JudikaturOLG Innsbruck

6Bs184/25x – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
08. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen desVerbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 06.06.2025, GZ ** 107, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Beschwerde wird t e i l w e i s eFolge gegeben und die Bezahlung des Verfallsbetrages nach § 20 StGB für die Dauer von einem Jahr a u f g e s c h o b e n .

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszugnicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).

Text

Begründung:

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 08.01.2025, rechtskräftig seit 14.05.2025, wurde A* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG sowie weiterer strafbarer Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 8 Monaten und gemäß § 20 StGB zur Zahlung eines Verfallsbetrags von EUR 240.500,-- verurteilt (ON 88 und ON 100.3).

Der Verurteilte befindet sich unter Einrechnung der Untersuchungshaft seit 23.01.2024 in Haft. Am 21.05.2025 wurde der Verurteilte zur Zahlung des gesamten Verfallsbetrages binnen 14 Tagen aufgefordert (Zustellnachweis zu ON 101).

Mit Schriftsatz vom 27.05.2025 (ON 106) beantragte A*, die Zahlung des für verfallen erklärten Betrages bis zur Enthaftung zu stunden.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag ab (Pkt 1 des Beschlusses) und begründete dies mit den Vermögensverhältnissen des Verurteilten, insbesondere seinem Eigentum an Geschäftsanteilen mehrerer Unternehmen, seinem liquiden Barvermögen von zumindest EUR 12.000,--, dem bereits lukrierten bzw unmittelbar vor der Lukrierung stehenden Betrag von EUR 17.500,-- durch den Verkauf von Geschäftsanteilen, dem Eigentum an drei Wohnungen und den dadurch erzielten Mieteinnahmen, wodurch es dem Verurteilten möglich sei, den Verfallsbetrag, allenfalls durch den Verkauf einer Wohnung oder weiterer Geschäftsanteile unverzüglich zu begleichen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Verurteilten mit dem Antrag, Pkt 1 des Beschlusses aufzuheben und dem Antrag auf Stundung Folge zu geben, in eventu die Strafsache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuweisen. Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, das Erstgericht habe die bestehenden Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers in keiner Weise berücksichtigt. Die Zahlung des Betrages von EUR 240.500,-- würde den Beschwerdeführer unbillig hart treffen. Aufgrund der Stellungnahme vom 05.06.2024 (ON 44.2) seien die Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers sowie auch die bestehenden Verbindlichkeiten bekannt. Die Liegenschaften seien hypothekarisch belastet, aus dem Erlös würde ausschließlich der Hypothekargläubiger befriedigt werden. Etwaige Veräußerungserlöse seien im Übrigen den jeweiligen Gesellschaften zuzurechnen und könnten Teile des Erlöses unter Abzug von anfallenden Steuern erst im Rahmen einer Gewinnausschüttung an den Beschwerdeführer fließen. Auch die Veräußerung von Anteilen der angeführten Firmen würde nicht zu einem Einkommenszufluss führen, weil die wesentlichen Assets der Gesellschaften die mit Pfandrechten belasteten Liegenschaften seien. Im Übrigen geht die Beschwerde näher auf die Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers selbst sowie der Gesellschaften ein, wozu Saldostände der Firmen, Firmenbuchauszüge und Pfandurkunden vorgelegt wurden. Die die Stundung der Zahlung des Verfallsbetrages würde es dem Beschwerdeführer ermöglichen, nach der Haft das auf den Liegenschaften der B* GmbH geplante Bauträgerprojekt fertigzustellen und dadurch die nötigen liquiden Mittel zur Begleichung des Verfallsbetrages zu erlangen. Sein Wille zur Bezahlung des Verfallsbetrages sei nach wie vor aufrecht, ihm in der derzeitigen Lage aber nicht möglich.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, dringt teilweise durch.

Gemäß § 409a Abs 1 StPO ist auf Antrag unter anderem ein angemessener Aufschub zu gewähren, wenn die unverzügliche Zahlung eines Geldbetrages nach § 20 StGB den Zahlungspflichtigen unbillig hart träfe. Gemäß § 409a Abs 2 Z 1 StPO darf bei Zahlung des gesamten Geldbetrages nach § 20 StGB auf einmal der Aufschub nicht länger sein als ein Jahr. Bei Entrichtung eines Geldbetrages nach § 20 StGB in Teilbeträgen darf der Aufschub gemäß § 409a Abs 2 Z 3 StPO nicht länger als fünf Jahre sein. Nach § 409a Abs 3 erster Satz StPO werden in die gewährte Aufschubsfrist Zeiten, in denen der Zahlungspflichtige auf behördliche Anordnung angehalten worden ist, nicht eingerechnet. Diese Bestimmung kann nicht analog auf die gesetzliche Zahlungsfrist des § 409 Abs 1 StPO angewendet werden ( Lässig in Fuchs/Ratz , WKStPO § 409a Rz 9).

Die Bestimmungen des § 409a StPO dienen der Anpassung der nach dem Einbußeprinzip ausgemessenen Strafe an die Vermögenslage des Täters, weil die unverzügliche Zahlung der Strafe in der Regel den Vermögenden nicht unbillig hart und den Verschuldeten noch wesentlich härter als den Vermögenslosen treffen wird ( Lässig , aaO Rz 5).

Mit dem angefochtenen Beschluss wurden zwar die Vermögensverhältnisse des Verurteilten berücksichtigt, dabei aber die hypothekarisch gesicherten Verbindlichkeiten außer Betracht gelassen.

Diese ergeben sich aus den Beilagen zur Beschwerde, der Stellungnahme vom 05.06.2024 samt Beilagen (ON 44) sowie dem Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 07.06.2024 (ON 54).

Die C* GmbH, die im Alleineigentum des Beschwerdeführers steht, ist ihrerseits Alleineigentümerin einer Liegenschaft, auf der zwei Pfandrechte zu Gunsten der D* mit einem Höchstbetrag von insgesamt EUR 1,120.000,-- sowie zwei simultan haftende Liegenschaften eingetragen sind. Laut Angaben des Beschwerdeführers und den vorgelegten Unterlagen (auch zu ON 44) beträgt der aushaftende Saldostand des Firmenkontos knapp EUR 1 Mio und würden die Mieteinnahmen derzeit nicht ausreichen, um den bestehenden Kredit bei der D* bedienen zu können. Bei einer Versteigerung sei kein Erlös zu erwarten, sondern würde vielmehr die persönliche Bürgschaft des Beschwerdeführers schlagend werden.

Die im Alleineigentum des Verurteilten stehende B* GmbH ist Alleineigentümerin zweier Liegenschaften. Darauf sind zu Gunsten der D* eine Höchstbetragshypothek von EUR 2,250.000,-- sowie drei simultan haftende Liegenschaften eingetragen. Aufgrund der Inhaftierung und der damit verbundenen Unmöglichkeit der Errichtung und Vermarktung des geplanten Bauträgerprojektes besteht ein aushaftender Saldo des Firmenkontos von derzeit ca EUR 2,100.000,--, der laut Angaben des Beschwerdeführers aufgrund der Zinsbelastung jährlich um etwa EUR 100.000,-- anwachse, wobei der momentane Verkehrswert der Liegenschaften ohne Projekt nur etwa EUR 1,300.000,-- betrage und im Falle einer Fälligstellung der Kredite die persönliche Haftung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Bürgschaft schlagend werde.

Hinsichtlich der E*-GmbH gab der Beschwerdeführer an, die zwischenzeitige Insolvenz sei mittels Sanierung aufgehoben worden und bestehe nach wie vor eine Verbindlichkeit zu Gunsten der D* in Höhe von EUR 120.000,--.

Die im Alleineigentum des Verurteilten stehende Liegenschaft in ** ist als Sicherheit für die genannten Unternehmensverbindlichkeiten verpfändet, wobei sich aus dem Grundbuchsauszug Pfandrechte für die F* AG und die D* mit einem Höchstbetrag von insgesamt EUR 3,731.450,-- ergeben. Zudem sind auch hier drei simultan haftende Liegenschaften angeführt. Hinsichtlich dieser Pfandrechte waren im Juni 2024 noch EUR 2,966.290,-- unbeglichen (vgl. ON 44.2 AS 8 f).

Im Hinblick auf die dargestellte Vermögenssituation des Verurteilten unter Berücksichtigung der sich aus den vorgelegten Urkunden ergebenden Verbindlichkeiten erscheint zur Vermeidung unbilliger Härte im Hinblick auf die während der Haft zusätzlich eintretende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Situation der vom Verurteilten beantragte Aufschub gerechtfertigt.

Dieser Aufschub darf die Dauer von einem Jahr bei Bezahlung des Verfallsbetrages auf einmal nicht übersteigen, wobei aufgrund der Bestimmung des § 409a Abs 3 erster Satz StPO in diese Frist die Haftzeit nicht eingerechnet wird.

Eine Ratenzahlung wurde vom Verurteilten nicht beantragt. Ein darüber hinausgehender Aufschub „bis zur Enthaftung“, sohin offenkundig gemeint ein mehrjähriger Aufschub, ist gesetzlich nicht möglich, sodass der Beschwerde teilweise Folge zu geben war.