JudikaturJustizRS0114858

RS0114858 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
23. April 2007

Mit der Einführung verfahrensrechtlicher Zeugenschutzbestimmungen durch das StPÄG 1993 (§ 166a StPO: Vernehmung eines Zeugen unter Wahrung seiner Anonymität und § 229 Abs 2 StPO: Ausschluss der Öffentlichkeit zur Verhinderung der Enttarnung) hat der Gesetzgeber eine Einengung der damit kollidierenden Verteidigungsrechte des Angeklagten im Interesse des Schutzes vitaler Individualrechte des Zeugen bewusst in Kauf genommen (JAB 924 BlgNr XVIII.GP, 35ff). Die dadurch allenfalls erschwerte Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen wird durch die - einem solchen Zeugen je nach Lage des Falles entweder jegliche Beweiskraft aberkennende oder aber auch diesen Beweis voll akzeptierende - freie Beweiswürdigung ausreichend kompensiert. Eine Verletzung des in Art 6 EMRK verankerten Fairnessgebotes wird dadurch nicht bewirkt, denn das Recht auf Prüfung der Glaubwürdigkeit eines Belastungszeugen findet jedenfalls dort seine Schranken, wo dadurch die Anonymisierung eines solchen Zeugen unterlaufen würde.

Die nach der Neufassung des § 250 Abs 3 StPO durch das StRÄG 1998 vorgesehene (nicht nichtigkeitsbewehrte) Anwendung der Bestimmungen des § 162a Abs 1 letzter Satz und Abs 2 bis 4 StPO schließt die dem freien Ermessen des Gerichtes vorbehaltene Möglichkeit, den Angeklagten während der Vernehmung eines Zeugen aus dem Sitzungssaal zu entfernen (§ 250 Abs 1 StPO), nicht aus.

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