14Os81/25f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Ebner in der Strafsache gegen * M* wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG, AZ 5 U 157/23g des Bezirksgerichts Villach, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 13. Oktober 2023 und den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 25. März 2024, AZ 7 Bl 19/24y, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Kranz, zu Recht erkannt:
Spruch
1./ Im Verfahren AZ 5 U 157/23g des Bezirksgerichts Villach verletzt die Auslassung des Ausspruchs über die Verpflichtung des Angeklagten zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens in der Ausfertigung des Urteils des genannten Gerichts vom 13. Oktober 2023 (ON 17) § 270 Abs 2 Z 4 StPO iVm § 260 Abs 1 Z 5, § 389 Abs 1 StPO.
2./ Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes verworfen.
Text
Gründe:
[1] Mit (Abwesenheits )Urteil vom 13. Oktober 2023, GZ 5 U 157/23g17, erkannte das Bezirksgericht Villach * M* des Vergehens (richtig: der Vergehen) des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG schuldig.
[2]Im Zuge der Urteilsverkündung sprach die Einzelrichterin (unter anderem) aus, dass der Genannte schuldig sei, „die Kosten des Verfahrens gemäß § 389 StPO zu ersetzen“ (ON 16, 3).
[3]In der Urteilsausfertigung unterließ sie jedoch die Wiedergabe des Ausspruchs über die Verpflichtung zum Kostenersatz (§ 389 Abs 1 StPO), hielt in den Entscheidungsgründen allerdings fest, dass „der Ausspruch über den Kostenersatz […] eine Folge des Schuldspruchs und in der bezogenen Gesetzesstelle begründet“ sei (US 3).
[4] Ohne zuvor eine Angleichung der Urteilsausfertigung an das mündlich verkündete Urteil zu veranlassen, wies das Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht die von M* gegen das erstinstanzliche (Abwesenheits)Urteil am 29. Februar 2024 erhobene Berufung (ON 22) mit Beschluss vom 25. März 2024, AZ 7 Bl 19/24y, als verspätet zurück. Unter einem verpflichtete es den Angeklagten gemäß § 390a Abs 1 StPO auch zum Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens (ON 24.3, 1).
Rechtliche Beurteilung
[5] 1./ Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht im Verfahren AZ 5 U 157/23g des Bezirksgerichts Villach die Ausfertigung des erstinstanzlichen (Abwesenheits )Urteils vom 13. Oktober 2023 (ON 17) mit dem Gesetz nicht in Einklang:
[6]Im Falle eines Schuldspruchs hat das erkennende Gericht den Angeklagten zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens zu verpflichten (§ 389 Abs 1 StPO). Dieser – die Kostenersatzpflicht lediglich dem Grunde nach betreffende (vgl Lendl , WKStPO § 260 Rz 49) – Ausspruch ist bereits Gegenstand des Strafurteils (§ 260 Abs 1 Z 5 StPO).
[7]Gemäß § 270 Abs 2 Z 4 StPO hat eine Urteilsausfertigung den Ausspruch des Gerichts über die Schuld zu enthalten; dies (wie hier) im Fall einer Verurteilung allerdings mit allen in § 260 StPO angeführten Punkten.
[8]Indem es das Bezirksgericht Villach dennoch unterließ, die Entscheidung über die (dem Grunde nach bestehende) Prozesskostenersatzpflicht des Angeklagten im Tenor seiner Urteilsausfertigung anzuführen, verletzte es demnach § 270 Abs 2 Z 4 StPO iVm § 260 Abs 1 Z 5, § 389 Abs 1 StPO.
[9] Zu Punkt 2./ führt die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde aus:
[10]„Voraussetzung für eine Kostenersatzpflicht des Angeklagten im Rechtsmittelverfahren (§ 390a Abs 1 StPO) ist ein grundsätzlicher Ausspruch derselben gemäß § 389 StPO (oder § 390 StPO) in der Entscheidung erster Instanz. Fehlt ein solcher Ausspruch, so ist das Rechtsmittelgericht – sofern es nicht in der Sache selbst erkennt – nicht befugt, diesen Ausspruch nachzuholen oder zu fingieren (vgl RISJustiz RS0101332; Lendl , WKStPO § 389 Rz 4 f und § 390a Rz 4; Kirchbacher, StPO 15 § 389 Rz 3).
[11] Daran ändert es auch nichts, dass ein derartiger Ausspruch entgegen der schriftlichen Urteilsausfertigung ohnehin Gegenstand der mündlichen Urteilsverkündung war, weil insoweit allein die schriftliche Urteilsausfertigung Bezugspunkt einer Überprüfung des Urteils ist (vgl Danek/Mann , WKStPO § 270 Rz 53; Ratz , WKStPO § 281 Rz 280).
[12] Weicht die schriftliche Ausfertigung des Urteils vom mündlich verkündeten Urteil ab, so ist vielmehr deren (dem in erster Instanz erkennenden Gericht obliegende) Angleichung geboten, die – solange im Rechtsmittelverfahren noch keine Entscheidung ergangen ist – auch noch vom Rechtsmittelgericht beim Erstgericht veranlasst werden kann ( Danek/Mann , WKStPO § 270 Rz 56 f).
[13]Indem das Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht keine entsprechende Veranlassung traf, in seinem Beschluss vom 25. März 2024, AZ 7 Bl 19/24y, aber dennoch einen Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Angeklagten tätigte, verletzte es § 390a Abs 1 StPO.“
Dazu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
[14]Entgegen der Meinung der Generalprokuratur enthält (auch) das ausgefertigte Urteil unter verdeutlichender Heranziehung der Entscheidungsgründe (vgl 13 Os 17/13v; RISJustiz RS0116669) einen Kostenausspruch (vgl US 3 [„Der Ausspruch über den Kostenersatz ist eine Folge des Schuldspruchs und in der bezogenen Gesetzesstelle begründet“]). Ungeachtet des zu Punkt 1./ zutreffend geltend gemachten Unterbleibens formeller Hervorhebung dieses Ausspruchs im Urteilstenor ist der Inhalt der Entscheidungsausfertigung bei deren Gesamtbetrachtung für den erkennenden Senat unzweifelhaft erkennbar.
[15] Davon ausgehend stellt sich die von der Generalprokuratur weiters aufgeworfene Frage, ob im Fall einer Abweichung des verkündeten vom ausgefertigten Urteil letzteres auch dann den Ausschlag gibt (vgl dazu etwa Danek/Mann , WKStPO § 270 Rz 53 und 57; Ratz , WKStPO § 281 Rz 280 f), wenn die Divergenz nur den – im hier gegenständlichen Rechtsmittelverfahren nicht zu überprüfenden – Kostenausspruch betrifft, nicht.