Rückverweise
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Mag. Obwieser als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Mag. Dampf und die Richterin Dr. Offer als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Schuld und Strafe gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 25.2.2025, GZ **-12, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Urteil a u f g e h o b e n und die Sache an das Landesgericht Feldkirch zu neuer Verhandlung und Entscheidung z u r ü c k v e r w i e s e n .
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer teilbedingten Geldstrafe sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Nach dem Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) habe der Angeklagte am 28.10.2024 in ** B* C* durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung genötigt, indem er mit seinem PKW derart knapp an B* C* und deren Sohn D* C*, die sich beide am Gehsteig befanden, vorbeifuhr, dass diese einen abrupten Ausweichschritt zur Seite machen und ihren Sohn zur Seite ziehen musste, um eine Kollision mit dem Fahrzeug des A* zu verhindern .
Gegen dieses Urteil richtet sich die in der Hauptverhandlung angemeldete (ON 11, 10) und schriftlich durch den Verteidiger fristgerecht ausgeführte Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Schuld und Strafe (ON 15), zu der die Oberstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme den Standpunkt vertritt, dass dieser nicht Folge zu geben sein werde.
Der Angeklagte verwies in seiner Gegenausführung zur Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft erneut auf die Ausführungen in seiner Berufung und hielt diese vollinhaltlich aufrecht.
Aus Anlass der Berufung überzeugte sich das Oberlandesgericht davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Urteil eine sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkende, von diesem jedoch nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a iVm § 489 Abs 1 StPO) anhaftet.
Das Losfahren gegen eine die Wegfahrt des PKWs hindernde Person begründet nach ständiger Rechtsprechung das Nötigungsmittel der Gewalt und nicht der gefährlichen Drohung (RIS-Justiz RS0093608 [insb ab T2]; Danek/Mannin WK² StGB § 269 Rz 57; zur in der Literatur teilweise vertretenen differenzierten Ansicht vgl erneut Danek/Mann aaO Rz 63).
Das Erstgericht traf zum Sachverhalt nachfolgende Feststellungen:
Der Angeklagte ist der Nachbar des Opfers B* C*. Beide wohnen in **. Ihr Verhältnis ist schlecht. So kam es auch am 28.10.2024 zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden. Der Angeklagte war gegen Mittag auf dem Weg zu seinem Fahrzeug. Die Zeugin C* war gemeinsam mit ihrem Sohn, D* C*, auf dem Gehsteig in unmittelbarer Nähe zum abgestellten Fahrzeug des Angeklagten. Als sich dieser auf Höhe seines PKWs befand, forderte er B* C* mit den Worten „Gehen Sie da bitte weg, Kruzifix nomal“ auf, ihm den Weg zu räumen. B* C* erwiderte, er solle „die Schnauze halten“ und zunächst sein Fahrzeug starten. Danach werden sie und ihr Sohn ihm den Weg räumen.
Der Angeklagte stieg sodann in sein Fahrzeug ein. Dieses war vorwärts geparkt. Er setze nach hinten zurück und fuhr auf die Fahrbahn. Als er mit seinem Auto bereits zur Gänze auf der Straße stand, gab er Gas, fuhr auf den Gehsteig auf und mit einem seitlichen Abstand von nur rund 20 cm an B* C* und deren Sohn D* C* vorbei. B* C* und deren Sohn befanden sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Gehsteig. B* C* musste einen abrupten Ausweichschritt zur Seite machen und ihren Sohn zur Seite ziehen, um eine Kollision mit dem PKW des Angeklagten zu verhindern.
Dadurch stellte der Angeklagte B* C* eine Verletzung am Körper in Aussicht. Der Angeklagte wollte diese Handlung auch so verstanden wissen und bei B* C* den Eindruck einer ernst gemeinten Ankündigung einer bevorstehenden Verletzung am Körper erwecken. Als der Angeklagte derart knapp an B* C* und deren Sohn D* C* vorbeifuhr, dass diese zur Seite springen musste, um eine Kollision mit dem Fahrzeug des Angeklagten zu verhindern, handelte er in dem Wissen und Willen, B* C* mit einer Verletzung am Körper zu bedrohen. Es kam ihm dabei geradezu darauf an, durch diese gefährliche Drohung B* C* gegen ihren Willen zu einer Handlung, nämlich einem abrupten Ausweichschritt zur Seite zu bewegen.
Das Erstgericht konstatierte demnach, dass der Angeklagte mit seinem PKW auf den Gehsteig auffuhr, auf dem sich das Opfer mit ihrem Sohn befand und dass B* C* einen abrupten Ausweichschritt zur Seite machen und ihren Sohn zur Seite ziehen musste, um eine Kollision mit dem PKW zu verhindern. Damit stellte das Erstgericht ein Zufahren auf bzw Losfahren gegen das im Weg stehende Opfer und deren Sohn fest, weil B* C* ansonsten keinen abrupten Ausweichschritt zur Seite machen hätte müssen, um eine Kollision mit dem PKW des Angeklagten zu verhindern. Dass der Angeklagte schließlich nach der Ausweichbewegung des Opfers mit einem seitlichen Abstand von nur rund 20 cm an B* C* und deren Sohn D* C* vorbeifuhr, ändert nichts daran, dass er zunächst auf diese zufuhr. Demnach konstatierte das Erstgericht in tatsächlicher Hinsicht das Nötigungsmittel der Gewalt und nicht der gefährlichen Drohung. Ausgehend davon lassen sich aber dem Urteil keinerlei Sachverhaltsannahmen dahingehend entnehmen, dass der (zumindest bedingte) Vorsatz des Angeklagten auch das Nötigungsmittel der Gewalt umfasste (zu einem ähnlich gelagerten Fall vgl zuletzt OLG Innsbruck, 7 Bs 32/25a).
Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 470 Z 3 iVm § 489 Abs 1 StPO).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
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