JudikaturOLG Graz

9Bs182/25w – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
18. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag. a Berzkovics als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Obmann, LL.M. und Mag. Scherr, LL.M., BA in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe nach § 46 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 23. Juli 2025, GZ **-6, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt seit 21. Jänner 2025 in der Justizanstalt Graz-Jakomini (in Form des elektronisch überwachten Hausarrests) Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß (§ 46 Abs 5 StGB) von elf Monaten und (richtig:) 10 Tagen. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 12. September 2023, AZ B*, rechtskräftig mit Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 11. Juni 2024, AZ 1 Bs 1/24t, wurde er wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach §§ 15, 288 Abs 1 und Abs 4 StGB als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, des Vergehens der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB und des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz gewährte bedingte Entlassung widerrufen, wobei der Strafrest einen Monat und (richtig:) 10 Tage beträgt.

Hinsichtlich des der Anlassverurteilung zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die im Akt erliegenden Urteilsausfertigungen (Beilagenordner) verwiesen.

Das Strafende fällt – unter Berücksichtigung der tatsächlich zu verbüßenden Freiheitsstrafen – richtigerweise auf den 31. Dezember 2025. Die bedinge Entlassung zum Hälftestichtag (§ 152 Abs 1 Z 1 StVG) wurde mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 8. Mai 2025, AZ **, abgelehnt.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht entsprechend der Stellungnahme des Leiters der Justizanstalt (ON 2.1, S 2) und der Staatsanwaltschaft Graz (ON 1.2) die bedingte Entlassung des Strafgefangenen nach dem Vollzug von zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Gründen ab (ON 6).

Dagegen richtet sich die vom Strafgefangenen rechtzeitig erhobene Beschwerde (ON 7), in der auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt wird, er befinde sich erstmals in einer stabilen Situation, lebe mit seiner Verlobten und der gemeinsamen Tochter in einer Mietwohnung und gehe einer geregelten Arbeit nach. Zu einer weiteren Tochter bestehe regelmäßig Kontakt und bezahle er verlässlich Unterhalt. Er sei bereit, sämtliche Weisungen zu befolgen und wäre mit Bewährungshilfe einverstanden.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft inhaltlich nicht äußerte, ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat im bekämpften Beschluss die Anlassverurteilung, die weiteren Verurteilungen sowie die Stellungnahme des Anstaltsleiters, der Staatsanwaltschaft und des Vereins Neustart, die anzuwendende Norm, somit die Sach- und Rechtslage, zutreffend dargestellt, weshalb darauf verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1], RS0119090 [T4]).

Das vom Erstgericht erstellte Prognosekalkül ist nicht korrekturbedürftig. Wie bereits im bekämpften Beschluss ausgeführt, weist der Strafgefangene in Österreich seit 2017 unter Außerachtlassung des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Graz, AZ B* (Anlassverurteilung), und des damit im Zusatzstrafenverhältnis stehenden Urteils des Bezirksgerichts Graz-Ost, AZ **, unter Berücksichtigung der (weiteren) Zusatzstrafenverhältnisse nach § 31 StGB vier Verurteilungen überwiegend wegen Aggressionsdelikten (siehe ON 4) auf, welche teils mit Geldstrafe, teils mit bedingten, teilbedingten oder gänzlich unbedingten Freiheitsstrafen sanktioniert wurden, allesamt jedoch nicht legalbewährend wirkten. Ungeachtet der Tatsache, dass dem Strafgefangenen bereits zwei bedingte Entlassungen gewährt wurden und er drei offene Probezeiten aufwies, delinquierte er neuerlich, weshalb es letztlich zur oben angeführten Anlassverurteilung kam, dies während der Absolvierung eines Anti-Gewalt-Trainings und bei aufrechter Betreuung durch die Bewährungshilfe. Selbst während der Anhängigkeit des Verfahrens AZ B* des Landesgerichts für Strafsachen Graz delinquierte der Strafgefangene neuerlich (siehe Punkt 8. der ON 4).

Das massiv getrübte Vorleben des Strafgefangenen zeugt von der Sanktions- und Vollzugsresistenz sowie vom verfestigten Hang zu strafbaren Handlungen. In diesem Zusammenhang ist abermals auf das auffällige Bewährungsversagen hinzuweisen, delinquierte der Strafgefangene doch ungeachtet der offenen Probezeiten sowie der bereits in der Vergangenheit gewährten bedingten Entlassungen. Selbst die erteilte Weisung und die Anordnung der Bewährungshilfe waren nicht geeignet, eine Veränderung des Verhaltens des Strafgefangenen zu erwirken.

Ein gesichertes wirtschaftliches und soziales Umfeld des Strafgefangenen, die positive Arbeitsleistung, das tadellose Vollzugsverhalten sowie seine Bereitschaft zur Kooperation mit der Bewährungshilfe und die Akzeptanz von Weisungen sind zwar positive Aspekte, vermögen aber – vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen – an der negativen Risikoprognose nichts zu ändern.

Es ist somit auch bei Vollzug von zwei Dritteln der verhängten Strafe selbst unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen, dass A* durch eine bedingte Entlassung weniger als durch eine weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Vielmehr ist bei Gesamtwürdigung der dargestellten Umstände der weitere Vollzug der Strafe spezialpräventiv zur Erzielung künftiger Straffreiheit als deutlich wirksamer anzusehen als seine bedingte Entlassung ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK 2StGB § 46 Rz 15/1; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 46 Rz 1; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4 § 46 Rz 7).