JudikaturOLG Graz

9Bs40/25p – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
09. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Kohlroser als Vorsitzende, die Richterin Mag a . Berzkovics und den Richter Mag. Obmann, LL.M. in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung der Staatsanwaltschaft Graz gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 11. Dezember 2024, GZ **-15, und deren Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss nach § 494a StPO nach der am 9. April 2025 in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag a . Dexer, des Angeklagten A* und seines Verteidigers Rechtsanwaltsanwärter Mag. Robier durchgeführten öffentlichen Verhandlung

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folgegegeben und über A* unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 39 Abs 1a StGB nach § 107 Abs 1 StGB die Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

2. den Beschluss gefasst:

Die bedingte Strafnachsicht zu AZ ** des Bezirksgerichts Graz-West wird widerrufen.

Hingegen wird vom Widerruf der bedingten Strafnachsichten zu AZ ** und AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz unter Verlängerung der Probezeiten auf fünf Jahre ebenso abgesehen wie vom Widerruf der bedingten Entlassung zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz.

Mit ihrer Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft darauf verwiesen.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene afghanische Staatsangehörige A* des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 siebenter Fall SMG (1.) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB und in Anwendung des § 39 Abs 1a StGB nach § 107 Abs 1 StGB (ergänze:) in Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zur Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je EUR 10,00, im Uneinbringlichkeitsfall 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und zur für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

Mit dem unter einem gefassten Beschluss wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ ** des Bezirksgerichts Graz-West (vier Monate Freiheitsstrafe), zu AZ ** (acht Monate Freiheitsstrafe) und zu AZ ** (vier Monate Freiheitsstrafe) des Landesgerichts für Strafsachen Graz sowie (gemeint wohl:) der bedingten Entlassung zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz (9 Monate Strafrest) abgesehen und die Probezeit zu AZ ** und ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz gemäß § 494a Abs 6 StPO auf jeweils fünf Jahre verlängert.

Dem Schuldspruch zufolge hat der Angeklagte am 27. August 2024 in **

1. vorschriftswidrig Suchtgift anderen angeboten, indem er rund sieben Gramm Kokain zum Gesamtpreis von EUR 500,00 B* zum Kauf anbot und

2. B * gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihm gegenüber äußerte, dass er „ihm Messer geben“ werde, womit er meinte, dass er ihm mit einem Messer Verletzungen in Form von Schnitt- bzw Stichwunden zufügen werde.

Mit ihrer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe strebt die Staatsanwaltschaft die Verhängung einer höheren gänzlich unbedingten Freiheitsstrafe über den Angeklagten an. Die Beschwerde zielt auf den Widerruf sämtlicher bedingter Strafnachsichten und der bedingten Entlassung ab (ON 16).

Rechtliche Beurteilung

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Die Strafbefugnis reicht fallbezogen nach § 107 Abs 1 StGB unter Anwendung von § 39 Abs 1a StGB bis zu eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe oder 1.080 Tagessätze Geldstrafe.

Erschwerend ist, dass der Angeklagte mehrere strafbare Handlungen verschiedener Art (zwei Vergehen) begangen hat (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) und dass er bereits mehrmals (dreimal) wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB). Aggravierend ist die Tatbegehung während mehrerer Probezeiten. Mit Blick auf die Rechtskraft der jüngsten Verurteilung, nämlich zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz mit 23. Oktober 2023, ist ein rascher Rückfall zu jener Verurteilung nicht anzunehmen.

Milderungsgründe liegen nicht vor. Das erst in der Berufungsverhandlung abgelegte Geständnis vermag jedenfalls keine mildernde Wirkung zu entfalten ( Mayerhoferin StGB 6 § 34 E 52 mwN).

Ausgehend von den genannten Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) ist auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die Verhängung einer Freiheitsstrafe von acht Monaten tat- und schuldangemessen. Mit Blick auf das mehrfach einschlägig belastete Vorleben des Angeklagten, den auch der teilweise Vollzug einer mehrjährigen Freiheitsstrafe und die Gewährung mehrerer bedingter Strafnachsichten sowie einer bedingten Entlassung nicht von der Begehung der hier gegenständlichen Taten abhielt, stehen spezialpräventive Gründe einer Anwendung des § 43a Abs 2 oder Abs 3 StGB entgegen.

Der Kostenausspruch gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Die vom Erstgericht gemäß § 494a StPO gefassten, zufolge Neubemessung der Strafe hinfällig gewordenen Beschlüsse erfordern nach dem Konzept der Gesamtregelung der Straffrage eine Prüfung und Neubewertung durch das Rechtsmittelgericht ( Jerabek/Ropperin WK StPO § 498 Rz 8; Kirchbacher, StPO 15 § 494a Rz 5/1).

Die nach § 494a Abs 3 StPO erforderliche (RIS-Justiz RS0111829 [T7]), nach der Aktenlage im erstinstanzlichen Verfahren unterbliebene Einsichtnahme in die Urteilsabschriften zu AZ ** des Bezirksgerichts Graz-West, zu AZ ** und zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz sowie in den Beschluss zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz wurde in der Berufungsverhandlung nachgeholt ( Jerabek/Ropper aaO § 494a Rz 8 f).

Fallbezogen beging der Angeklagte die in Rede stehenden Taten jeweils in der Probezeit zu AZ ** des Bezirksgerichts Graz-West, zu AZ **, zu AZ ** und zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz.

Mit Blick auf das mehrfach einschlägig belastete Vorleben, die Delinquenz in (zum Teil) bereits verlängerten Probezeiten und die Wirkungslosigkeit des Vollzugs einer mehrmonatigen Haftstrafe ist zusätzlich zu der verhängten Freiheitsstrafe auch der Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ ** des Bezirksgerichts Graz-West notwendig, um den Angeklagten in Zukunft von strafbaren Handlungen abzuhalten. Dazu bedarf es jedoch nicht auch des Widerrufs der bedingten Strafnachsichten zu AZ ** und zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz sowie der bedingten Entlassung zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz sodass insoweit die Widerrufsvoraussetzungen nicht vorliegen. Allerdings stellt sich die Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre zu AZ ** und zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz als spezialpräventiv gebotenes Mindesterfordernis dar, um den Zeitraum der Bewährung des Angeklagten entsprechend zu erstrecken und seine Legalbewährung sicherzustellen.