JudikaturJustizRS0124881

RS0124881 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
28. Mai 2009

Vorläufiges Absehen vom Strafvollzug nach § 4 StVG setzt die Auslieferung des Verurteilten an eine ausländische Behörde voraus und ist auch noch nach Beginn des Vollzugs möglich. Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 4 StVG wegen Auslieferung an ein Mitglied der Europäischen Union ist eine Übergabe des Auszuliefernden im Sinn des § 1 Abs 1 lit a EU-JZG. Abs 2 leg cit sieht auch während des Aufschubs der Übergabe ein Absehen von der Verfolgung oder der Vollstreckung wegen Übergabe vor. Es trifft nicht zu, dass nur vor der Übergabe vom Vollzug abgesehen werden kann. Denn nach Intention des Gesetzgebers soll eine Maßnahme nach § 26 EU-JZG im Wesentlichen gleiche Rechtswirkungen wie ein inländischer Strafvollzug entfalten. Während einer noch vollzogenen bedingten Übergabe nach § 26 EU-JZG kommt eine einseitige - der Vereinbarung im Sinn des Abs 3 widersprechende - rückwirkende Aufhebung des inländischen Strafvollzugs nicht in Betracht. Ein Beschluss nach § 4 StVG beseitigt erst mit Rechtskraft den Aufschubsgrund des § 26 Abs 1 Z 6 EU-JZG. Der rechtskräftige Beschluss ist als „Anordnung" im Sinn des § 26 Abs 3 Z 4 EU-JZG unverzüglich dem Ausstellungsstaat zu übermitteln, womit die Befugnis zur Entscheidung über die Aufhebung oder Fortsetzung der Haft auf diesen übertragen wird.