9Ob88/25v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Korn, Dr. Stiefsohn, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner Helm in der Rechtssache der klagenden Partei P*, vertreten durch die Linsinger Partner Rechtsanwälte GmbH in St. Johann im Pongau, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch die Dr. Lechner MMag. Niedrist Rechtsanwalts KG in Innsbruck, wegen (zuletzt) 1.375,49 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Juni 2025, GZ 5 R 35/25w-30, mit dem die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Reutte vom 19. Dezember 2024, GZ 2 C 51/24f 25, (Berufungsinteresse: 1.251,16 EUR) zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 377,90 EUR (darin 62,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Die Klägerin kaufte von der Beklagten eine Stute. Bei der Übergabe litt das Pferd an einer Pilzinfektion, die für die Beklagte nicht erkennbar war, obwohl sie selbst Pferde züchtet. Die Stute steckte sechs weitere Pferde der Klägerin an. Daneben kam es nach der Übergabe bei allen sieben Pferden der Klägerin zu einem Parasitenbefall.
[2] Das Erstgericht sprach der Klägerin die infolge der Pilzinfektion aufgelaufenen Behandlungskosten für die Stute von 124,33 EUR aus dem Titel der Gewährleistung zu und wies die auf Schadenersatz gründenden Mehrbegehren (Spesen sowie weitere Behandlungskosten auch der anderen Pferde der Klägerin) ab.
[3] Das Berufungsgericht wies die dagegen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Berufung zurück, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehe, wonach die Pilzerkrankung der Stute für die Beklagte nicht erkennbar war, obwohl sie selbst Pferde züchte. Spekulationen zum anzulegenden Haftungsmaßstab würden sich daher erübrigen. Es brauche auch keine weiteren Feststellungen, sondern die Klägerin versuche in Wahrheit,unzulässig (§ 501 Abs 1 ZPO) die erstgerichtlichen Feststellungen zu bekämpfen.
[4] Gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichts wendet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Ziel, dass dem Berufungsgericht nach Behebung des Beschlusses die Entscheidung über die Berufung der Klägerin unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen werde.
[5] Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung , dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Rekurs ist nicht berechtigt.
[7] 1. Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1ZPO zulässig, das Verfahren ist entgegen der Darstellung der Klägerin zweiseitig (vglRS0098745 [T21] ; RS0128487 ).
[8] 2.1. In der Sache argumentiert die Klägerin, ihrer Berufung lägen jene Feststellungen zugrunde, die ihr das Berufungsgericht vorwerfe, übergangen zu haben. Allenfalls habe sie eine Interpretation der Feststellungen angestellt. Eine inhaltliche Entscheidung über die Berufung hätte spätestens der besorgte sekundäre Feststellungsmangel eingefordert.
[9] 2.2. Diese Rekursausführungen zeigen nicht auf, inwiefern die Berufung die Feststellung, dass für die Beklagte auch als Pferdezüchterin die Pilzerkrankung nicht erkennbar war, in ihre Überlegungen einbezogen hätte. Mit dem Berufungsgericht ist die erstgerichtliche Feststellung „ Für die Beklagte war die Pilzerkrankung der Stute [...] , obwohl sie selbst Pferde züchtet, im Zeitpunkt der Übergabe […] nicht erkennbar.“ dahin zu verstehen, dass nicht bloß die Beklagte subjektiv die Erkrankung nicht erkannte, sondern dass auch ein Pferdezüchter objektiv nicht in der Lage war, die Pilzinfektion zu erkennen. Anders als in der Berufung behauptet, fehlen daher auch keine Feststellungen zur Erkennbarkeit dieser Erkrankung für einen Pferdezüchter. Für einen auch (objektiv) einem Fachmann nicht erkennbaren Mangel hat selbst ein Sachverständiger iSd § 1299 ABGB nicht einzustehen.
[10] 3.1. Der Rekurs muss daher erfolglos bleiben.
[11] 3.2.Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
