3Ob113/25a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei * GmbH, *, vertreten durch die Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. B* als Treuhänderin über das Vermögen des M*, vertreten durch Mag. Dr. Otto Ranzenhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 35 EO, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. Februar 2025, GZ 4 R 236/24w 92, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Landeck vom 20. August 2024, GZ 4 C 272/18b 87, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.599,90 EUR (darin enthalten 266,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Mit rechtskräftigem Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 28. November 2017 zu 39 Cg 19/15k wurde die Klägerin (als dort Beklagte) schuldig erkannt, der hier Beklagten (dortige Klägerin) über die im geschäftlichen Verkehr im Gebiet der Republik Österreich durch die Verwendung der Bezeichnung „C*“ oder einer verwechselbar ähnlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem Betrieb einer näher bezeichneten Bar oder im Zusammenhang mit der Ankündigung und Durchführung von gleichartigen Dienstleistungen seit 1. April 2012 erzielten Umsätze Rechnung zu legen, und zwar durch
- Einsicht in die Wareneingangs- und Warenausgangsrechnungen,
- Einsicht in den Nachweis der ausgegebenen Eintrittskarten und der dafür verlangten Entgelte,
- Einsicht in die Tagesabrechnungen und Aufzeichnungen für die Einnahmen aus Garderobe und Eintritt,
- Einsicht in die Nächtigungsaufzeichnungen eines näher bezeichneten (ebenfalls von der Klägerin betriebenen) Hotels,
- Einsicht in die Aufzeichnungen über die Bruttoerlöse aus den Striptease- und Tabledance-Darbietungen,
- Einsicht in die Abrechnungen der Tages-, Monats- und Jahreserlöse, sowie
- Einsicht in die Abrechnung aus den Kreditkarten- und Bankomatkartenumsätzen,
und die Richtigkeit der gelegten Rechnungen durch einen allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen aus dem Gebiet des Rechnungswesens überprüfen zu lassen.
[2] Hintergrund dieses Urteils war ein Eingriff der Klägerin in die Rechte der Beklagten an der Marke „C*“ (vgl 4 Ob 130/18y).
[3] Die Klägerin hat der Beklagten nach Schaffung des Titels – überwiegend erst während des Oppositionsverfahrens – diverse (vom Erstgericht im Detail festgestellte) Unterlagen zur Verfügung gestellt. Daraus ergeben sich für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 30. April 2018 (mit diesem Tag wurde die Verwendung der Bezeichnung „C*“ im Zusammenhang mit dem Betrieb der Bar eingestellt) sämtliche Informationen, die auch aus Warenausgangs- rechnungen (im Sinn von in der Branche der Gastronomie typischen Rechnungsbelegen) hervorgehen. Hingegen hat sie der Beklagten keine Einsicht in Wareneingangsrechnungen für den Zeitraum 1. April 2012 bis 30. April 2018 gewährt und diese Wareneingangsrechnungen auch nicht vorgelegt. Die Klägerin verfügt noch über alle ab dem Jahr 2014 ausgestellten Wareneingangsrechnungen. Es kann nicht festgestellt werden, ob und in welchem Umfang sie noch über vorher ausgestellte Wareneingangsrechnungen verfügt oder diese wieder beschaffen kann. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen enthalten nur teilweise jene Informationen, die die Beklagte durch Vorlage der oder Einsicht in die Wareneingangsrechnungen für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 30. April 2018 erlangen würde.
[4] Die Klägerin hat auch keinen Nachweis für die ausgegebenen Eintrittskarten und die dafür verlangten Entgelte vorgelegt und keine Einsicht in einen solchen gewährt. In die Tagesabrechnungen für die Einnahmen aus Garderobe und Eintritt hat sie ebenfalls weder Einsicht gewährt noch solche vorgelegt. Die von ihr vorgelegten Unterlagen enthalten nur teilweise jene Informationen, die aus Tagesabrechnungen und Aufzeichnungen über die Einnahmen aus Garderobe und Eintritt hervorgingen. Die Klägerin hat für den gesamten Rechnungslegungszeitraum auch keine die Nächtigungsaufzeichnungen ihres Hotels betreffenden buchhalterischen Unterlagen vorgelegt. Die von ihr in Bezug auf die Nächtigungen vorgelegten Unterlagen sind unvollständig. So fehlen jegliche Unterlagen für den Monat April 2012; die Vorlage solcher Unterlagen wäre ihr möglich.
[5] Die Klägerin hat zudem keine Aufzeichnungen über die Bruttoerlöse aus den Striptease- und Tabledance-Darbietungen in der Bar vorgelegt und keine Einsicht in solche gewährt. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Tänzerinnen eigene Erlöse aus Striptease- und Tabledance-Darbietungen vereinnahmt haben. Der Klägerin ist die Vorlage von Unterlagen zu Erlösen von durch die Tänzerinnen selbst vereinnahmten Erlösen nicht möglich.
[6] Auch in Abrechnungen der Tages-, Monats- und Jahreserlöse der Bar wurde von der Klägerin keine Einsicht gewährt und solche wurden auch nicht vorgelegt. Aus den von der Klägerin tatsächlich vorgelegten Unterlagen können durch Auswertung nur teilweise jene Informationen gewonnen werden, die aus Abrechnungen der Tages-, Monats- und Jahreserlöse hervorgingen. Der Klägerin wäre die Vorlage monatlicher Abrechnungen möglich.
[7] Die Klägerin hat schließlich auch keine Abrechnung der Kreditkarten- und Bankomatkartenumsätze der Bar vorgelegt und keine Einsicht in solche gewährt. Monatliche Abrechnungen von Kreditkartenunternehmen oder anderen Zahlungsdienstleistern hat sie ebenfalls nicht vorgelegt, obwohl ihr dies möglich wäre. Aus den von ihr tatsächlich vorgelegten Unterlagen können durch Auswertung nur teilweise jene Informationen gewonnen werden, die aus der Abrechnung der Kreditkarten- und Bankomatkartenumsätze hervorgingen.
[8] Die Klägerin begehrte mit ihrer Oppositionsklage, den Anspruch der Beklagten auf Rechnungslegung gemäß dem genannten Teilurteil des Handelsgerichts Wien für erloschen zu erklären. Sie habe bereits Rechnung im Sinn des Titels gelegt und damit die urteilsmäßige Verpflichtung zur Rechnungslegung erfüllt. Auch die Unmöglichkeit der Leistung begründe einen Oppositionsgrund. Die Gewährung der Einsicht in die Wareneingangs- und Warenausgangsrechnungen sei der Klägerin nicht möglich, weil solche nicht vorhanden seien. Auch Rechnungen über die Bruttoerlöse aus den Striptease- und Tabledance-Darbietungen könne sie mangels dafür erforderlicher Zustimmung der Tänzerinnen nicht vorlegen.
[9] Die Beklagte wendete ein, die Klägerin habe bisher keine formell vollständige Rechnung gelegt. Die behauptete Unmöglichkeit der Vorlage bestimmter Unterlagen hätte die Klägerin bereits im Titelverfahren geltend machen können und müssen.
[10] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil der Rechnungslegungsanspruch nicht vollständig erfüllt worden sei.
[11] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision zur Frage für zulässig, wie bei einer nur teilweisen Erfüllung des Rechnungslegungsanspruchs (in einem Unterpunkt des Exekutionstitels) vorzugehen sei, insbesondere ob in diesem Umfang „die Exekution“ (gemeint: der betriebene Anspruch) für erloschen zu erklären sei oder ob ein Durchdringen mit der Oppositionsklage stets nur bei vollständiger Erfüllung der Rechnungslegungspflicht möglich sei.
[12] Mit ihrer Revision strebt die Klägerin die Stattgebung des Klagebegehrens an; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
[13] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung , die Revision zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[14] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
[15] 1. Die Erfüllung einer titelmäßigen Verpflichtung ist mittels Oppositionsklage nach § 35 EO geltend zu machen (RS0122815 [T2]). Dies gilt auch für eine Rechnungslegungspflicht (vgl RS0122815 [T3]).
[16] 2. Bei Beurteilung der Frage, ob die verpflichtete Partei ihre urteilsmäßige Verpflichtung zur Rechnungslegung erfüllt hat, ist nur darauf abzustellen, ob die Rechnungslegung dem Spruch des Exekutionstitels entspricht (3 Ob 89/95; 3 Ob 59/25k). Der Einwand der Klägerin, ein Teil der im Titel (mit dem Zusatz „und zwar“) im Detail genannten Unterlagen, nämlich Wareneingangsrechnungen und Nächtigungsaufzeichnungen, seien gar nicht geeignet, über die erzielten Umsätze Auskunft zu geben, und daher auch nicht notwendig, um das spätere Zahlungsbegehren der Beklagten vorzubereiten, ist deshalb ohne Bedeutung.
[17] 3. Soweit die Klägerin ausführt, der Beklagten lägen ohnehin bereits sämtliche Informationen vor, die den nach dem Exekutionstitel geschuldeten Unterlagen zu entnehmen wären, entfernt sie sich von den getroffenen Feststellungen.
[18] 4. Ist die betriebene Forderung teilbar, wie dies insbesondere bei einer Geldforderung der Fall ist, und wurde sie vom Verpflichteten nur teilweise erfüllt, ist seiner Oppositionsklage, die sich auf gänzliche Erfüllung stützt, teilweise stattzugeben (vgl nur 3 Ob 65/23i [zu einer Unterhaltsforderung]). Nach ständiger Rechtsprechung ist d ie urteilsmäßige Verpflichtung zur Rechnungslegung allerdings erst dann erfüllt, wenn eine formell vollständige Rechnung gelegt wurde (RS0004372 [T2, T8]). Denkbar ist die teilweise Erfüllung (und damit das teilweise Erlöschen) einer titulierten Rechnungslegungspflicht deshalb nur dann, wenn sie für einen bestimmten abgrenzbaren (Teil ) Zeitraum (etwa für eines von mehreren vom Titel umfassten Jahren) oder aber in einem bestimmten abgrenzbaren (Teil )Umfang (beispielsweise für die Einnahmen aus einem von mehreren im Titel bezeichneten, von einander unabhängigen Rechtsgeschäften) vollständig erfüllt wurde. Legt der Verpflichtete – wie hier die Klägerin – hingegen nur einen Teil der im Exekutionstitel verlangten Unterlagen vor, so kann nicht von einer teilweisen Erfüllung der Rechnungslegungspflicht ausgegangen werden. Die bloße Vorlage eines Teils der geschuldeten Unterlagen kann nämlich nichts daran ändern, dass nach wie vor keine ordnungsgemäße, formell vollständige Rechnung gelegt wurde. Dass sich aus den von der Klägerin vorgelegten Urkunden jene Informationen vollständig ergeben, die aus den nach dem Exekutionstitel unter anderem geschuldeten Warenausgangsrechnungen ersichtlich wären, kann deshalb entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zur Teilstattgebung der Klage in diesem Umfang führen.
[19] 5. Die Unmöglichkeit der Leistung kann zwar nach Lehre und Rechtsprechung eine den betriebenen Anspruch aufhebende Tatsache sein. Einen Oppositionsgrund bildet sie aber nur dann, wenn die Unmöglichkeit der Leistung nach dem im § 35 Abs 1 EO bezeichneten Zeitpunkt eingetreten ist. Dies hat der Oppositionskläger zu behaupten und allenfalls zu beweisen (RS0001233), wobei sämtliche Unklarheiten zu seinen Lasten gehen (vgl RS0001233 [T7 und T8]). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin ins Treffen geführten Entscheidung zu 3 Ob 88/95, weil deren Gegenstand keine Oppositionsklage, sondern ein Einstellungsantrag war. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die hier festgestellte Unmöglichkeit der Vorlage bestimmter Urkunden nur einen geringfügigen Teil der insgesamt geschuldeten Unterlagen betrifft und deshalb nicht die Einstellung der gesamten Exekution nach sich ziehen könnte (vgl 3 Ob 88/95).
[20] 6. Der Revision ist daher der Erfolg zu versagen.
[21] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Erhöhung der Entlohnung nach § 23a RATG beträgt jedoch nur 2,60 EUR, weil es sich bei der Revisionsbeantwortung nicht um den das Verfahren einleitenden Schriftsatz handelt.