7Ob35/25k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Malesich, Dr. Weber, Mag. Fitz und Mag. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A* A*, vertreten durch Dr. Andreas Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei N* AG, *, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2025, GZ 1 R 139/24d-23, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Klägerin war bei der Beklagten bis zum 30. November 2020 rechtsschutzversichert. Dem Rechtsschutzversicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2001) zugrunde. Diese lauten auszugsweise:
„ Artikel 9
Wann und wie hat der Versicherer zum Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers Stellung zu nehmen?
[…]
2 Davon unabhängig hat der Versicherer das Recht, jederzeit Erhebungen über den mutmaßlichen Erfolg der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzustellen. Kommt er nach Prüfung des Sachverhaltes unter Berücksichtigung der Rechts- und Beweislage zum Ergebnis,
2.1 dass hinreichende Aussicht besteht, in einem Verfahren im angestrebten Umfang zu obsiegen, hat er sich zur Übernahme aller Kosten nach Maßgabe des Artikel 6 (Versicherungsleistungen) bereit zu erklären;
2.2 dass diese Aussicht auf Erfolg nicht hinreichend, d. h. ein Unterliegen in einem Verfahren wahrscheinlicher ist als ein Obsiegen, ist er berechtigt, die Übernahme der an die Gegenseite zu zahlenden Kosten abzulehnen;
2.3 dass erfahrungsgemäß keine Aussicht auf Erfolg besteht, hat er das Recht, die Kostenübernahme zur Gänze abzulehnen.
[…]“
[2] Die Klägerin begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für die Geltendmachung von Rückabwicklungsansprüchen gegenüber ihrer Kreditgeberin im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Fremdwährungskreditvertrags sowie des damit abgeschlossenen Geldwechselvertrags.
[3] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Keine nach dem Klagsvorbringen mögliche Begründung eines Rückabwicklungsanspruchs gegenüber der Kreditgeberin habe hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die Klägerin zeigt mit ihrer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:
[5] 1. Zur Frage der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von (Fremdwährungs )Krediten, liegt bereits umfangreiche oberstgerichtliche Rechtsprechung vor. Es wurde bereits wiederholt ausgesprochen, dass a llfällige Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Wechselkurses bei der Zuzählung des Kredits nicht zur Ungültigkeit des gesamten Vertrags wegen mangelnder Bestimmtheit führen, wenn durch die zeitnahe Information des Kunden über den zugrunde gelegten Fremdwährungsbetrag ausreichende Bestimmtheit eingetreten ist und der Kreditnehmer offenkundig das Vorliegen eines ausreichend bestimmten Kreditvertrags akzeptiert hat (4 Ob 208/21y; 9 Ob 66/21b).
[6] Diese übereinstimmende Rechtsprechung, die in jüngster Zeit noch gefestigt wurde, führte – mit Ausnahme der Entscheidung 6 Ob 51/21z – zur Abweisung sämtlicher vergleichbarer Individualprozesse über eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von Fremdwährungskrediten (7 Ob 112/23f).
[7] 2. Der von der Klägerin geltend gemachte Widerspruch des Berufungsurteils zur Rechtsprechung, dass im Deckungsprozess die Beweisaufnahmen und die Feststellungen zu im zu deckenden Prozess relevanten Tatfragen zu unterbleiben haben und daher dem Versicherer eine vorweggenommene Beweiswürdigung verwehrt ist ( RS0124256 ), liegt nicht vor:
[8] 2.1 Zur Begründung ihres Deckungsanspruchs brachte die Klägerin vor, der Kreditbetrag sei zwar in Euro ausbezahlt, aber das Konto in Schweizer Franken (CHF) geführt worden, weshalb zusätzlich zum Kreditvertrag ein Geldwechselvertrag geschlossen worden sei. Aus diesem leitet die Klägerin ebenfalls Rückabwicklungsansprüche ab. Hierzu legte sie einen Kontoauszug vom 31. Dezember 2007 vor, auf dem ersichtlich ist, dass das Konto in CHF geführt wurde, wie sie bei der Urkundenvorlage auch vorbrachte.
[9] 2.2 Das Vorbringen zur Führung des Kreditkontos in CHF und der Auszahlung in Euro ist für die Beurteilung der Schlüssigkeit der beabsichtigten Klagsführung aus dem Fremdwährungskredit- und dem Geldwechselvertrag daher vom Berufungsgericht ohne Korrekturbedarf als wesentlich beurteilt worden, weshalb in dessen Einbeziehung keine antizipierte Beweiswürdigung, sondern eine der Schlüssigkeitsprüfung liegt.
[10] 2.3 Auch wenn die Klägerin hier entgegen 7 Ob 125/23i vorgebracht hat, ein Nicht-Zustandekommen des konkreten Vertragsverhältnisses mangels Bestimmtheit zu relevieren, ändert sich durch dieses Vorbringen an den mangelnden Erfolgsaussichten nichts, weil es der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass selbst allfällige Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Wechselkurses bei der Zuzählung des Kredits nicht zur Ungültigkeit des gesamten Vertrags wegen mangelnder Bestimmtheit führen, wenn durch die zeitnahe Information des Kunden über den zugrunde gelegten Fremdwährungsbetrag ausreichende Bestimmtheit eingetreten ist und der Kreditnehmer offenkundig das Vorliegen eines ausreichend bestimmten Kreditvertrags akzeptiert hat (4 Ob 208/21y; 9 Ob 66/21b) .
[11] 3. Zu 7 Ob 112/23f hielt der erkennende Fachsenat fest, dass angesichts der übereinstimmenden Rechtsprechung zur Rückabwicklung von Fremdwährungskrediten die Beurteilung der Einschätzung der Erfolgsaussichten erfordert, dass die Klägerin konkret aufzeigt, inwieweit sich der maßgebliche Sachverhalt des vorliegenden Falls von jenem, der der Vielzahl der bereits abweisenden Entscheidungen zugrunde liegt, unterscheidet und weshalb dies zu einer von der gefestigten oberstgerichtlichen Rechtsprechung abweichenden Beurteilung führen könnte (vgl Rz 48).
[12] Dies gelingt der Klägerin auch unter Berücksichtigung des von ihr erstatteten Vorbringens, sie beabsichtige die Geltendmachung des Nicht-Zustandekommens des Kreditvertrags mangels Bestimmtheit nicht, zumal sie nach ihrem Vorbringen über den aushaftenden CHF Betrag bereits 2007 in Kenntnis gesetzt wurde.
[13] 4. Damit war die Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).