6R37/25w – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Fabsits als Vorsitzende, die Richterin Dr in . Meier und den Richter Mag. Schweiger in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, **, vertreten durch die Gottgeisl Leinsmer Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B* Limited , m**, vertreten durch Mag. Patrick Bugeling, LL.M, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 27.486,73 samt Anhang (hier wegen Kosten [Rekursinteresse: EUR 157,02]), über den Rekurs der beklagten Partei gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 2. April 2025, **-15, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs, dessen Kosten die beklagte Partei selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig .
Text
Begründung:
Mit Urteil vom 29. März 2025, ON 12, verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 27.486,73 samt Anhang an die Klägerin. Im Kopf dieser Entscheidung führte es das Geburtsdatum der Klägerin mit C* an. Das Urteil wurde der Klägerin am 1. April 2025 zugestellt. Mit Schriftsatz ebenfalls vom 1. April 2025, ON 13, beantragte die Klägerin ihr, im Urteil angegebenes, Geburtsdatum mit D* zu berichtigen.
Die Beklagte sprach sich mit Schriftsatz auch vom 1. April 2025 (ON 14) zwar nicht gegen die Urteilsberichtigung aus, meinte aber, dass für den Berichtigungsantrag kein Kostenersatz zustünde. Die Klägerin habe in der Verhandlung vom 14. März 2025 selbst angegeben, am C* geboren zu sein. Wenn sich nun herausstellen sollte, dass sie das falsche Geburtsdatum genannt habe, stünde ihr nach dem kostenrechtlichen Verschuldensprinzip kein Kostenersatz zu.
Mit dem im Kostenpunkt angefochtenen Beschluss berichtigt das Erstgericht das Urteil im Kopf der Entscheidung dahin, dass das Geburtsdatum der Klägerin D* (statt C*) zu lauten hat und verpflichtet die Beklagte zur Zahlung der Kosten des Berichtigungsantrags in Höhe von EUR 157,02 (darin enthalten EUR 26,17 Umsatzsteuer).
Begründend führt es aus, dass das Gericht gemäß § 419 Abs 1 ZPO jederzeit auf Antrag oder von Amts wegen Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten oder Abweichungen der Ausfertigungen von der gefällten Entscheidung berichtigen könne. Der Fehler habe daraus resultiert, dass das Geburtsdatum der Klägerin dem Tagsatzungsprotokoll vom 14. März 2025 entnommen worden sei. Bei Abhören der Tonbandaufnahme habe der Richter festgestellt, dass das Geburtsdatum der Klägerin tatsächlich mit D* diktiert worden sei, dieses Datum aber irrtümlich mit C* transkribiert worden sei. Die Klägerin habe daher selbst angegeben, am D* geboren zu sein, was auch dem Rubrum ihres vorbereitenden Schriftsatzes entspreche.
Da die Klägerin in der Hauptsache obsiegt habe, ihrem Berichtigungsantrag stattzugeben gewesen sei und sie selbst nicht zum Entstehen des Fehlers beigetragen habe, stünden ihr die Kosten des Berichtigungsantrags zu.
Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass ausgesprochen werde, dass die Klägerin die Kosten ihres (richtig wohl) Berichtigungsantrags selbst zu tragen habe.
Die Klägerin beteiligt sich nicht am Rekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Beklagte meint, dass der Berichtigungsantrag nicht honoriert hätte werden dürfen, weil Kostenersatz für einen solchen nur dann zustehe, wenn er zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei. Der berichtigte Schreibfehler sei für beide Parteien offenkundig gewesen und habe nicht einmal den Spruch der Entscheidung betroffen. Die Klägerin habe daher die Kosten des Berichtigungsantrags selbst zu tragen.
Dem ist zu erwidern:
Nach § 419 Abs 1 ZPO kann das Gericht, das das Urteil gefällt hat, jederzeit Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten in dem Urteil oder in dessen Ausfertigungen oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen und die Angaben, die entgegen der Vorschrift des § 417 Abs 3 ZPO übergangen wurden, einfügen.
Dass es sich bei dem im Urteil angegebenen Geburtsdatum der Klägerin um eine solche offenbare Unrichtigkeit handelte, ist zwischen den Streitteilen nicht strittig.
§ 419 ZPO unterscheidet an sich nicht zwischen Spruch und Entscheidungsgründen. Es muss aber nicht jeder Schreib- oder Rechenfehler bzw sonstige Unrichtigkeit in den Entscheidungsgründen - selbst wenn eine Partei dies ausdrücklich beantragt - zum Gegenstand eines Berichtigungsbeschlusses gemacht werden; dies wäre angesichts des Umstands, dass kaum jemals eine Urteilsausfertigung ohne Rechtschreib- oder Tippfehler bleibt, ein nicht zu rechtfertigender Aufwand. Sobald ein Fehler in den Entscheidungsgründen hingegen auf das Verständnis des Urteilsspruchs oder - wegen der den Klageanspruch individualisierenden Funktion der Entscheidungsgründe - Unklarheiten über die Urteilswirkung auslösen kann, sind auch Fehler in den Entscheidungsgründen im Wege des Berichtigungsverfahrens zu korrigieren (vgl M.Bydlinskiin Fasching/Konecny³ III/2 § 419 ZPO Rz 3).
Hier betrifft die Unrichtigkeit das im Urteilskopf angegebene Geburtsdatum der Klägerin, dient also zu deren Individualisierung. Nach § 417 Abs 1 Z 2 ZPO hat das Urteil in schriftlicher Form die Bezeichnung der Parteien nach Namen (Vor- und Zunamen), soweit von den Parteien bekanntgegeben Beschäftigung und Geburtsdatum oder Firmenbuchnummer, Wohnort und Parteistellung sowie die Bezeichnung ihrer Vertreter zu enthalten. Die exakte Bezeichnung der Parteien ist sowohl wegen der Anfechtungsmöglichkeit als auch wegen der Rechtskraft und der allfälligen Vollstreckung des Urteils von essentieller Bedeutung ( M.BydlinskiaaO § 417 ZPO Rz 4).
Richtig ist, dass Kosten für einen Berichtigungsantrag dann nicht zustehen, wenn der Antrag für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht notwendig war, was insbesondere dann gegeben ist, wenn der berichtigte Schreibfehler für beide Parteien offenkundig war und dieser nicht einmal den Spruch der Entscheidung betroffen hat. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 8 Ob 134/06y betrifft eine Richtigstellung in den Entscheidungsgründen (in Bezug auf die Stattgebung/Abweisung des Klagebegehrens durch das Erstgericht). Ein damit vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor. Berichtigungsanträge betreffend Protokolle und Entscheidung sind jedenfalls dann nicht notwendig, wenn davon keine sinnstörenden Fehler betroffen sind, wenn also der Sinn ohnehin offenkundig war. Sie sind auch dann nicht zu honorieren, wenn aus ihrem Anlass die Berichtigung dennoch tatsächlich, wenngleich wohl überflüssig, vorgenommen wird. Bei sinnstörenden Auslassungen in Protokollen oder Entscheidungen sind sie jedoch zu honorieren. Betrifft die Berichtigung den Spruch, so ist auch dann, wenn bei den Parteien subjektiv über den Entscheidungswillen des Gerichts kein Zweifel aufkommen konnte, der Antrag in der Regel schon deshalb notwendig und zweckmäßig, weil sich nach seinem objektiv zu interpretierenden Wortlaut die Exekutionsfähigkeit richtet ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.250).
Das trifft auch auf das hier vorliegende unrichtige Geburtsdatum der Klägerin im Urteilskopf zu. Nach § 54 Abs 2 Z 1 EO muss der Antrag auf Exekutionsbewilligung neben den sonst vorgeschriebenen besonderen Angaben und Belegen die genaue Bezeichnung des Antragstellers und desjenigen, wider welchen die Exekution geführt werden soll, nach § 75 ZPO, sowie die Angabe aller für die Ermittlung des Exekutionsgerichts wesentlichen Umstände enthalten. Nach Abs 3 leg cit ist dem Exekutionsantrag eine Ausfertigung des Exekutionstitels samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit anzuschließen, bei einem rechtskräftig für vollstreckbar erklärten ausländischen Exekutionstitel auch die Vollstreckbarerklärung samt Bestätigung der Rechtskraft dieser Entscheidung.
Die Verteilung der Parteirollen zwischen betreibenden Gläubiger und Verpflichteten ergibt sich aus dem Exekutionstitel, sofern es nicht unter den Voraussetzungen des § 9 EO zu einem Wechsel in der berechtigen oder verpflichteten Partei kommt. Von dieser Ausnahme abgesehen ist grundsätzlich die Übereinstimmung der am Titelverfahren beteiligten Personen mit demjenigen des Exekutionsverfahrens Voraussetzung der Exekutionsbewilligung (3 Ob 47/00h). Zwar stehen geringfügige Abweichungen in den Angaben im Exekutionstitel über die Person des Berechtigten und des Verpflichteten gegenüber den entsprechenden Bezeichnungen der Parteien im Exekutionsantrag dessen Bewilligung nicht entgegen, wenn im konkreten Fall keine Bedenken gegen die Wesensgleichheit der Personen bestehen. Ist allerdings das Geburtsdatum des Verpflichteten im Exekutionstitel und im Exekutionsantrag unterschiedlich bezeichnet, bestehen jedenfalls derartige Bedenken (RPflE 2006/62).
Nach Ansicht des Rekursgerichts muss das auch gelten, wenn das Geburtsdatum der betreibenden Partei im Exekutionsantrag nicht mit jenem des im Titel angeführten übereinstimmt. Im vereinfachten Bewilligungsverfahren nach § 54e Abs 1 Z 2 EO ist nämlich das Exekutionsverfahren unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Exekutionsakte auch dann einzustellen, wenn der Exekutionstitel nicht mit sämtlichen im Exekutionsantrag enthaltenen Angaben darüber übereinstimmt. Die Exekution ist nach § 54e EO auch dann einzustellen, wenn die mit dem Einspruch aufgezeigte Abweichung der entsprechenden Angaben im Exekutionsantrag vom tatsächlichen Inhalt des Exekutionstitels - wären sie bei Erledigung des Exekutionsantrags dem Gericht bekannt gewesen - nicht zur Abweisung des Antrags geführt hätten (RPflg 2006/146).
Nach all dem kann dem Berichtigungsantrag die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit nicht abgesprochen werden. Das Erstgericht hat ihn demnach zu Recht nach TP 1 RATG honoriert.
Dem Rekurs ist somit ein Erfolg zu versagen.
Die im Rekursverfahren unterlegene Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.