Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Kohlroser als Vorsitzende, den Richter Mag. Scherr, LL.M. BA, und die Richterin Mag a . Berzkovics in der Strafsache gegen A* B*und andere Angeklagte wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 15. Jänner 2025, GZ **-35, und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss gemäß § 494a StPO nach der am 23. Juli 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Dr. Kirschenhofer und des Angeklagten durchgeführten Berufungsverhandlung
1. zu Recht erkannt:
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die teilbedingte Nachsicht ausgeschaltet.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
2. den Beschluss gefasst:
Die zu AZ C* des Landesgerichts für Strafsachen Graz gewährte bedingte Strafnachsicht wird widerrufen .
Hingegen wird vom Widerruf der zu AZ D*, AZ E* und AZ F* je des Landesgerichts für Strafsachen Graz sowie der zu AZ G* des Bezirksgerichts Graz-West gewähren bedingten Strafnachsichten und der zu AZ H* des Landesgerichts für Strafsachen Graz angeordneten bedingten Entlassung abgesehen und die zu AZ G* des Bezirksgerichts Graz-West angeordnete Probezeit auf fünf Jahre verlängert .
Mit ihrer Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft darauf verwiesen.
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch Schuldsprüche anderer Angeklagter enthält, wurde der am ** geborene A* B* des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 288 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, von der gemäß § 43a Abs 3 StGB der Teil von fünf Monaten für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Gemäß § 389 Abs 1 StPO wurde er zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
Dem unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch nach hat der Angeklagte (zu I.1.) am 8. Juni 2024 in I* in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung (** der Staatsanwaltschaft Graz) vor der Kriminalpolizei als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er bei seiner Vernehmung durch die Beamten der Polizeiinspektion I* zu GZ ** angab: „ Mein Bruder B* J* und unsere gemeinsamen Freunde werden beschuldigt eine absichtlich schwere Körperverletzung und gefährliche Drohung am 25. Mai 2024 begannen zu haben. Dazu kann ich sagen, dass dies nicht sein kann, da ich mit meinem Bruder und unseren Freunden gemeinsam in K* gewesen bin ,“ und „ Ich möchte nun noch einmal bezeugen, dass mein Bruder und unsere Freunde (L*, M*, N*, O*, P* und Q*) nichts mit der Tat zu tun haben, da sie mit mir gemeinsam in K* waren .“
Mit gleichzeitig gefasstem Beschluss sah das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf bedingter Strafnachsichten zu AZ C* (vier Monate), AZ D* (drei Monate), AZ E* (sechs Monate) und AZ F* (zwei Monate) je des Landesgerichts für Strafsachen Graz und zu AZ G* des Bezirksgerichts Graz-West (zehn Monate) sowie der bedingten Entlassung zu AZ H* des Landesgerichts für Strafsachen Graz (zwei Monate und zwanzig Tage Strafrest) ab, wobei es gemäß § 494a Abs 6 StPO die Probezeit zu AZ G* des Bezirksgerichts Graz-West auf fünf Jahre verlängerte.
Der in der Hauptverhandlung nicht durch einen Verteidiger vertretene Angeklagte erklärte nach mündlicher Verkündung des Urteils und des Beschlusses, dass er ein „Rechtsmittel“ anmelde (ON 34, 7), führte dieses aber nicht aus. In der Berufungsverhandlung gab er an, dass sich seine Berufung lediglich gegen den Strafausspruch richte. Er erhebe außerdem keine Beschwerde gegen den Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit.
Während die Berufung des Angeklagten erfolglos bleibt, ist jene der Staatsanwaltschaft berechtigt. Auch ihre Beschwerde hat teilweise Erfolg.
Zu 1.:
Aus § 288 Abs 1 StGB ergibt sich der Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Erschwerend ist im vorliegenden Fall, dass der Angeklagte bereits dreimal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung, nämlich auf dem Hang zur Täuschung Dritter, beruhender Taten verurteilt wurde (Pkt 1, 3 und 5 der Strafregisterauskunft ON 26; vgl hiezu RS0112557). Schuldsteigernd ist ferner der rasche Rückfall nach der letzten Verurteilung vom 27. Februar 2024 bzw nach der Haftentlassung am 22. Dezember 2023 sowie die Tatbegehung in mehreren offenen Probezeiten. Als mildernd steht dem das reumütige Geständnis des Angeklagten gegenüber.
Bei diesem Strafzumessungssachverhalt erweist sich die vom Erstgericht ausgemessene siebenmonatige Freiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen, sodass in Ansehung des Strafmaßes keine Änderung notwendig ist. Die Staatsanwaltschaft weist in ihrer Berufung allerdings zutreffend darauf hin, dass aufgrund des massiv – auch einschlägig – belasteten Vorlebens des Angeklagten, des wiederholten Bewährungsversagens und des Rückfalls nach einer bedingten Entlassung nicht angenommen werden kann, dass die bloße Androhung des Vollzugs eines Teils der Strafe eine tatabhaltende Wirkung auf ihn hätte. Vielmehr bedarf es des Vollzugs der gesamten Strafe, weil augenscheinlich nur das tatsächliche Verspüren eines längeren Haftübels geeignet ist, beim Angeklagten eine Verhaltensänderung zu bewirken.
In Stattgebung der Berufung der Anklagebehörde ist die teilbedingte Nachsicht der Strafe daher auszuschalten und der Angeklagte mit seiner Berufung darauf zu verweisen.
Der Kostenausspruch stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Zu 2.:
Die Abänderung des Strafausspruchs bedingt den Wegfall des vom Erstgericht gefassten Beschlusses nach § 494a StPO, weshalb das Berufungsgericht darüber neu zu entscheiden hat ( Jerabek, WK StPO § 498 Rz 8).
Die Staatsanwaltschaft erhob Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe mit dem Ziel, die teilweise bedingte Nachsicht auszuschalten. Hilfsweise wird beantragt, eine höhere teilbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen. Die mit der Berufung verbundene Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO zielt auf den Widerruf aller bedingten Strafnachsichten und der bedingten Entlassung ab (ON 39).
In Anbetracht der Wirkungslosigkeit früherer Sanktionen und der neuerlichen einschlägigen Delinquenz in der bereits auf fünf Jahre verlängerten Probezeit ist davon auszugehen, dass es ungeachtet der nunmehrigen Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe zusätzlich auch noch des Vollzugs der zu AZ C* des Landesgerichts für Strafsachen Graz verhängten viermonatigen Freiheitsstrafe bedarf, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. In Bezug auf dieses Verfahren ist daher die bedingte Strafnachsicht, wie von der Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerde beantragt, gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO zu widerrufen.
Mit Blick darauf, dass der Angeklagte nun erstmals einen längeren Freiheitsentzug zu verspüren hat, bedarf es aber nicht zusätzlich auch noch des Widerrufs in Ansehung der weiteren im Spruch genannten Verfahren. Insoweit wird daher gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf abgesehen, die Probezeit zu AZ G* des Bezirksgerichts Graz-West jedoch gemäß § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre verlängert, wobei es sich bei der Probezeitverlängerung in spezialpräventiver Hinsicht um die Mindestkonsequenz der neuerlichen Straffälligkeit handelt.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden