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7Ob137/25k – OGH Entscheidung

Entscheidung
Versicherungsrecht
25. September 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin sowie die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH Co KG, *, vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch Mag. Wolfgang Weilguni, Rechtsanwalt in Wien, wegen 133.513,15 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. Juli 2025, GZ 1 R 94/25p 15, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin ist bei der Beklagten betrieblich haftpflichtversichert. Auf den Versicherungsvertrag sind die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung idF 01/2015 (AHVB), die Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung idF 01/2015 (EHVB) und die Bedingungen Voribau Plus Vollrisikodeckung für das Bau und Baunebengewerbe sowie für Baumeister und dem Baumeistergewerbe entstammende Teilgewerbe idF 1. 7. 2023 (GA 40) anzuwenden.

[2] Die AHVB lauten auszugsweise wie folgt:

Artikel 1

Was gilt als Versicherungsfall und was ist versichert ?

1. Versicherungsfall

1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Pkt. 2.) erwachsen oder erwachsen könnten.

[…]

Artikel 7

Was ist nicht versichert ? (Risikoausschlüsse)

1. Unter die Versicherung gemäß Art. 1 fallen insbesondere nicht

1.1 Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel;

[…]

1.3 die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung;

[…]

10. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an

[…]

10.3 jenen Teilen von unbeweglichen Sachen, die unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung, Benützung oder einer sonstigen Tätigkeit sind.

[3] Die GA 40 lauten auszugsweise wie folgt:

20. Tätigkeiten an unbeweglichen Sachen

Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an jenen Teilen von unbeweglichen Sachen, die unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung, Benützung oder einer sonstigen Tätigkeit sind, gelten abweichend von Art. 7, Pkt. 10.3 AHVB als mitversichert.

[4] Die Klägerin erbrachte im Sommer 2016 Pflasterarbeiten auf einer Liegenschaft und verlegte zudem Metallplatten um einen vorhandenen Pool. In der Folge wurde sie in einem Zivilverfahren vom Zessionar ihres Auftraggebers wegen mangelhaft ausgeführter Arbeiten auf Zahlung von 112.000 EUR sA geklagt. Mit Urteil vom 28. 5. 2023 wurde sie verpflichtet, dem dortigen Kläger 95.000 EUR sA zu zahlen. Dieser Klagszuspruch beinhaltete mit Ausnahme eines untergeordneten Betrags ausschließlich Mängelbehebungskosten, das Mangelfolgeschäden betreffende Mehrbegehren wurde abgewiesen.

[5] Die Klägerin begehrt die Zahlung von 133.513,15 EUR sA. Gemäß Pkt 20 der GA 40 seien Tätigkeitsschäden mitversichert, worunter sämtliche von ihr ausgeführten Arbeiten fielen. Die Beklagte könne die Deckung daher nicht unter Verweis auf Art 7.1.1 oder Art 7.1.3 AHVB verweigern.

[6] Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die der Klägerin im Vorprozess auferlegte Zahlung betreffe ausschließlich Mängelbehebungskosten, welche nach Art 7.1.1 und Art 7.1.3 AHVB von der Deckung ausgeschlossen seien.

[7] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

[8] Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Bei den geltend gemachten Schäden handle es sich um Mangelschäden, welche gemäß Art 7.1.1 und Art 7.1.3 AHVB von der Deckung ausgeschlossen seien. Diese Risikoausschlüsse seien vom weiteren Ausschluss nach Art 7.10.3 AHVB zu unterscheiden und blieben daher auch von der nur auf Letztere verweisenden Bestimmung des Pkt 20 der GA 40 unberührt.

Rechtliche Beurteilung

[9] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin.

[10]1.1. In der Betriebshaftpflichtversicherung ist die Ausführung der bedungenen Leistung grundsätzlich nicht versichert (RS0081685), soll doch das Unternehmerrisiko nicht auf den Versicherer übertragen werden (RS0081518 [T4, T7, T8]; RS0081898 [T1]). Demgemäß umfasst nach Art 7 AHVB das Leistungsversprechen des Versicherers Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel (Art 7.1.1 AHVB „Gewährleistungsklausel“) sowie die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung (Art 7.1.3 AHVB „Erfüllungsklausel“) nicht (7 Ob 23/25w). Die Kosten für die von einem Dritten vorgenommene Verbesserung der mangelhaften Leistung des Versicherungsnehmers fallen ebenfalls nicht in die Betriebshaftpflichtversicherung (RS0081685).

[11]1.2. Die Betriebshaftpflichtversicherung erstreckt sich somit nicht auf die Ausführung der bedungenen Leistung und auf Erfüllungssurrogate (RS0081685 [T1]), also auf diejenigen Schadenersatzansprüche, durch die ein unmittelbares Interesse am eigentlichen Leistungsgegenstand eines abgeschlossenen Vertrags geltend gemacht wird (7 Ob 18/24h mwN; vgl RS0081685 [T2]; RS0081898). Entscheidend ist dabei nicht die rechtliche Grundlage, aus der der Anspruch hergeleitet wird. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Kosten durch den Versicherungsnehmer oder Dritte aufgewendet werden müssen, um den Dritten in den Genuss der vertragsgerechten Leistung des Versicherungsnehmers zu bringen und/oder ob sie das Zurückbleiben der tatsächlichen Leistung hinter dem Versprochenen kompensieren sollen (7 Ob 18/24h; 7 Ob 23/25w; vgl RS0081685 [T2]).

[12]1.3. Gedeckt sind hingegen Schadenersatzansprüche aus mangelhafter Vertragserfüllung (Mangelfolgeschäden, Begleitschäden), die jenseits des Erfüllungsinteresses des Gläubigers liegen (7 Ob 18/24h mwN).

[13]2.1. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche – bis auf einen untergeordneten Betrag – Mängelbehebungskosten betreffen, zieht die Revision nicht in Zweifel. Sie ist jedoch der Ansicht, Schadenersatzansprüche gemäß § 933a ABGB fielen nicht unter Art 7.1.1 oder Art 7.1.3 AHVB, sondern ausschließlich unter den Risikoausschluss nach Art 7.10.3 AHVB. Zu diesem Risikoausschluss sei die abweichende Regelung nach Pkt 20 der GA 40 vereinbart worden.

[14]2.2. Diesen Revisionsausführungen steht die dargestellte höchstgerichtliche Rechtsprechung entgegen, in deren Rahmen sich die Beurteilung der Vorinstanzen hält. Aus dem klaren Wortlaut des Art 7.1 AHVB geht hervor, dass der Versicherungsschutz grundsätzlich weder die Erfüllung noch Erfüllungssurrogate umfasst. Entscheidend ist dabei nicht die rechtliche Grundlage, aus der der Anspruch hergeleitet wird. Ausgeschlossen sind auch diejenigen Schadenersatzansprüche, durch die ein unmittelbares Interesse am eigentlichen Leistungsgegenstand eines abgeschlossenen Vertrags geltend gemacht wird, somit auch solche, die an die Stelle der Gewährleistung treten, also den an sich mit Gewährleistungsbehelfen zu liquidierenden Mangel vergüten (7 Ob 18/24h; 7 Ob 23/25w mwN). Daher ändert es auch nichts, dass im Werkvertragsrecht Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche in voller Konkurrenz nebeneinander bestehen können (vgl 7 Ob 227/99d). Die Beurteilung der Vorinstanzen ist somit nicht zu beanstanden.

[15]2.3. Das Berufungsgericht kam weiters zu dem Ergebnis, der Risikoeinschluss nach Pkt 20 der GA 40 erstrecke sich nur auf Art 7.10.3 AHVB, berühre jedoch nicht die hier einschlägigen Risikoausschlüsse nach Art 7.1.1 oder Art 7.1.3 AHVB. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig (vgl 7 Ob 114/08b; 7 Ob 125/21i) und wird von der Revision auch nicht weiter aufgegriffen.

[16] 3. Die Revision wendet sich darüber hinaus nicht gegen die Beurteilung der Vorinstanzen, allfällige (betraglich untergeordnete) Mangelfolgeschäden seien durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten bereits abgegolten, sodass darauf nicht mehr eingegangen werden muss.