5Ob216/24m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin P*, vertreten durch Mag. Brigitte Steinhuber Kals, Rechtsanwältin in Bad Ischl, wegen Grundbuchsberichtigung zu EZ *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 9. Oktober 2024, AZ 22 R 231/24p, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 23. August 2024, TZ 4423/2024, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
[1] Die Antragstellerin ist Eigentümerin von *Anteilen der Liegenschaft EZ *, verbunden mit Wohnungseigentum am Objekt „W 8“. An der Liegenschaft wurde im Jahr 1983 Wohnungseigentum begründet. Nach dem zugrunde gelegten Nutzwertgutachten vom 14. April 1981 ist dem Objekt „W 8“ der Antragstellerin der (in einem freistehenden Gebäude auf der Liegenschaft befindliche) Garagenplatz Nr. 10 zugeordnet.
[2] Die Antragstellerin begehrte – soweit im Revisionsrekursverfahren relevant – zur angeführten Liegenschaft die Berichtigung der Miteigentumsanteile in Form einer Aufteilung dieser Anteile auf zwei Wohnungseigentumsobjekte, und zwar *Anteile unter Beibehaltung der Bezeichnung „W 8“ und *Anteile mit der neuen Bezeichnung „Garage Nr. 10“. Ihrem Antrag legte sie eine gutachterliche Stellungnahme zur Änderung der Nutzwerte vom 2. Februar 2024 samt einer darin befindlichen Kopie des Nutzwertgutachtens vom 14. April 1981 bei.
[3] Das Erstgericht wies den Antrag mit dem Hinweis darauf ab, dass für die beabsichtigte Teilung des Wohnungseigentumsobjekts der Antragstellerin kein urkundlicher Nachweis der hierfür erforderlichen Zustimmung aller Miteigentümer vorliege.
[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs dagegen nicht zu.
[5]Die Bestimmung des § 56 Abs 1 WEG 2002 sei nur anwendbar, wenn der jeweilige Kfz Abstellplatz schon bisher mit dem Wohnungseigentumsobjekt „verbunden“ gewesen sei, was nach der Rechtsprechung eine Einverleibung des Zubehörs im Grundbuch voraussetze. Der Garagenplatz der Antragstellerin sei aber kein solches Zubehör Wohnungseigentum. Die von ihr beabsichtigte Teilung ihres Wohnungseigentumsobjekts stelle eine Änderung dar, die des urkundlichen Nachweises der Zustimmung sämtlicher Miteigentümer bedürfe. Ein solcher Nachweis liege nicht vor.
[6] In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Antragstellerin die Abänderung im stattgebenden Sinn; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung zulässig , er ist aber nicht berechtigt .
[8] 1.1 Nach dem WEG 1975 war selbständiges Wohnungseigentum an einem Kfz Abstellplatz außerhalb von Parkhäusern nicht möglich; die Begründung eines ausschließlichen dinglichen Nutzungsrechts an einem Kfz Abstellplatz war nur in Form von Zubehör Wohnungseigentum vorgesehen ( 5 Ob 2/24s ). Hingegen war es schon nach dem WEG 1975 zulässig, an sonstigen selbständigen, unmittelbar zugänglichen Räumlichkeiten, insbesondere auch an geschlossenen Räumen zum Abstellen von Kfz, selbständiges Wohnungseigentum zu begründen. Damals konnte also selbständiges Wohnungseigentum an Garagen und an einzelnen Stellplätzen in Parkgaragen begründet werden (§ 1 Abs 1 WEG 1975; Faistenberger/Barta/Call , Kommentar zum WEG 1975, § 1 WEG Rz 30; vgl auch Urbanz , Wohnungseigentum an Garagen und Kfz Stellplätzen nach dem WEG 1948 , wobl 2023, 2 mwN).
[9]1.2 Seit dem Inkrafttreten des § 2 Abs 2 WEG 2002 mit 1. 7. 2002 kann grundsätzlich an allen Kfz Abstellplätzen („deutlich abgegrenzte Bodenfläche“ in geeigneter Größe, Lage und Beschaffenheit und mit entsprechender ausschließlicher Widmung) selbständiges Wohnungseigentum begründet werden (dazu etwa Würth / Zingher / Kovanyi / Etzersdorfer , Miet und Wohnrecht II 24 § 2 WEG Rz 14 ff; Urbanz , wobl 2023 , 2; Ofner in Painsi / Schinnagl / Spruzina / Stabentheiner / Terlitza , GeKo Wohnrecht II 2 § 2 WEG Rz 21 ff). Eine Begründung von Zubehör Wohnungseigentum an KfzAbstellplätzen ist seit dem Inkrafttreten des WEG 2002 nicht mehr möglich, aber ungeachtet der geänderten Rechtslage kann es „weiterhin bei den bisherigen Verhältnissen bleiben“ (5 Ob 32/05z mit Hinweis auf ErläutRV 989 BlgNR XXI. GP 83; vgl dazu auch Pröbsting in Painsi / Schinnagl / Spruzina / Stabentheiner / Terlitza , GeKo Wohnrecht II 2 § 56 WEG Rz 8 mwN).
[10] 2.1 Die vom Rekursgericht erwähnte Rechtsprechung, nach der für die sachenrechtlich wirksame Begründung von ZubehörWohnungseigentum die – hier nicht vorliegende – Einverleibung des Umfangs des Zubehörs im Grundbuch erforderlich war, ist nicht mehr anwendbar: Durch die WRN 2015 hat der Gesetzgeber – als Reaktion auf diese Rechtsprechung – in § 5 Abs 3 WEG 2002 ausdrücklich geregelt, dass sich die Eintragung des Wohnungseigentums an einem Wohnungseigentumsobjekt auch auf dessen Zubehörobjekte erstreckt, soweit sich deren Zuordnung aus dem Wohnungseigentumsvertrag oder der gerichtlichen Entscheidung ergibt. Demnach erfasst die Begründung von Wohnungseigentum am „Hauptobjekt“ auch das Zubehör, sofern es von Widmung, Nutzwertgutachten und Wohnungseigentumsvertrag dem sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatz entsprechend eindeutig miterfasst ist. Diese Bestimmung gilt gemäß § 58c Abs 1 WEG 2002 idF der WRN 2015 auch für Eintragungen, die vor ihrem Inkrafttreten vorgenommen wurden. Die früher in der Rechtsprechung geforderte Eintragung des Zubehörs im Grundbuch ist daher nicht mehr erforderlich. Die eindeutige Zuordnung zum Hauptobjekt (etwa Zusammenhalt mit der Nutzwertermittlung oder festsetzung) reicht aus ( Pröbsting in Painsi / Schinnagl / Spruzina / Stabentheiner / Terlitza , GeKo Wohnrecht II 2 § 56 WEG Rz 12 mwN).
[11] 2.2 Der Antragstellerin ist daher zuzugestehen, dass ihrer Wohnung eine Fläche zum Abstellen eines Kraftfahrzeugs zugeordnet ist, und dass sich diese Zuordnung sowie der Nutzwert aus dem Gutachten hinreichend deutlich ergibt. Allerdings handelt es sich bei dieser Fläche nicht um einen bloßen „Kfz-Abstellplatz“, sondern – wie ebenfalls aus dem vorgelegten Nutzwertgutachten hervorgeht – um ein selbständiges Garagengebäude auf der Liegenschaft (angeschlossen an den aus drei Häusern bestehenden Wohnblock sind „noch 12 in einem freistehenden Objekt zusammengefaßte PKWGaragen“). Daher ist zu prüfen, ob – wie die Antragstellerin meint – auch die Widmung eines solchen, mit einer Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit verbundenen Garagenplatzes als „Zubehör“ von der Bestimmung des § 56 Abs 1 WEG 2002 umfasst ist.
[12]3.1 § 56 Abs 1 WEG 2002 lautet auszugsweise: „Wurde vor dem 1. Juli 2002 ein Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug gemäß § 1 Abs 2 WEG 1975 mit einer Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit verbunden, so bleibt diese Verbindung weiterhin gültig. [...] Die Begründung von selbständigem Wohnungseigentum an einem im ZubehörWohnungseigentum stehenden Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug bedarf nicht der Zustimmung der anderen Miteigentümer; eine Nutzwertfestsetzung gemäß § 9 Abs. 2, 3 oder 6 ist entbehrlich, wenn sich der Nutzwert des Abstellplatzes zweifelsfrei aus der früheren Nutzwertermittlung ergibt“. Nach § 56 Abs 1 dritter Satz WEG 2002 bedarf die Begründung von selbständigem Wohnungseigentum an einem bereits wirksam im Zubehör-Wohnungseigentum stehenden Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug daher grundsätzlich nicht der Zustimmung der anderen Miteigentümer.
[13]3.2 § 2 Abs 2 WEG 2002 definiert den Kfz Abstellplatz als „eine – etwa durch Bodenmarkierung – deutlich abgegrenzte Bodenfläche, die ausschließlich zum Abstellen eines Kraftfahrzeugs gewidmet und dazu nach ihrer Größe, Lage und Beschaffenheit geeignet ist“ (näher zu diesen Kriterien: ErläutRV 989 BlgNR XXI. GP 34f; Würth / Zingher / Kovanyi / Etzersdorfer , Miet und Wohnrecht II 24 § 2 WEG Rz 14 f mwN). Im Unterschied dazu ist eine Garageein in § 2 Abs 2 WEG 2002 ausdrücklich genanntes Beispiel für eine „sonstige selbständige Räumlichkeit“. § 56 Abs 1 dritter Satz WEG 2002 behandelt ausdrücklich (nur) die Begründung von selbständigem Wohnungseigentum an einem „im Zubehör Wohnungseigentum stehenden Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug“. Auch die Erläuterungen dazu ( ErläutRV 1183 BlgNR XXII. GP 31 ) beziehen sich nur auf den nach früherem Recht im Zubehör Wohnungseigentum stehenden Kfz Abstellplatz und die Möglichkeit zur vereinfachten Umwandlung eines solchen Abstellplatzes in ein selbständiges Wohnungseigentumsobjekt und erwähnen Garagen( plätze) nicht.
[14]3.3 An dem der Wohnung der Antragstellerin zugeordneten Garagenplatz wurde – trotz der nach damaliger Rechtslage bestehenden Möglichkeit dazu – im Jahr 1983 kein selbständiges Wohnungseigentum begründet. Die Frage, ob an diesem Garagenplatz vor dem Inkrafttreten des WEG 2002 wirksam ZubehörWohnungseigentum begründet werden konnte, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungsrelevant und kann daher unbeantwortet bleiben. Die Antragstellerin kann ihr Begehren nämlich schon deswegen nicht erfolgreich aus § 56 Abs 1 dritter Satz WEG 2002 ableiten, weil diese Bestimmung ihrem klaren Wortlaut nach ausdrücklich (nur) KfzAbstellplätze und nicht Garagen als sonstige selbständige Räumlichkeiten erfasst. Im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Begründung von Wohnungseigentum hat der Fachsenat im Übrigen bereits ausgesprochen, dass die Anwendung des § 56 Abs 1 dritter Satz WEG 2002 voraussetzt, dass ein im Zubehör Wohnungseigentum stehender Abstellplatz iSd § 1 Abs 2 WEG 1975 vorliegt, der abgespalten und verselbstständigt werden soll ( 5 Ob 109/09d ).