12Os130/24w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Jänner 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Oshidari, Dr. Haslwanter LL.M., Dr. Sadoghi und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Prieth in der Strafsache gegen * F* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 20. August 2024, GZ 9 Hv 16/24w 69, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1]Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurde * F* mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (C./I./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 16. Dezember 2023 in J* * Fa* mit Gewalt zu Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie an den Armen und Beinen erfasste, auf den Bauch drehte, ihre Hüften anhob, und sodann den Vaginal- sowie Analverkehr an ihr vollzog.
Rechtliche Beurteilung
[3]Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung mehrerer Beweisanträge Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verkürzt.
[5] Dem Begehren auf „wörtliche Verlesung im Abschiedsbrief der * Fa* auf Seite 1, woraus sich ergibt, dass Frau Fa* offensichtlich bereits einmal vergewaltigt wurde und kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass aufgrund dieses traumatischen Erlebnisses von damals in Verbindung mit den Medikamenten und dem vermehrten Alkoholkonsum, hier vielleicht Geschehnisse verwechselt werden und das nunmehr dem Angeklagten zur Last gelegt wird“, hat das Schöffengericht ohnedies entsprochen (ON 67.3 S 18).
[6] Der Antrag auf Einholung eines „aussagepsychologischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass die Aussage der * Fa* aufgrund ihres psychischen Zustands nach dem Schlaganfall und dem vermehrten Konsum von Alkohol und Drogen in Verbindung mit Medikamenten aufgrund von Parallelerlebnissen bzw reinen Erfindungen basiert“, wurde der Verfahrensrüge zuwider zu Recht abgewiesen. Denn einerseits legte der Angeklagte nicht dar, weshalb anzunehmen sei, dass die Zeugin Fa* ihre Zustimmung zu einer entsprechenden Befundung erteilen werde (RISJustiz RS0118956). Zum anderen hätte es angesichts der Beweisergebnisse, wonach sich ihr psychischer Zustand erst nach ihrer kontradiktorischen Vernehmung verschlechterte (vgl US 19), eines Vorbringens bedurft, weshalb die Einholung des begehrten Gutachtens das behauptete Ergebnis hätte erwarten lassen (vgl RISJustiz RS0118444).
[7]Den Antrag auf ergänzende Befragung (ON 67.3 S 6) der Genannten hat der Schöffensenat schon im Hinblick auf die nach den Verfahrensergebnissen mittlerweile eingetretene Vernehmungsunfähigkeit (US 20 iVm ON 65.2) zu Recht abgewiesen (§ 55 Abs 2 StPO). Im Übrigen sieht das Gesetz einen Entfall des Zeugnisverweigerungsrechts nach Durchführung einer kontradiktorischen Vernehmung im Sinn des § 165 StPO selbst bei Hervorkommen neuer Verfahrensergebnisse (Liebesbriefe, Textnachrichten, Telefonate) nicht vor (RISJustiz RS0131839).
[8] Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider mussten sich die Tatrichter nicht mit den vom Opfer an den Angeklagten (rund zwei Monate nach der Tat) übermittelten Textnachrichten befassen, stellt doch die darin bekundete Liebesbezeugung den sexuellen Übergriff nicht in Frage (vgl auch US 20).
[9] Die weitere Beschwerde gibt nicht bekannt, aus welchem Grund der Bericht der Familien- und Jugendgerichtshilfe G* in Bezug auf den Alkohol- und Drogenkonsum des Opfers und die aufgrund eines Schlaganfalls eingetretenen neurologischen Veränderungen den Feststellungen zum Tathergang erörterungsbedürftig entgegenstehen sollte.
[10]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[11]Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.