidung auf Konfiskation (§ 19a StGB), Einziehung (§ 26 StGB) oder eine andere gesetzlich vorgesehene vermögensrechtliche Anordnung zu sichern (Z 3). Eine Beschlagnahme in diesem Sinn ist nur dann auszusprechen, wenn der Verdacht auf das Vorliegen aller Konfiskation- oder Einziehungsvoraussetzungen, der eine erste Sicherungsentscheidung durch die Staatsanwaltschaft oder Polizei ausgelöst hat, weiterhin besteht. Für die Beurteilung dieser Verdachtslage ist der Zeitpunkt des Beschlusses maßgebend.
Fallbezogen bejaht das Beschwerdegericht den unter Punkt B./ der Anklageschrift zu ** dargestellten und dem Angeklagten zur Last gelegten Tatverdacht, wobei dazu identifizierend erneut auf die Einspruchsentscheidung dieses Gerichts vom 27.3.3025 zu 7 Bs 64/25g verwiesen wird (ON 64.50). Auf dem in in Rede stehenden MP3-Player finden sich – neben Rechtsrock – auch das anklagegegenständliche Manifest „**“ bzw „**“ (ON 64.31.8, 3; ON 109) sowie das Flugblatt „**“ (ON 64.31.8, 9; ON 109).
Nach § 19a Abs 1 StGB sind solche Gegenstände, die der Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei der Begehung dieser Straftat verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, zu konfiszieren, wenn sie zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Eigentum des Täters stehen. Ausgehend von den bisherigen Verfahrensergebnissen und zumal die Eigentumsverhältnisse am MP3-Player vom Angeklagten selbst auch gar nicht bestritten werden, geht das Beschwerdegericht im Sinne einer derzeit (einfachen) Verdachtslage davon aus, dass der MP3-Player im Alleineigentum des Angeklagten steht. In Ansehung der polizeilichen Ermittlungsergebnisse und den auf dem MP3-Player abgespeicherten Schriften liegen in Zusammenschau mit dem der Anklageschrift zu Punkt B./ zugrundeliegenden Tatverdacht konkret nachvollziehbare Anhaltspunkte für das Vorliegen der Konfiskationsvoraussetzung nach § 19a Abs 1 StGB vor.
Die Aufrechterhaltung der Zwangsmaßnahme steht auch in einem durchaus angemessenen Verhältnis zur Tat, der der Angeklagte konkret verdächtigt ist, ebenso wie zum angestrebten Erfolg, sie ist auch erforderlich und geeignet (vgl Tipold/Zerbes aaO § 110 Rz 49, 52 und 59; § 115 Rz 11).
Schon aus diesem Grund konnte die Beschwerde nicht durchdringen und können die Beschwerdeausführungen, wonach der MP3-Player im Falle einer Ausfolgung bei den Depositen des Angeklagten zu hinterlegen sei, folglich faktisch keine Gefahr der Verbreitung bestünde, damit auf sich beruhen. Das weitere Vorbringen, das auf dem MP3-Player abgespeicherte Datenmaterial sei nicht Gegenstand einer gegen den Angeklagten eingebrachten Anklageschrift ist wiederum inhaltlich unrichtig.
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