504Präs27/25t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Präsident des Obersten Gerichtshofs fasst in der Disziplinarsache gegen *, AZ D 181/17 des Disziplinarrats der Wiener Rechtsanwaltskammer, über die Ablehnung des Präsidenten des Disziplinarrats den
Beschluss:
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Der Disziplinarbeschuldigte lehnt den Präsidenten des Disziplinarrats als befangen ab. Eine Befangenheit des Präsidenten des Disziplinarrats liege darin, dass dieser dem gegen den Vorsitzenden des Disziplinarsenats gestellten Ablehnungsantrag nicht Folge gegeben habe. Der Disziplinarbeschuldigte hatte den Vorsitzenden des Disziplinarsenats mit der Begründung abgelehnt, dieser habe zu Unrecht zwei gegen den Disziplinarbeschuldigten geführte Disziplinarverfahren verbunden. Der Verbindungsbeschluss verletze massiv das „fair trial“. Der Präsident des Disziplinarrats habe dem Ablehnungsantrag nur deshalb nicht Folge gegeben, damit er nicht selbst als Vertreter des Vorsitzenden des Disziplinarrats tätig werden musste.
Einen weiteren Ablehnungsgrund erblickt der Disziplinarbeschuldigte darin, dass der Präsident des Disziplinarrats zur Äußerung des Disziplinarbeschuldigten, er appelliere eindringlich an die Objektivitätsverpflichtung oder werde die Verpflichtung der Mitglieder des Disziplinarrats zur Objektivität beim VfGH anfechten, ausführte, der „bemerkenswerte Appell des Disziplinarbeschuldigten an die Objektivitätsverpflichtung der Mitglieder des Disziplinarrats“, verbunden mit der „Drohung“, die Verpflichtung zur Objektivität beim VfGH anzufechten, werde zur Kenntnis genommen. Darin, dass der Präsident des Disziplinarrats eine Drohung annehme, liege eine haltlose Unterstellung; dies zeige die Befangenheit des Präsidenten des Disziplinarrats.
Rechtliche Beurteilung
Über einen Ablehnungsantrag gegen den Präsidenten des Disziplinarrats entscheidet gemäß § 26 Abs 5 DSt der Präsident des Obersten Gerichtshofs.
Der Ablehnungsantrag ist nicht berechtigt.
§ 26 DSt unterscheidet zwischen Ausgeschlossenheits und Befangenheitsgründen. Von der Teilnahme am Disziplinarverfahren ist ein Mitglied des Disziplinarrats gemäß § 26 Abs 1 DSt ausgeschlossen, wenn das Mitglied durch das Disziplinarverfahren selbst betroffen war oder Anzeiger war, Rechtsfreund oder gesetzlicher Vertreter des Betroffenen oder Anzeigers ist oder der Beschuldigte, der Anzeiger oder der Betroffene Angehöriger des Mitglieds iSd § 157 Abs 1 Z 1 StPO ist. Daneben bestehen – im Einzelnen nicht näher angeführte – Befangenheitsgründe, was sich schon daraus ergibt, dass nach § 26 Abs 4 DSt die Mitglieder des Disziplinarrats sie betreffende Ausschließungs und/oder Befangenheitsgründe dem Präsidenten des Disziplinarrats unverzüglich bekanntzugeben haben.
Nach dem – sinngemäß anzuwendenden (§ 77 Abs 3 DSt) – § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Derartige Gründe bringt der Disziplinarbeschuldigte im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht zur Darstellung.
Wenn der Präsident des Disziplinarrats keinen Ablehnungsgrund darin erblickte, dass der Vorsitzende des Disziplinarsenats zwei gegen denselben Disziplinarbeschuldigten geführte Disziplinarverfahren verband, so ist dies nicht zu beanstanden. Dadurch trug der Vorsitzende des Disziplinarsenats nur den Grundsätzen des § 37 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt Rechnung. Eine Pflichtwidrigkeit ist darin nicht zu erkennen. Umso weniger begründet die Ablehnung eines darauf gestützten Ablehnungsantrags Zweifel an der vollen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Präsidenten des Disziplinarrats.
Der Präsident des Disziplinarsenats unterstellt – entgegen dem Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten – dem Disziplinarbeschuldigten auch keine Drohung im Rechtssinne, sondern verwendet diesen Ausdruck unter Anführungszeichen als plakative Kurzbezeichnung für die Ankündigung des Disziplinarbeschuldigten, die „Verpflichtung zur Objektivität [der Mitglieder des Disziplinarrats] beim VfGH anzufechten [sic]“. Worin die verfassungsmäßigen Bedenken gegen § 20 Abs 3 DSt liegen, wird vom Disziplinarbeschuldigten im Übrigen nicht näher ausgeführt.
Zusammenfassend bringt der Ablehnungswerber sohin keine Gründe zur Darstellung, die geeignet wären, die Unbefangenheit des Vorsitzenden des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien in Zweifel zu ziehen, sodass der Antrag spruchgemäß abzuweisen war.