1Bs162/24v – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a. Schwingenschuh als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Wieland und Mag. Redtenbacher in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über den Einspruch des Angeklagten gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 7. November 2024, AZ ** (GZ **-12 des Landesgerichts Klagenfurt), in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Spruch
Der Einspruch wird abgewiesen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festgestellt.
Begründung:
Text
Mit der beeinspruchten Anklageschrift legt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt dem am ** geborenen österreichischen Staatsbürger A* zur Last, er habe in der Nacht vom 14. auf den 15. August 2024 in ** B* mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er gegen ihren mehrfach erklärten Willen einen Finger in den Anus steckte, ihr über die Brust leckte und danach versuchte, ihre Vagina zu lecken, woraufhin B* ihn jedoch gleich wegschob, sowie anschließend ihre Oberschenkel erfasste, ihre Beine auseinander spreizte und sie mehrfach mit einem roten Dildo vaginal penetrierte und danach versuchte, ihr auch einen Dildo aus Kautschuk in die Vagina einzuführen, wobei ihm dies aufgrund des Umfangs des Dildos nicht gelang.
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt qualifiziert diese Handlungen als das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB.
Gegen diese Anklageschrift richtet sich der Einspruch des Angeklagten mit dem Begehren, das gegen ihn geführte Strafverfahren einzustellen (ON 13). Die Oberstaatsanwaltschaft äußerte sich zu diesem Rechtsbehelf nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Einspruch ist nicht berechtigt.
Das Einspruchsgericht hat aus Anlass des Anklageeinspruches die Zulässigkeit der Anklage und die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes von Amts wegen nach allen Richtungen auf das Vorliegen aller Voraussetzungen zu überprüfen ( Birklbauer in WK-StPO Vor §§ 210 bis 215 Rz 47 und § 215 Rz 4).
Zur Z 1 des § 212 StPO:
Die dem Einspruchswerber zur Last gelegte Tat ist unter hypothetischer Annahme ihres Nachweises dem Verbrechenstatbestand der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB zu unterstellen. Mag die nach der Anklageschrift im Erfassen und Auseinanderspreitzen der Beine bestehende Kraftanwendung des Angeklagten auch bloß von geringer Intensität und auch nicht unüberwindbar (ON 10, 11) gewesen sein, übersteigt sie doch (nach der Verdachtslage) die in der Judikatur (gerade bei gegen den ausdrücklichen Willen vorgenommenen Handlungen [14 Os 65/12h]) ausgebildete Schwelle nicht ganz unerheblicher physischer Kraft zur Überwindung eines wirklichen oder vermuteten Widerstands (RIS-Justiz RS0095232, RS0095260, RS0092984). Gegenwehr des Opfers ist zur Tatbildverwirklichung jedenfalls nicht erforderlich (12 Os 9/15p). Anhaltspunkte für Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründe ergeben sich aus den Akten nicht.
Zur Z 2 und 3 des § 212 StPO:
Entgegen den Ausführungen im Einspruch sind die vorliegenden Ermittlungsergebnisse hinreichende Grundlage für die Annahme einer erhöhten Verurteilungswahrscheinlichkeit. Denn die zum Kerngeschehen weitestgehend kongruenten Angaben der Zeugin B* gegenüber der Kriminalpolizei (ON 2.6) und aus Anlass ihrer gerichtlichen kontradiktorischen Vernehmung (ON 10) begründen in Ansehung der objektiven Tatbestandsmerkmale und die daraus abgeleiteten Verdachtsannahmen zur inneren Tatseite die Möglichkeit anklagekonformer Verurteilung im Sinn des § 210 Abs 1 iVm § 212 Z 2 StPO.
Inwieweit die Erinnerungslücken der Zeugin bei der kontradiktorischen Vernehmung rund zwei Monate nach dem Vorfallstag die Beweiskraft ihrer Angaben unter Berücksichtigung der Dichte der Aussagedetails und des von ihr berichteten Komas am 14. August 2024 (ON 10, 8) mindern, ist der Beurteilung der Tatrichter in der Hauptverhandlung unter den Bedingungen der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit ebenso vorzubehalten wie die Glaubhaftigkeitsbeurteilung der die Tat leugnenden Schilderungen des Angeklagten.
Die Ergebnisse der vom Einspruchswerber vermissten Ermittlungen finden sich zu Punkt 1. in ON 5.2 und zu 2. in ON 1.20 und ON 2.2, 3. Welche für die Beurteilung der entscheidenden Tatsachen relevanten Erkenntnisse aus Ermittlungen zur Erkrankung der Zeugin an einem Scheidenpilz im Lichte ihrer bloßen Mutmaßung zu dessen Verursachung durch die Handlungen des Angeklagten und zu vorangegangenen Anzeigen von Vergewaltigungsvorwürfen angesichts der gebotenen Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben im Einzelfall zu erwarten sind, vermag der Einspruchswerber nicht schlüssig darzustellen.
Formelle Mängel weist die Anklageschrift nicht auf (§ 212 Z 4 StPO).
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht gründet sich auf § 31 Abs 3 Z 1, § 36 Abs 3 erster Satz StPO, wurde die nach der Verdachtslage nach § 201 Abs 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von zwei bis zehn Jahren strafbare Handlung doch im Sprengel dieses Gerichtshofs ausgeführt (Z 5 und 6 des § 212 StPO).
Gemäß §§ 4 Abs 1, 20 Abs 1 StPO ist die Berechtigung der Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung wegen der dem Angeklagten angelasteten Taten zu bejahen (§ 212 Z 7 StPO).
Hinweise auf eine unrechtmäßige nachträgliche Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 205 Abs 2 StPO oder § 38 Abs 1 oder 1a SMG durch die Anklagebehörde ergeben sich aus den Akten nicht (Z 8 des § 212 StPO).
Da somit keiner der Fälle der Abs 2 bis 4 des § 215 StPO vorliegt, ist der Einspruch nach Abs 6 leg. cit. abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu (§ 214 Abs 1 StPO).