13Os44/25g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. September 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. SetzHummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Hinteregger in der Finanzstrafsache gegen * A* wegen Finanzververgehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 21. Februar 2025, GZ 51 Hv 71/24m 110.4, ferner über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Erteilung einer Weisung (ON 110.3) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil sowie der zugleich mit diesem ergangene Beschluss auf Erteilung einer Weisung aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und es wird die Sache an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* im zweiten Rechtgang (zum ersten siehe 13 Os 34/24k) – unter formal verfehlter (RIS-Justiz RS0100041 [T9] und RS0098685 sowie Lendl , WK-StPO § 260 Rz 33 und Ratz , WK-StPO § 2 93 Rz 6) Wiederholung des im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldspruchs wegen jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A I) sowie nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B) – mehrerer (weiterer) Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A II) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er im Zuständigkeitsbereich des (ehemaligen) Finanzamts Baden Mödling als Geschäftsführer, rechtsgeschäftlich Bevollmächtigter und tatsächlicher wirtschaftlicher Machthaber der I* GmbH vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen an Kapitalertragsteuer „durch Unterlassung der Einbehaltung, Meldung und Abfuhr“ bewirkt, und zwar hinsichtlich zeitlich nicht mehr exakt feststellbarer Ertragszuflüsse (US 7)
1) vom Oktober 2017 bis zum Dezember 2017 um 145.904,76 Euro,
2) im Jahr 2018 um 443.550,69 Euro und
3) vom Jänner 2019 bis zum August 2019 um 476.808,60 Euro.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Wie schon im ersten Rechtsgang sieht das Erstgericht hinsichtlich der Verkürzung von Kapitalertragsteuer erneut verdeckte Gewinnausschüttung als Grundlage der Abgabepflicht an (vgl US 9 f).
[5] Zutreffend zeigt die Mängelrüge eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellung auf, wonach der Angeklagte, der nach dem Urteilssachverhalt nicht nur faktischer Geschäftsführer, sondern auch Gesellschafter der I* Gmb H war (US 6), Finanzmittel aus dem Unternehmen „für private Aufwendungen“ entnommen und sich „[zuge]eignet“ hat (US 7 f).
[6] Eine auf diese – gegenüber dem ersten Rechtsgang ergänzend getroffene – Feststellung bezogene Beweiswürdigung ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Soweit zur Begründung der Feststellungen zu den „Malversationen, Scheinrechnungen und Beträgen“ pauschal auf mehrere, teils äußerst umfangreiche Berichte der Finanzbehörde (vgl exemplarisch die 787 Unterordner umfassende ON 72) verwiesen wird (US 11), lässt dies keinen Rückschluss zu, aufgrund welcher konkreten Erwägungen die bekämpften Sachverhaltsannahmen getroffen wurden (vgl dazu Lässig in WK 2Vor FinStrG Rz 5, RIS-Justiz RS0087030 [T1]).
[7] B ereits dieses Begründungsdefizit erforderte die Aufhebung des (im zweiten Rechtsgang allein gegenständlichen) Schuldspruchs (A II), sodass auf das weitere Vorbringen der Beschwerde nicht mehr einzugehen ist.
[8] Das angefochtene Urteil war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur schon bei der nichtöffentlichen Beratung zur Gänze zu beheben (§ 285e StPO). Daraus folgte die Aufhebung des Beschlusses auf Erteilung einer Weisung.
[9] Mit seiner Berufung und seiner impliziten Beschwerde(§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO iVm § 195 Abs 1 FinStrG) gegen die Erteilung einer Weisung war der Angeklagte auf die Aufhebung zu verweisen.
[10] Dem Angeklagten war keine Kostenersatzpflicht aufzuerlegen, weil das angefochtene Urteil zur Gänze aufgehoben wurde. Der aus dem ersten Rechtsgang rechtskräftige Schuldspruch ändert daran nichts (12 Os 133/21g [Rz 10] mwN sowie RISJustiz RS0133966 ).