JudikaturOLG Innsbruck

11Bs227/25g – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
09. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A*wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbots nach § 133a StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 25.8.2025, GZ **-5, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).

Text

BEGRÜNDUNG:

Der ** Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über ihn im Verfahren ** des Landesgerichts Feldkirch wegen der Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB sowie jeweils eines Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 29.7.2026. Die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe zum Stichtag 29.7.2025 wurde in zwei Instanzen aus spezialpräventiven Gründen rechtskräftig abgelehnt (vgl IVV-Auszug).

Gegen den Strafgefangenen wurde bereits mit Bescheid der BH B* vom 25.6.2013, Zahl **, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot wegen strafgerichtlicher Verurteilungen aus den Jahren 2010 und 2013 zu unbedingten Haftstrafen von drei und sechs Jahren erlassen. Am 3.11.2021 beantragte er die Aufhebung des unbefristeten Aufenthaltsverbots. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 26.7.2023, Zahl **, abgewiesen. Die dagegen vom Strafgefangenen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 12.12.2023, GZ **, abgewiesen (ON 2.7 und 2.8.).

Am 14.8.2025 beantragte der Strafgefangene das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots und erklärte sich gleichzeitig bereit, seiner Ausreiseverpflichtung umgehend nachzukommen und nahm zur Kenntnis, dass er wieder in Haft genommen und die Reststrafe vollzogen werde, sollte er dieser Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder während der Dauer des Aufenthaltsverbots wieder nach Österreich zurückkehren (ON 2.3).

Der Leiter der Justizanstalt Innsbruck befürwortete zwar in seiner Stellungnahme vom 20.8.2025 den Antrag des Strafgefangenen, verwies aber gleichzeitig auf die Mitteilung des BFA vom 26.6.2025, wonach der Strafgefangene auch nach Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbots wiederholt nach Österreich eingereist sei, nachdem er bereits dreimal (25.8.2011, 1.8.2013 und 14.12.2018) durch die Justiz nach ** ausgeliefert worden sei (ON 2.2).

Das BFA teilte am 3.7.2025 mit, dass der Strafgefangene aufgrund des unbefristeten Aufenthaltsverbots nach Entlassung aus der Strafhaft in sein Heimatland überstellt werde und gegen eine Ausreise nach § 133a StVG keine Bedenken bestünden (ON 2.6).

Die Staatsanwaltschaft äußerte sich zum Antrag ablehnend, weil der Strafgefangene trotz bestehenden Aufenthaltsverbots wiederholt nach Österreich eingereist sei (ON 4).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Vollzugsgericht den Antrag mit der zusammengefassten Begründung ab, es sei nicht zu erwarten, dass der Strafgefangene nicht neuerlich gegen sein Einreise- und Aufenthaltsverbot verstoßen werde, weil er bereits in der Vergangenheit trotz eines gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbots nach Österreich eingereist sei.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 7), zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt und der keine Berechtigung zukommt.

Hat ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate, verbüßt, so ist gemäß § 133a Abs 1 StVG vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn

1. gegen ihn ein Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot besteht,

2. er sich bereit erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs 1 Z 17 AsylG) unverzüglich nachzukommen und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird, und

3. der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegen stehen.

Aus dem in der Absicherung der fremdenbehördlichen Maßnahme liegenden Normzweck ergibt sich, dass nicht nur zu erwarten sein muss , dass der Verurteilte seiner Ausreiseverpflichtung nachkommt, sondern auch, dass er nicht gegen sein Einreise- und Aufenthaltsverbot verstoßen wird . Ist - zB durch bereits vergangene Verstöße gegen ein Aufenthaltsverbot - wahrscheinlich, dass er nach seiner Ausreise trotz (Einreise- oder) Aufenthaltsverbots wieder in das Bundesgebiet zurückkehren werde, kann vom Strafvollzug nicht vorläufig abgesehen werden ( Pieberin WK² StVG § 133a Rz 13; Drexler/Weger, StVG 5 § 133a Rz 2).

Soweit der Beschwerdeführer zunächst behauptet, er sei noch nie in den Genuss der Rechtswohltat des § 133a StVG gekommen, demnach nicht nach einer solchen wiederum nach Österreich eingereist und er deshalb die Begründung des Erstgerichts nicht nachvollziehen könne, ist ihm zu erwidern, dass das Vollzugsgericht Derartiges ohnehin nicht annahm, sondern nur beispielhaft anführte, dass auch in einem solchen Falle die Bewilligung eines Antrags nach § 133a StVG versagt werden könne.

Wie bereits oben ausgeführt, verstieß der Beschwerdeführer schon wiederholte Male gegen das unbefristete Aufenthaltsverbot, zuletzt erst im Jahr 2024 (vgl die gekürzte Urteilsausfertigung zu ** des Landesgerichts Feldkirch und die dort angeführten Tatzeitpunkte). Soweit er ins Treffen führt, er habe eine Wohnung in ** und liege sein Augenmerk in der Familienplanung mit seiner Lebensgefährtin und ihrem mittlerweile 5-jährigen Sohn, ist ihm zu erwidern, dass diese Umstände nicht neu sind, weil er schon im Verfahren ** angab, in dieser Wohnung in ** wohnhaft zu sein. Dennoch verstieß er auch im Jahr 2024 wiederholt gegen sein in Österreich aufrechtes und unbefristetes Aufenthaltsverbot. Es mag zwar zutreffen, dass ihm nunmehr im Falle einer neuerlichen Rückkehr nach dem vorläufigen Absehen vom Strafvollzug nach § 133a StVG der Vollzug der Reststrafe droht. Dass ihn dies allein nunmehr davon abhalten könnte, neuerlich nach Österreich zurückzukehren, erwartet das Oberlandesgericht nicht, weil ihm auch bisher bei Verstößen gegen das Aufenthaltsverbot schon Festnahme und Abschiebung drohten, er dennoch völlig unbeeindruckt davon aber wiederholt - auch zur Begehung strafbarer Handlungen - nach Österreich einreiste.

Die Beschwerde musste daher schon aus diesem Grunde erfolglos bleiben und erübrigt sich damit ein Eingehen auf die weiteren Voraussetzungen des § 133a StVG.