10Bs146/25h – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Mag a . Tröster (Vorsitz), Mag. Wieland und Mag a . Haas in der Strafvollzugssache der A* wegen bedingter Entlassung aus der Freiheitsstrafe nach § 46 StGB über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 12. Mai 2025, GZ **-9, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Aus Anlass der Beschwerde wird der angefochtene Beschluss ersatzlos aufgehoben .
Darauf wird A* mit ihrer Beschwerde verwiesen.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
Text
begründung:
Die am ** geborene A* verbüßte (zunächst) seit 25. Juli 2024 in der Justizanstalt Graz-Jakomini in den Verfahren AZ ** des Bezirksgerichts Graz-West und AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz verhängte Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer (§ 46 Abs 5 StGB) von 18 Monaten. Als Strafende wurden der 22. Jänner 2026 und als Hälfte- bzw. Zwei-Drittel-Stichtage der 21. April 2025 bzw. der 22. Juli 2025 errechnet (ON 2.2, 2 und 3).
Mit im Vor-Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz gefasstem Beschluss vom 11. Oktober 2024 (dort ON 87) wurde die mit Urteil vom 8. Februar 2023 gemäß § 45 Abs 1 StGB (idF vor dem MVAG 2022, BGBl I 2022/223) für eine fünfjährige Probezeit bedingt nachgesehene Einweisung der A* in eine (damals) Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB gemäß § 157g StVG für eine Dauer von drei Monaten ab Beschlussfassung ausgesetzt.
Diese Krisenintervention wurde in der Folge mit in Rechtskraft erwachsenen Beschlüssen vom 20. Dezember 2024 und vom 25. März 2025 (entgegen der in § 157h Abs 1 StVG normierten Höchstfrist von insgesamt sechs Monaten) bis (zuletzt) 11. Juli 2025 verlängert.
Seit 15. Oktober 2024, 14.05 Uhr (ON 2.2, 3), wird de facto die strafrechtliche Unterbringung der A* nach § 21 Abs 1 StGB (vorübergehend) vollzogen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht (zu I.) den Antrag der Genannten auf bedingte Entlassung zum Hälfte-Stichtag am 21. April 2025 (wegen entschiedener Sache) zurück und lehnte (zu II.) deren bedingte Entlassung zum Zwei-Drittel-Stichtag am 22. Juli 2025 aus spezialpräventiven Gründen ab.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der A* mit dem Ziel einer bedingten Entlassung (ON 10).
Die Oberstaatsanwaltschaft Graz äußerte sich dazu inhaltlich nicht.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 24 Abs 1 erster bis dritter Satz StGB ist (so weit hier von Bedeutung) die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum vor einer Freiheitsstrafe und unter Anrechnung auf diese zu vollziehen. Dies gilt (seit dem MVAG 2022) auch dann, wenn die Freiheitsstrafe nicht zugleich mit der Anordnung der Unterbringung verhängt wurde. In Ansehung der Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum normiert § 178a Abs 1 und 3 StVG dieselbe Vorgehensweise. Dieses „Vikariieren“ gilt auch für den Sonderfall eines Zusammentreffens von Freiheitsstrafen mit Maßnahmen nach § 21 Abs 1 StGB ( Drexler/Weger , StVG 5 § 178a Rz 1 mwN).
Wird über eine Person, an der eine gerichtliche Freiheitsstrafe vollzogen wird, eine vikariierende Maßnahme verhängt, ist demnach sowohl in Ansehung von § 178a Abs 1 und 3 StVG und § 24 Abs 1 StGB als auch aufgrund der notwendig spezifischen, intensiven, engmaschigen Betreuung Untergebrachter der laufende Strafvollzug zu unterbrechen (vorläufig zu beenden) und mit dem Vollzug der Maßnahme zu beginnen ( Drexler/Weger , StVG 5 § 178a Rz 2 und 8). Aufgrund der jeweils völlig unterschiedlichen Zwecke der Anhaltung kann eine in Strafhaft zugebrachte Zeit nicht rückwirkend zur Zeit des Maßnahmenvollzuges erklärt werden und vice versa ( Drexler/Weger , StVG 5 § 178a Rz 3).
Fallbezogen wurde durch das Aussetzen des vorläufigen Absehens vom Vollzug der strafrechtlichen Unterbringung (§ 157a StVG) der A* mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 11. Oktober 2024, GZ **-87, die strafrechtliche Unterbringung der Genannten nach § 21 Abs 1 StGB gemäß § 157g Abs 1 StVG sowohl rechtlich als auch faktisch durch die Aufnahme der gefährlichkeitsspezifischen Betreuung im B* in Vollzug gesetzt (und infolge der Verlängerung der Krisenintervention bis 11. Juli 2025 bis dato fortgeführt). Dass die Invollzugsetzung der strafrechtlichen Unterbringung infolge einer Intervention nach § 157g StVG nur vorübergehend ist, steht einer Anwendung der vorzitierten Sonderbestimmungen zur Reihenfolge des Vollzugs beim Zusammentreffen einer Freiheitsstrafe mit einer Unterbringung nach (hier:) § 21 Abs 1 StGB nicht entgegen.
Im Gegenstand wurde daher der laufende Strafvollzug durch die Invollzugsetzung der strafrechtlichen Unterbringung unterbrochen. Die Frage einer bedingten Entlassung der A* aus einem (nicht mehr stattfindenden) Vollzug der Freiheitsstrafe stellt sich daher nicht.
Aus Anlass der Beschwerde war daher der angefochtene Beschluss ersatzlos aufzuheben.
Mit ihrer Beschwerde war A* darauf zu verweisen.
Der Ausschluss eines Rechtsmittels ergibt sich aus § 89 Abs 6 StPO.