3Ob59/25k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. WeixelbraunMohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N* B* KG, *, vertreten durch Mag. Stefan Harg, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Mag. Daniel Wolff, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen § 35 EO, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2024, GZ 3 R 277/24v 32, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 6. September 2024, GZ 13 C 7/22p 28, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.000,75 EUR (darin enthalten 311,76 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Die Klägerin wurde mit Spruchpunkt 2.2. des in Rechtskraft erwachsenen Urteils des Oberlandesgerichts Wien vom 23. 11. 2020, 129 R 59/19y, schuldig erkannt, „ dem [hier Beklagten] über die im geschäftlichen Verkehr im Gebiet der Republik Österreich durch die Verwendung der Bezeichnung 'Coyote' oder einer verwechselbar ähnlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit der Ankündigung und Durchführung von Tanzveranstaltungen in der Diskothek in *, oder im Zusammenhang mit der Ankündigung und der Durchführung von gleichartigen Dienstleistungen [in der Zeit] vom 1. 4. 2014 bis 31. 12. 2014 erzielten Umsätze Rechnung zu legen, und zwar durch
- Einsicht in die Wareneingangs und Warenausgangsrechnungen,
- Einsicht in den Nachweis der ausgegebenen Eintrittskarten und der dafür verlangten Entgelte,
- Einsicht in die Tagesabrechnungen und Aufzeichnungen für die Einnahmen aus Garderobe und Eintritt,
- Einsicht in die Aufzeichnungen und Abrechnungen für Werbekostenzuschüsse und Sponsoring,
- Einsicht in die Abrechnungen der Tages , Monats und Jahreserlöse sowie
- Einsicht in die Abrechnungen aus den Kreditkartenumsätzen,
und die Richtigkeit der gelegten Rechnung durch einen allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen aus dem Gebiet des Rechnungswesens prüfen zu lassen “.
[2]Hintergrund dieses Urteils war ein Eingriff der Klägerin in die Rechte des Beklagten an der Marke „Coyote“ (vgl 4 Ob 99/20t).
[3] Mit Spruchpunkt I. des Beschlusses des Erstgerichts als Exekutionsgericht vom 26. 4. 2021, 11 E 252/21g, wurde dem Beklagten gegen die Klägerin zur Durchsetzung desgenannten Urteilspunktes die Exekution gemäß § 354 EO bewilligt und der Klägerin für den Fall der Saumsal eine Geldstrafe von 5.000 EUR angedroht. Am 6. 5. 2022 wurde der Vollzug der Geldstrafe beschlossen.
[4] Der Kläger begehrte mit seiner Oppositionsklage, den Anspruch des Beklagten aus (erkennbar gemeint) Spruchpunkt 2.2. des Urteils des Oberlandesgerichts Wien vom 23. 11. 2020 für erloschen zu erklären.
[5] Das Erstgerichtgab der Klage statt, indem es feststellte, „dass die mit Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 26. 4. 2021 zu 11 E 252/21g bewilligte Exekution nach § 354 EO betreffend Spruchpunkt I. von der verpflichteten [Anm: hier klagenden] Partei am 27. 1. 2022 zur Gänze erfüllt worden ist“ (Spruchpunkt 2. des Ersturteils), und aussprach, dass der „Anspruch der beklagten Partei aus dem rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 23. 11. 2020, 129 R 59/19y, zu dessen Erwirkung das Bezirksgericht Bregenz mit Beschluss vom 26. 4. 2021 zu 11 E 252/21g zu Punkt I. die Exekution bewilligt hat, [ … ] zur Gänze erloschen [ist]“ (Spruchpunkt 2. des Ersturteils). Das Erstgericht traf folgende wesentliche Feststellungen:
„ Die Streitteile einigten sich schlussendlich auf den 4. 1. 2022 als Termin, an welchem die betreibende Partei M* K* in die entsprechenden Unterlagen Einsicht nehmen konnte. […] Die Klägerin ließ […] im Vorfeld über den Buchhalter Ing. A* I* sämtliche Buchhaltungsunterlagen für den genannten Zeitraum vom 1. 4. bis zum 31. 12. 2014 in Papierform in einem Ordner zusammenstellen. RA Mag. * brachte diesen Ordner mit und übergab diesen Ordner mit den entsprechenden Buchhaltungsunterlagen an den Beklagten. Gemeinsam wurden die Urkunden gesichtet und besprochen, wobei der Beklagte […] in sämtliche Unterlagen, die im Urteil des OLG Wien aufgelistet worden waren, Einsicht nehmen konnte. Der Klagsvertreter übergab sodann diesen Ordner mit den gesamten Buchhaltungsunterlagen an den Beklagten, der aber noch weitere Unterlagen begehrte, nämlich 'Tagesumsätze/-abrechnungen'. RA Mag. * sicherte dem Beklagten zu, diese fehlenden Unterlagen bis 28. 1. 2022 zu übermitteln. […] Am 27. 1. 2022 übermittelte RA Mag. * per E Mail an den […] Vertreter der betreibenden Partei M* K* die fehlenden Tagesberichte […]. “
[6] Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Klägerin habe hierdurch ihrer mit Spruchpunkt I. des Beschlusses des Erstgerichts als Exekutionsgericht vom 26. 4. 2021 in Exekution gezogenen Verpflichtung entsprochen. Ein Klagemehrbegehren wies das Erstgericht (unangefochten) ab.
[7] Das Berufungsgericht wies die Klage zur Gänze ab. Die vom Beklagten erhobene Verfahrensrüge und die – gegen die Feststellung, wonach er in „sämtliche“ Unterlagen Einsicht erhalten habe – erhobene Tatsachenrüge ließ es mit der Begründung unerledigt, die Oppositionsklage erweise sich auch unter der Annahme, dass der Beklagte Einsicht in alle Unterlagen erhalten habe, als nicht berechtigt. Nach insoweit übereinstimmenden Prozessstandpunkten seien im Betrieb der Klägerin im Zeitraum 1. 4. 2014 bis 31. 12. 2014 nämlich nicht ausschließlich Veranstaltungen unter Verwendung der Bezeichnung „Coyote“ oder einer verwechselbar ähnlichen Bezeichnung durchgeführt und somit auch ohne Verwendung dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr Umsätze erzielt worden. Eine Rechnungslegung über sämtliche erzielten Umsätze versetze damit den Beklagten nicht in die Lage, seine aus der unberechtigten Verwendung der geschützten Bezeichnung „Coyote“ im geschäftlichen Verkehr resultierenden Ansprüche gegen die Klägerin zu beziffern, sodass die nach den Feststellungen erfolgte Rechnungslegung schon in formeller Hinsicht nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnungslegung genügt habe.
[8] Das Berufungsgericht erklärte die Revision (nachträglich) mit der Begründung für zulässig, seine Entscheidung stellte eine Abweichung von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung dar, sollte man mit der Revision davon ausgehen, dass aufgrund des Wortlauts des Exekutionstitels die Einsichtgewährung in sämtliche Buchhaltungsunterlagen bereits die Rechnungslegungspflicht erfüllt habe.
Rechtliche Beurteilung
[9] Die Revisionder Klägerin ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts – mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[10]1. Die Erfüllung einer titelmäßigen Verpflichtung ist mittels Oppositionsklage nach § 35 EO geltend zu machen ( RS0122815 [T2]). Dies gilt auch für eine Rechnungslegungspflicht (vgl RS0122815 [T3]).
[11] 2. Bei Beurteilung der Frage, ob die verpflichtete Partei ihre urteilsmäßige Verpflichtung zur Rechnungslegung erfüllt hat, ist nur darauf abzustellen, ob die Rechnungslegung dem Spruch des Exekutionstitels entspricht ( 3 Ob 89/95 ).
[12] 3. Nach dem Spruch des vorliegenden Exekutionstitels hat die Klägerin dem Beklagten „[…] Rechnung zu legen, und zwar durch Einsicht “ in die sodann aufgezählten Unterlagen.
[13] 4. Nach allgemeinem Sprachgebrauch dient die Wendung „und zwar“ dazu, eine nähere Bestimmung oder einen erläuternden Zusatz zu etwas unmittelbar vorher Gesagtem anzuschließen (Duden, Das Bedeutungswörterbuch 6 [2025] 1180). Diese Wendung hat mit anderen Worten die Bedeutung von „genauer gesagt“ (Duden, Deutsches Universalwörterbuch 10 [2023] 2152) oder „in Wahrheit“ (Brockhaus Wahrig, Deutsches Wörterbuch 9 [2011] 1722). In Übereinstimmung mit diesem allgemeinen Begriffsverständnis sprach der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt aus, dass beim Gebrauch der Wendung „und zwar“ eine Einschränkung – nämlich des unmittelbar vorher Gesagten – vorliegt ( 3 Ob 59/94 ; 4 Ob 29/94 ; 3 Ob 43/95 ) und, dass sie gleichbedeutend mit „nämlich“ ist ( 4 Ob 133/93 ).
[14] 5. Hätte die Klägerin somit das im Exekutionstitel nach der Wendung „und zwar“ umschriebene Verhalten – die Einsichtgewährung in die angeführten Unterlagen – gesetzt, so hätte sie (bereits) dadurch ihre „Rechnungslegungspflicht“ erfüllt.
[15] 6. Die Unterlagen, in die Einsicht zu gewähren ist, werden im Exekutionstitel nach der Wendung „und zwar“ nur ihrer Gattung nach bestimmt. Dass es sich jeweils nur um solche handelt, die Tanzveranstaltungen (oder gleichartige Dienstleistungen) der Klägerin in deren Diskothek in * im Zeitraum 1. 4. 2014 bis 31. 12. 2014, bei denen die Klägerin die Bezeichnung „Coyote“ verwendete, betreffen, ergibt sich aber aus dem Zusammenhang. Dass nur solche Unterlagen gemeint sind, wird auch von der Klägerin in der Revision nicht in Abrede gestellt. Nur durch Kenntnis der exakt solche Veranstaltungen betreffenden wirtschaftlichen Daten ist es dem Beklagten möglich, seine (Zahlungs-)Ansprüche aus der unzulässigen Verwendung seiner Marke „Coyote“ durch die Klägerin zu ermitteln.
[16] Hier wurden dem Beklagten nach den – unbekämpft gebliebenen – Feststellungen jedoch „ sämtliche Buchhaltungsunterlagen für den genannten Zeitraum vom 1. 4. bis zum 31. 12. 2014 “ zur Verfügung gestellt. Die Konstatierung des Berufungsgerichts, in diesem Zeitraum seien auch andere als mit „Coyote“ bezeichnete Veranstaltungen von der Klägerin durchgeführt worden, wird in der Revision nicht bemängelt (vgl RS0040078 [T7]; RS0040146 [T3]).
[17] Dass der Beklagte aus der Fülle der Unterlagen nicht erkennen kann, welche wirtschaftlichen Daten „Coyote Veranstaltungen“ und welche andere Veranstaltungen betreffen, wird in der Revision von der Klägerin implizit zugestanden. Damit hat die Klägerin ihre titelmäßige Verpflichtung, dem Beklagten – durch Einsichtgewährung in die aufgelisteten Unterlagen – Rechnung über ihre „Coyote Veranstaltungen“ zu legen, aber gerade nicht erfüllt.
[18] 7. Wenn sich die Klägerin in der Revision darauf beruft, es wäre ihr unmöglich, nur über die „Coyote Veranstaltungen“ Rechnung zu legen, ist ihr zu erwidern, dass sie sich zwar in der letzten Tagsatzung vom 7. 6. 2024 darauf berufen, damit allerdings gegen die Eventualmaxime verstoßen hat, weil dieses Vorbringen keine Spezifizierung des Klagevorbringens, sondern die Erhebung eines neuen Einwands – nämlich der Unmöglichkeit der Erbringung der titelmäßig geschuldeten Leistung ( RS0001233 [T4]; vgl auch 3 Ob 197/24b [Rz 16]) – aufgrund neuer Tatsachenbehauptungen darstellte (vgl RS0001307 ). Soweit gegen die Eventualmaxime verstoßendes Vorbringen im Revisionsverfahren – wie hier – eine Rolle spielt, ist darauf nicht Bedacht zu nehmen, wenn die Vorinstanzen dieses Vorbringen zwar behandelten, es jedoch in der Sache erfolglos blieb. Nichts anderes gilt, soweit dieses Vorbringen von den Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht unbeachtet blieb ( RS0008666 [T2] = 3 Ob 182/05v ; 3 Ob 79/17i ).
[19] Die Abweisung der Oppositionsklage durch das Berufungsgericht begründet demnach keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.
[20]8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.