8Ob190/76 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fedra, Dr. Benisch, Dr. Thoma und Dr. Kralik als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* H*, Holz- und Furnierhändler, *, vertreten durch Dr. Alois Ruschitzger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) R* S*, Hilfsarbeiter, *, 2.) I* S*, Angestellte, * und 3.) I*, Aktiengesellschaft, *, sämtliche vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 30.000,-- samt Anhang infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 14. Juli 1976, GZ 3 R 146/76 62, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 10. Mai 1976, GZ 16 Cg 75/76 54, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Juni 1976, GZ 16 Cg 75/76 57, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
1.) den
Beschluss
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird, insoweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen.
2.) zu Recht erkannt:
Im übrigen wird der Revision teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes in der Hauptsache mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß die Entscheidung über die Gegenforderungen zu lauten hat: „Die Gegenforderung des Erstbeklagten besteht mit S 825,-- zu Recht, mit S 2.475,-- nicht zu Recht; die Gegenforderung der Zweitbeklagten besteht mit S 3.250,-- zu Recht, mit S 9.750,-- nicht zu Recht“.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit S 3.122,24 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin die Barauslagen von S 499,40 und die Umsatzsteuer von S 178,10) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 498,41 (darin die Barauslagen|von S 96,-- und die Umsatzsteuer von S 29,81) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 8. Oktober 1972 kam es in der *-Straße in * zu einem Zusammenstoß zwischen dem von Ma* H* gelenkten PKW des Klägers, als diese unter Benützung der linken Fahrbahnhälfte in eine rechts gelegene Grundstückszufahrt abbiegen wollte, und dem entgegenkommenden, vom Erstbeklagten gelenkten VW-Combi, dessen Halter der Zweitbeklagte und dessen Haftpflichtversicherer die Drittbeklagte waren.
Ausgehend davon, daß den strafgerichtlich nach §§ 335, 337 lit b StG rechtskräftig verurteilten Erstbeklagten das Alleinverschulden am Unfall treffe, begehrte der Kläger als Ersatz des Sachschadens an seinem PKW unter Abrechnung auf Totalschadensbasis den Betrag von S 32.500,-- samt Anhang.
Die Beklagten anerkannten e in Verschulden des Erstbeklagten von 1/3, wenden jedoch das überwiegende Verschulden der Lenkerin des Gegenfahrzeuges ein, weil diese ungeachtet des bereits in Annäherung befindlichen Beklagtenfahrzeuges auf die linke F ahrbahnhälfte gefahren sei, um im weiten Bogen nach rechts einzubiegen. Hilfsweise machten der Erstbeklagte als Gegenforderung einen Schmerzengeldanspruch von S 5.000,-- und die Zweitbeklagte einen Kraftfahrzeugschaden von S 13.000,-- geltend, sodaß unter Zugrundelegung ihrer Verschuldensaufteilung von ihnen dem Klagebegehren insgesamt der Betrag von S 12.000,-- (d.s. 2/3 von S 18.000,-- ) aufrechnungsweise entgegengesetzt wurde.
Im ersten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die Klagsforderung mit 30.000,-- S als zu Recht und mit 2.500,-- S als nicht zu Recht bestehend, die Gegenforderung der Beklagten als nicht zu Recht bestehend und sprach dem Kläger unter Abweisung des Mehrbegehrens von S 2.500,--einen Betrag von S 30.000,-- samt Anhang zu.
Die Abweisung des Mehrbegehrens sowie die Feststellung des Zurechtbestehens der Klagsforderung mit einem Teilbetrag von S 9.3 33 , 3 0 blieben unbekämpft. Im übrigen wurde der Berufung der Beklagten Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur allfälligen neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht – ausgehend von einer Verschuldensaufteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu Lasten der Beklagten – die Klagsforderung mit S 22.500 als zu Recht bestehend und mit S 7.500,-- als nicht zu Recht bestehend, die Gegenforderungen der Beklagten mit S 4.075,-- als zu Recht bestehend und mit S 7.925,-- als nicht zu Recht bestehend, sprach dem Kläger einen Betrag von S 18.425,-- samt Anhang zu und wies das Mehrbegehren von S 11.575,-- samt Anhang ab.
Das Erst geri cht legte seiner Entscheidung im wesentlichen folgenden Sachverhalt zu Grunde: Am 8. Oktober 1972 gegen 18: 3 5 h fuhr Ma* H* mit dem Kombiwagen Peugeot 204, * ihres Gatten auf der *-Straße in * stadtauswärts, also in Richtung Norden. Es war zu diesem Zeitpunkt bereits dunkel und regnete. Die Straße verläuft im Bereich der Unfallstelle eben. In Richtung Süden beginnt die Straße etwa 10 m nach dem Haus *-Straße * leicht zu fallen. Die Fahrbahn hat eine Breite von 6 m, ist asphaltiert und im mittelmäßigen Zustand. Im Osten schließt sich an die Fahrbahn ein rund 1,5 m breiter Erdstreifen an, auf dem alte Kastanienbäume stehen. Anschließend an diesen Streifen verläuft ein erhöhter asphaltierter Gehsteig mit einer Breite von 1,5 m. Die östliche Begrenzung dieses Gehsteiges wird durch einen Drahtzaun gebildet. Die Einfahrt zum Hause * ist leicht trichterförmig und am Fahrbahnrand 9 m breit. Das zweiflügelige Einfahrtstor h at eine Breite von 6 m. Die beiden asymmetrischen Flügel des Einfahrtstores habe n eine Breite von 3 ,50 bzw 2,50 m. Die Zufahrt ist asphaltiert und im Bereiche des Gehsteiges mit Pflaster versehen. Auf den Bereich der Zufahrt besteht von Süden aus rund 80 m, von Norden aus weit über 100 m Sicht. Im Westen schließt sich an die *-Straße auf der Höhe des Unfallsbereiches ein Fußweg in einer Breite von 1,50 m an. Entlang der Straße, und zwar im Westen, ve rlä uft eine elektrische Freileitung und sind an deren Stützen die Straßenbeleuchtungskörper angebracht. Es handelt sich um Beleuchtungskörper alter Art mit Glühfädenbi r nen, welche die Straße nur punktförmig erleuchten, wobei der ausgeleuchtete Straßenteil etwa einen Durchmesser von 20 m hat. Am Mast, der sich 15 m südlich der Toreinfahrt zum Hause Nr * befindet, ist der erste Beleuchtungskörper angebracht, der nächste steht 40 m südlich.
Als Ma* H* durch die *-Straße fuhr, war die Sicht durch die Dunkelheit und den Regen schlecht. Man konnte aber trotz Regen im Lichte der Straßenbeleuchtung ca 150 m weit sehen, wobei die Lichter von Fahrzeugen auf noch weitere Entfernung erkennbar waren. Ma* H* hatte die Absicht, nach rechts in die vorhin beschriebene Hauseinfahrt des Hauses Nr * ein zubiegen. Sie fuhr bis ungefähr 25 m südlich der Hauseinfahrt extrem rechts. Als sie si ch 25 m südlich der erwähnten Hauseinfahrt befand, lenkte sie nach links, um dann leichter nac h rechts in die Toreinfahrt, von der nur ein Flügel geöffnet war, einfahren zu können. Ma* H* gab Bli nkz eichen links und überzeugte sich, daß aus der Gegenrichtung, also aus Richtung Norden, kein Fahrzeug komme. Sie fuhr mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h nach links, wobei sie zunächst den linken Blinker betätigte und dann rechts blinkte. Als sie auf der linken Fahrbahnseite war, blieb sie etwa 7 m südlich der Einfahrt stehen, wobei sie sich mit ihrem Fahrzeug zur Gänze auf der linken Fahrbahnhälfte ca. 50 cm vom linken Fahrbahnrand entfernt befand und noch eine leichte Schrägstellung in Richtung Westen hatte. Zu diesem Anhalten hatte sich Ma* H* entschlossen, weil sie aus Richtung Norden auf ca. 160 m die Lichter eines Fahrzeuges erblickte. Bei diesem Fahrzeug handelte es sich um den VW Kombi *, der Zweitbeklagten, der vom Erstbeklagten gelenkt wurde. Ma* H* hielt ihr Fahrzeug 7,9 sec vor dem Zusammenstoß an. Der Erstbeklagte befand sich in einem durch Alkoholgenuß beeinträchtigtem Zustand. Er hielt eine Geschwindigkeit von ca. 80 km/h ein. Obwohl Ma* H* bei dieser Sachlage noch leicht und ohne Schwierigkeiten das beabsichtigte Einbiegemanöver und die Zufahrt zum Hause Nr * hätte fortsetzen können, ohne den Erstbeklagten irgendwie zu behindern, gab sie Blinkzeichen links, nachdem sie bereits rechts geblinkt hatte, um den Erstbeklagten zu veranlassen, mit einem Ausweichmanöver an ihrem Fahrzeug ö stlich vorbeizufahren. Obwohl der Erstbeklagte durch ein Lenkmanöver nach links, welches ihm mangels Gegenverkehrs möglich gewesen wäre, am stehenden Fahrzeug der Ma* H* h ä tte vorbeikommen können oder auch vor ihrem Fahrzeug durch eine normale Betriebsbremsung leicht hätte anhalten können, reagierte der Erstbeklagte auf das stehende Fahrzeug der Ma* H* erst wesentlich verspätet, begann erst ca 36,6 m nördlich der P osition Ma* H*, 5,8 sec später, als er das stehende Fahrzeug hätte bemerken können, zu bremsen, und prallte nach weiteren 2,1 sec mit einer Geschwindigkeit von 5 2,2 km/h gegen den stehenden PKW der Ma* H*.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht im wesentlichen aus: Beide Verkehrsteilnehmer treffe ein Verschulden. Der Erstbeklagte sei entgegen der Bestimmung des § 5 StVO in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand gefahren und habe entgegen der Bestimmung des § 20 StVO im Ortsgebiet eine 50 km/h wesentlich übersteigende Geschwindigkeit eingehalten. Er habe überdies auf das Verhalten der Ma* H* wesentlich verspätet reagiert und erst mehr als 5 Sekunden nach der Möglichkeit, das stehende Gegenfahrzeug zu erkennen, erstmalig zu bremsen begonnen. Ma* H* treffe ein Mitverschulden, weil sie ihr Fahrzeug unbegründet auf ihrer linken Fahrbahnhälfte zum Stillstand gebracht und somit die dem Erstbeklagten zustehende Fahrbahnhälfte verstellt habe, wiewohl ihr die beabsichtigte Einfahrt ohne Behinderung des Beklagten in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit leicht möglich gewesen wäre. Das Erstgericht gelangte zu einer Verschuldensaufteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu Lasten der Beklagten. Der Kraftfahrzeugschade des Klägers von S 30.000,-- sei daher um ein Viertel auf S 22.500,-- zu kürzen, das mit S 3.300,-- als angemessen beurteilte Schmerzengeld des Erstbeklagten und der mit S 13.000,-- ermittelte Kfz-Schaden der Zweitbeklagten seien um 3/4 zu kürzen. Hinsichtlich eines Viertels dieser Gegenforderungen, somit hinsichtlich des Betrages von insgesamt S 4.075,--, sei die Forderung des Klägers gemäß § 1438 ABGB durch Kompensation getilgt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, der des Klägers jedoch Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es – ausgehend vom Alleinverschulden des Erstbeklagten – die Klagsforderung mit S 30.000,-- als zu Recht bestehend, die Gegenforderungen als nicht zu Recht bestehend erkannte und dem Kläger daher diesen Betrag samt Anhang zusprach.
Das Berufungsgericht übernahm die erstrichterlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und richtiger Beweiswürdigung. Es billigte auch die Beurteilung des Fahrverhaltens des Erstbeklagten durch das Erstgericht, vertrat jedoch die Auffassung, daß der Ma* H* ke in Mitverschulden vorzuwerfen sei: Der Lenkerin des Fahrzeuges des Klägers könne ein Verstoß gegen § 13 Abs 1 StVO, demzufolge nach rechts im kurzen Bogen einzubiegen ist, nicht angelastet werden. Bei der erwähnten Vorschrift könnten örtliche Verhältnisse oder die Beschaffenheit des Kraftfahrzeuges, etwa dessen besondere Länge, nicht außer Betracht bleiben. Soweit etwa, wie im vorliegenden Fall, auf Grund eines schmalen Einfahrtstores ein Einbiegen im kurzen Bogen nicht möglich oder doch von der Verkehrspraxis her unzweckmäßig sei, könne auch ein Einbiegen im weiten Bogen gerechtfertigt sein und stelle daher keine schuldhafte Verletzung der Vorschrift des § 13 Abs 1 StVO dar. Abgesehen davon könne aber, da es nur zu einem Zufahren zum linken Fahrbahnrand, nicht aber auch zu einem Abbiegen nach rechts gekommen ist, das Verhalten der Lenkerin des Fahrzeuges des Klägers auch nur unter diesem Gesichtspunkte geprüft werden; ein Verstoß gegen § 7 Abs 4 StVO liege nicht vor, weil die PKW-Lenkerin das Fahrzeug bereits zu einem Zeitpunkt auf der linken Fahrbahnhälfte angehalten habe, als der Erstbeklagte noch 160 m davon entfernt gewesen und somit weder gefährdet noch behindert worden sei.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Z 1, 2 und 4 ZPO mit dem Antrag 1.) die Urteile der Vorinstanzen als nichtig aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen, in eventu 2.) das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückzuverweisen, in eventu 3. ) das Urteil des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß die Klagsforderung mit S 15.000,--, die Gegenforderungen der Erst- und Zweitbeklagten m it S 8.150,-- als zu Recht bestehend erkannt und dem Kläger daher nur S 6.850,-- zuerkannt, sein Mehrbegehren jedoch abgewiesen werde.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revisi o n keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise gerechtfertigt.
Unter dem Anfechtungsgrund des § 50 3Z 1 und 2 ZPO machen die Revisionswerber geltend, daß das Erstgericht im zweiten Rechtsgang ohne neuerliche Verhandlung Feststellungen zum Nachteil der Beklagten unter Verletzung des Verbotes der reformatio in peius getroffen habe. Da die gerügten Vorgänge keine Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz begründen können (vgl. Fasching IV, 212, 21 3 ), kann ein solche auch nicht die von der Revision hieraus abgeleitete Nichtigkeit des Berufungsurteils zur Folge haben. Ob aber in den gerügten Vorgängen ein sonstiger Verfahrensverstoß des Erstgerichtes liegen könnte, hat der Oberste Gerichtshof nicht zu beurt ei len, weil sein Vorliegen bereits vom Berufungsgericht verneint wurde (SZ 22/106, 27/4; EvBl 1968/ 3 44; 2 Ob 210/75 uva).
Insofern die Revision dem Berufungsurteil infolge seiner widersprüchlichen Stellungnahme zu der Annäherungsgeschwindigkeit des Erstbeklagten (80 km/h oder 50 km/h) den Vorwurf der Nichtigkeit nach § 477 Z9 ZPO zu machen versucht, ist zu erwidern, daß die von der Revision behauptete Unüberprüfbarkeit des Berufungsurteils nicht vorliegt. Das Berufungsgericht hat nämlich nicht nur die erstrichterlichen F eststellungen – und somit auch jene über die Annäherungsgeschwindigkeit des Erstbeklagt e n von 80 km/h – als Ergebnis zutreffender Beweiswürdigung übernommen (S 1 3 des Urteils), sondern auch die Feststellung über die Anprallgeschwindigkeit des Erstbeklagten, dessen vorangegangenes Bremsmanöver und die daraus abgeleiteten Bremsausgangsgeschwindigkeit durch den Sachverständigen (S 21 des Urteils), sowie die Annäherungszeit von ca 8 Sekunden, der die Bremsausgangsgeschwindigkeit von 80 km/h entsprach, übernommen. Wenn das Berufungsgericht an anderer Stelle ausführte, es könne dahingestellt bleiben, ob die Annäherungsgeschwindigkeit 80 oder 50 km/h betragen habe, weil die Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit nur unter der Voraussetzung eines Mitverschuldens der Lenkerin des klägeris ch en PKWs Bedeutung hätte, das nicht vorliege, dann handelt es sich hier um eine aus einer – wie noch darzulegen sein wird – unrichtigen rechtlichen Beurteilung hergeleiteten Hilfsbegründung, die der Überprüfung der angefochten Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof nicht entgegensteht.
Der dem Berufungsgericht als Mangelhaftigkeit angelastete Vorwurf, es habe nicht auf die Erfüllung sämtlicher in seinem Aufhebungsbeschluß dem Erstgericht erteilten Aufträge beharrt, ist unbeachtlich, weil die im fortgesetzten Verfahren vom Erstgericht getroffenen und vom B eruf ungsgericht übernommenen Feststellungen zur abschließenden Beurteilung ausreichen.
Die Ausführungen der Revision über die behaupteten Feststellungsmängel sind zum Teil aktenwidrig. Es steht nämlich fest, daß sich der PKW des Klägers auf der linken Fahrbahnhälfte befand, als die Lenkerin das Fahrzeug des Erstbeklagten auf 160 m erstmals sah. Es steht ferner fest, daß der PKW des Klägers 7,9 Sekunden vor dem Zusammenstoß zum Stillstand gebracht wurde. Die Feststellungen über die Anhalteposition des PKWs des Klägers reichen unter Bedachtnahme auf die Fahrzeugtype aus, um unter Berücksichtigung des einzuhaltenden Sicherheitsabstandes im Sinne der Revision davon auszugehen, daß der PKW des Klägers praktisch die gesamte, für den Erstbeklagten bestimmte Fahrbahnhälfte blockierte. Damit aber ist die Verschuldensaufteilung unter Berücksichtigung der weiteren oben wiedergegebenen Feststellungen einer abschließenden Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich.
Die Rechtsrüge ist insoweit berechtigt, als die PKW-Lenkerin nicht von jeglichem Mitverschulden an dem Unfall loszuzählen ist:
Der Versuch des Berufungsgerichtes, die F ahrweise der Klägerin nach § 7 Abs 4 StVO zu beurteilen, ist verfehlt. Das Zufahren zum li nken F ahrbahnrand bzw. das Abfahren vom linken F ahrbahnrand setzt ein Halten oder Parken des F ahrzeugs am linken F ahrbahnrand voraus (ÖJZ 1971, 22/1 3 5). Das Gesetz unterscheidet, wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, zwischen Zufahren zum und Abfahren vom linken Fahrbahnrand einerseits (§ 7 Abs 4 StVO 1960) und Einfahren in Häuser oder Grundstücke und Ausfahren aus solchen anderseits (§ 13 Abs 3StVO 1960). Wer in ein Haus oder Grundstück einfährt oder aus einem solchen Haus oder Grundstück ausfährt, fährt begrifflich nicht zum linken F ahrbahnrand zu und auch nicht vom linken F ahrbahnrand ab. Der Zweck des Zufahrens vom linken F ahrbahnrand kann einzig und allein im Halten oder Parken an diesem F ahrbahnrand liegen (vgl Glassl Die Straßenverkehrsordnung 1960 JBl 1962 S 2 3 4 f ; zustimmend auch Gaisbauer Zweifelsfragen aus § 7 Abs 2 und 4 StVO 1960 ZVR 1962 S 20 3 ). Hingegen ist nicht zu übersehen, daß der F ahrvorgang beim Einfahren in ein Grundstück und beim Ausfahren aus einem solchen in der Regel jenem beim Einbiegen auf einer Kreuzung weitestgehend gleicht. Das Gesetz hat daher auch beide Vorgänge im § 13 StVO 1960 gemeinsam behandelt (ZVR 1967/57, 2 Ob 3 09/69, 2 Ob 15/76 ua). Die vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung ZVR 1967/57 für die Einfahrt in ein am linken Straßenrand gelegenen Grundstück entwickelten Rechtssätze haben in gleicher Weise für die Einfahrt in ein rechts der Straße gelegenes Grundstück zu gelten. Nach § 13 Abs 1 StVO ist nach rechts in kurzem Boge n einzubiegen. Dieser Bestimmung hat die Klägerin, wenn sie weit über die für den Gegenverkehr bestimmte Fahrbahnhälfte nach links ausholte, zuwidergehandelt. Die Erwägungen des Berufungsgerichtes, daß im Einzelfall beim Einbiegen eines besonders langen Fahrzeuges in eine besonders schmale Einfahrt ein Linksausholen erforderlich sein könnte, ist nur hypothetisch richtig. Sie treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Wenn die Klägerin mit einem PKW vom Ausmaße eines Peugeot 204 nach rechts über einen 9 m breiten und 3 m tiefen Einmündungstrichter einzubiegen beabsichtigte, so berechtigte sie dies bei der festgestellten Fahrbahnbreite keineswegs, hiezu so weit nach links auszuholen, daß sie praktisch die gesamte, für den Gegenverkehr bestimmte Fahrbahnhälfte blockierte. Im Hinblick auf das nur einflügelig geöffnete Tor angestellte Bequemlichkeitserwägungen vermögen den Verstoß der Klägerin gegen § 13 Abs 1 StVO nicht zu rechtfertigen. Daß die PKW-Lenkerin angesichts des von ihr auf 160 m wahrgenommenen PKWs des Erstbeklagten trotz dessen Geschwindigkeitsüberschreitung ihre Einbiegeabsicht ohne Behinderung des Erstbeklagten hätte fortsetzen können, hat das Erstgericht gleichfalls richtig erkannt. Der PKW-Lenkerin ist somit, wie das Erstgericht zutreffend dargelegt hat, ein Mitverschul d en an dem Unfall anzulasten, das der Kläger als Halter gegen sich gelten lassen muß.
Da der Erstbeklagte bei ungünstigen Sichtverhältnissen ungeachtet der im Ortsgebiet geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung mit 80 km/h in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand fuhr und mehrere Sekunden zur möglichen Unfallsverhütung reaktionslos verstreichen ließ, überwiegt sein Verschulden an dem Unfall in einem Ausmaß, dem das Erstgericht durch die von ihm vorgenommene Schadensteilung zutreffend Rechnung getragen hat.
Es war daher in teilweiser Stattgebung der Revision das Ersturteil in der Hauptsache wiederherzustellen.
Bei der Spruchfassung war zu berücksichtigen, daß – worauf der Kläger in seiner Berufung mit Recht hinwies – die Entscheidung über die vom Erstbeklagten und der Zweitbeklagten eingewendeten Gegenforderungen nicht nur in den Gründen selbständig auszudrücken, sondern im Spruch selbst getrennt zu erfolgen hatte. Hieraus ändert sich aber am Gesamtergebnis der Kompensation nichts. Nach ständiger Rechtsprechung ist die W irkung der Aufrechnungserklärung des Erstbeklagten und der Zweitbeklagten auf den Zeitpunkt zurückzubeziehen, in dem sich die Forderungen zuerst aufrechenbar gegenüberstanden (SZ 5/106, EvBl 1955/215, SZ 28/181, ZVR 73/129, 8 Ob 182/76 ua). Da Schadenersatzansprüche in der Regel mit dem Schadenseintritt entstehen, war der hier maßgebliche Zeitpunkt der Unfallstag. Die eingetretene Kompensation der beiden Gegenforderungen mit der Klagsforderung wirkt daher entgegen dem Standpunkt des Klägers zugunsten sämtlicher solidarisch haftender Beklagten (vgl. ZVR 1973/129, 2 Ob 54/72, 8 Ob 82/73, 8 Ob 182/76 ua), ebenso wie dies für die Teilzahlungen solidarisch Mithaftender gelten würde.
Bei der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz war, worauf die Beklagten in ihrer in der Berufung enthaltenen Kostenanfechtung mit Recht hingewiesen haben, zu berücksichtigen, daß der Kläger im Verhältnis zu dem ihm nach § 4 3Abs 2 ZPO anlastbaren Streitwert nicht mit 2/3, sondern nur mit rund 3 /5 durchgedrungen ist, sodaß ihm nur 1/5 seiner Kosten zuerkannt werden können (§ 4 3Abs 1 ZPO). Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz waren gegeneinander aufzuheben, weil der Teilerfolg des Klägers im Berufungsverfahren durch den Kostenanspruch der Beklagten für einen angenommenen Kostenrekurs aufgewogen wird. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens hatte auf den überwiegenden Abwehrerfolg des Klägers Bedacht zu nehmen (§ 4 3Abs 1 und § 50 ZPO)