10ObS88/25a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hargassner als Vorsitzenden, den Vizepräsidenten Hon.Prof. PD Dr. Rassi und den Hofrat Dr. Annerl als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei P*, vertreten durch Mag. Johannes Schreiber, Rechtsanwalt in Wien, als bestellter Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 13. Mai 2025, GZ 10 Rs 27/25a 162, mit dem die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom 18. März 2024, GZ 17 Cgs 95/20i 139, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
[1] Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Invaliditätspension gerichtete Klagebegehren ab, stellte fest, dass beim Kläger keine vorübergehende Invalidität im Ausmaß von mindestens sechs Monaten vorliege und kein Anspruch auf Rehabilitationsgeld bestehe. Hingegen stellte es fest, dass der Kläger Anspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation habe.
[2]Dieses Urteil wurde dem in erster Instanz unvertretenen Kläger an seinem Wohnsitz am 27. 6. 2024 zugestellt. Mit am 29. 7. 2024 zur Post gegebenen Schreiben beantragte der Kläger die Bewilligung der Verfahrenshilfe unter anderem durch Beigabe eines Rechtsanwalts iSd § 64 Abs 1 Z 3 ZPO.
[3] Das Erstgericht bewilligte dem Kläger mit Beschluss vom 16. 9. 2024 die Verfahrenshilfe. Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom 28. 1. 2025 wurde Mag. Johannes Schreiber zum Verfahrenshelfer bestellt; die Zustellung dieses Bescheids samt Ersturteil an ihn erfolgte am 30. 1. 2025.
[4] Das Berufungsgerichtwies mit dem angefochtenen Beschluss die vom Verfahrenshelfer namens des Klägers am 26. 2. 2025 erhobene Berufung als verspätet zurück. Es wies darauf hin, dass die Fristenhemmung des § 222 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren nicht gelte (§ 39 Abs 4 ASGG). Ausgehend von einer Zustellung des Urteils an den Kläger am 27. 6. 2024 habe die vierwöchige Berufungsfrist daher bereits am 25. 7. 2024 geendet.
[5] Ein außerhalb der Rechtsmittelfrist gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe bewirke weder eine Unterbrechung noch einen neuen Lauf der Rechtsmittelfrist und zwar auch dann nicht, wenn das Erstgericht in Folge die Verfahrenshilfe bewilligt und einen Rechtsanwalt beigegeben habe. Daran ändere auch die erfolgte Zustellung an den Verfahrenshelfer nichts, weil die wiederholte Zustellung einer Entscheidung keine neuerliche Rechtsmittelfrist auslöse.
[6] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers . Er beantragt, den angefochtenen Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und diesem die inhaltliche Erledigung der Berufung aufzutragen.
[7] Die Beklagte hat sich am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
[8] Der Rekurs ist nicht berechtigt.
[9]1. Gegen einen Beschluss, mit dem das Berufungsgericht eine Berufung wegen Verspätung zurückweist, ist der Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ungeachtet des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zulässig (RS0042770).
[10]2. Der Oberste Gerichtshof erachtet die Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 iVm § 528a ZPO). Das Berufungsgericht wies zutreffend darauf hin, dass ein außerhalb der Berufungsfrist gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe die bereits eingetretene Rechtskraft einer Entscheidung nicht beseitigen kann; dies unabhängig davon, ob das Erstgericht in der Folge über diesen Verfahrenshilfeantrag inhaltlich entschied (RS0036235 [T11]).
[11]3. Dem Rekurs war somit nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.