JudikaturJustizRS0129886

RS0129886 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
19. November 2014

Nach § 85 Abs 4 UrhG und § 25 Abs 7 UWG ist die Veröffentlichung auf Grund eines rechtskräftigen Urteils oder eines anderen vollstreckbaren Exekutionstitels vom Medienunternehmer ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen; diese Bestimmungen beziehen sich auf Exekutionstitel, welche ihre Grundlage in den genannten Gesetzen haben. Derartige Regelungen kennt § 1330 ABGB hinsichtlich des Anspruchs des Geschädigten auf Widerruf von Äußerungen nicht, auch wenn er dem Geschädigten ebenfalls einen Anspruch auf Veröffentlichung des Widerrufs zugesteht. Eine unmittelbare Anwendung der genannten Bestimmungen kommt somit nicht in Betracht.

§ 4 Abs 5 ORF‑G, der eine nähere Ausgestaltung des Objektivitätsgebotes des ORF regelt, enthält inhaltliche Vorgaben für die Gestaltung der Programmsendungen durch den ORF insoweit, als dem ORF eine objektive, sachlich ausgewogene Berichterstattung auferlegt wird. Nach der Rechtsprechung des Bundeskommunikationssenates kommt es zur Wahrung des Objektivitätsgebotes darauf an, dass beim Durchschnittsbetrachter kein einseitiger verzerrter Eindruck im Rahmen der Berichterstattung erweckt wird. Das Objektivitätsgebot verpflichtet den ORF dazu, die Pro‑ und Kontrastandpunkte voll zur Geltung kommen zu lassen. Der ORF ist daher zur Veröffentlichung eines Widerrufs, zu dem eine im Mittagsjournal in Radio Niederösterreich interviewte Person verurteilt wurde, verpflichtet. Es würde dem dem ORF gesetzlich auferlegten Objektivitätsgebot widersprechen, könnten weder der Verletzer noch der Verletzte durchsetzen, dass der die Ehre oder den guten Ruf des Verletzten wiederherstellende Widerruf des Verletzers vom ORF auch tatsächlich in äquivalenter Weise gesendet wird.