1Ob109/25y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*, vertreten durch MMag. Michael Krenn, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 97.562,27 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Mai 2025, GZ 14 R 24/25i-20, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die „Flugberechtigung“ des Klägers wurde mit dem ihm am 19. 10. 2020 zur Kenntnis gelangten Mandatsbescheid der Austro Control österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH mit sofortiger Wirkung ausgesetzt. In der Begründung des Bescheids stützte sich die Behörde auf das Gutachten eines klinischen Luftfahrtpsychologen, nach dem beim Kläger der Verdacht auf eine paranoide Persönlichkeitsakzentuierung mit wahnhaften Fixierungen und Inhalten bestehe.
[2] Mit der am 8. 8. 2024 beim Erstgericht eingebrachten Klage macht der Kläger– gestützt auf das AHG – Schadenersatzansprüche geltend, weil die dem Mandatsbescheid zugrunde liegende gutachterliche Stellungnahme ohne persönlichen Kontakt mit ihm nur aufgrund der der Behörde offenbar vorliegenden schriftlichen Unterlagen und somit nicht lege artis erstellt worden sei.
[3] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Verjährung ab.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die außerordentliche Revision des Klägersist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig .
[5]1. Nach § 6 Abs 1 Satz 1 AHG verjähren Ersatzansprüche nach § 1 Abs 1 leg cit in drei Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist. Diese Frist wird dann in Gang gesetzt, wenn dem Geschädigten neben dem Schaden der gesamte seinen Anspruch begründende Sachverhalt soweit bekannt ist, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann ( RS0034512 [insb T11]). Wann eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ( RS0034524 [T23, T41]). Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht zeigt der Kläger nicht auf.
[6] 2. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hatte der Kläger aufgrund des Mandatsbescheids bereits seit dem 19. 10. 2020 ausreichende Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und Zusammenhängen, um eine amtshaftungsrechtliche Schadenersatzklage aus seiner Sicht erfolgversprechend einbringen zu können.
[7] Dem hält der Kläger (nur) entgegen, dass er frühestens durch die Einholung von Privatgutachten im Zeitraum August bis Oktober 2021, die bestätigt hätten, dass er an keinen psychischen Krankheiten leide, erste objektive Anhaltspunkte dafür erlangt habe, dass dem Bescheid eine medizinische Fehldiagnose zugrunde gelegen habe. Dabei übersieht er aber, dass er der Behörde als haftungsbegründend vorwirft, ihre Entscheidung auf ein reines Aktengutachten ohne Beiziehung und Untersuchung seiner Person – also auf eine unzulässige „Ferndiagnose“ – gestützt zu haben. Gerade dieser Umstand war aber – wie das Berufungsgericht ausgeführt hat – bereits dem Inhalt des Mandatsbescheids unmissverständlich zu entnehmen. Nicht nachvollziehbar ist, aus welchem Grund der Kläger Kenntnis darüber benötigt hätte, „dass er selbst psychisch völlig gesund sei“, um den der Behörde im Verfahren angelasteten Fehler erkennen zu können und damit die Verjährungsfrist in Gang zu setzen.